Der wilde Mann von Feldafing

[265] Er schien zum Kriegsmann geboren.

Er trug nach allen Seiten hin Bart.

Selbst seine Beine waren behaart

Und steckten in Stiefeln mit Sporen.

Und trutzig über der Schulter hing

Ihm ein gewichtig Gewehr.

Mit gerunzelter Stirne ging

Er auf dem Bahnhof von Feldafing

Hin und her.

Und stehend, stolz und schulterbreit

Fuhr er dann zwei Stationen weit.

Die Kinder bestaunten ihn sehr.

Doch ehe noch ein Tag verging,

Schritt er schon wieder durch Feldafing

Mit einem Rucksack schwer.

Doch weil es so stark regnete,

Daß niemand ihm begegnete,

Ärgerte er sich sehr.

Als er durch seinen Garten schritt,

Sang dort ein Vögelchen Kiwitt,

Da griff er zum Gewehr:

Puff!!!


Ein kurzes Röchelchen –

Ein kleines Löchelchen –

Dann eine Katze – und etwas später:

Ein kleines Knöchelchen

Und eine Feder. –


Der wilde Mann von Feldafing.

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 265-266.
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