[Du bist allein gekommen]

[284] Du bist allein gekommen,

O Wunder,

Wo hast du denn gelassen

Den Bruder?

Ihr kamet sonst vereinigt

Herunter,

Gesellschaft mir zu leisten

Im Schlummer. –

Ich sag' es dir, mein Vater,

Mein Guter,

Warum nur kommt dein einer

Besucher,

Und wo der andre weilet

Jetzunder.[284]

Als wir die goldnen Flügel

Der Schulter

Anlegten, um zu schweben

Herunter,

Sprach zu mir im Entschweben

Der Bruder:

Ja Schwester, geh zum Vater,

Dort ruht er;

Ich geh zu der, die dort ruht,

Der Mutter,

Die auch will sein getröstet

Im Kummer.

Die guten Eltern trennet

Der Kummer,

Sie schlafen nicht zusammen

Den Schlummer.

Sonst wären ihre beiden

Besucher

Vereinigt, mit der Schwester

Der Bruder.

Quelle:
Friedrich Rückert: Kindertodtenlieder aus seinem Nachlasse, Frankfurt a.M. 1872, S. 284-285.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Kindertodtenlieder
Kindertodtenlieder
Kindertodtenlieder
Kindertodtenlieder und andere Texte des Jahres 1834