Mein Wannenbad

[407] Es muß wieder mal sein.

Also: Ich steige hinein

In zirka zwei Kubikmeter See.

Bis übern Bauch tut es weh.

Das Hähnchen plätschert in schamlosem Ton,

Ich atme und schnupfe den Fichtenozon,

Beobachte, wie die Strömung läuft,

Wie dann clam, langsam mein Schwamm sich besäuft.

Und ich ersäufe, um allen Dürsten

Gerecht zu werden, verschiedene Bürsten.

Ich seife, schrubbe, ich spüle froh.

Ich suche auf Ausguck

Vergebens nach einem ertrinkenden Floh,

Doch fort ist der Hausjuck.

Ich lehne mich weit und tief zurück,

Genieße schaukelndes Möwenglück.

Da taucht aus der blinkenden Fläche, wie

Eine Robinsoninsel, plötzlich ein Knie;

Dann – massig – mein Bauch – eines Walfisches Speck.

Und nun auf Wellen (nach meinem Belieben

Herangezogen, davongetrieben),

Als Wogenschaum spielt mein eigenster Dreck.

Und da auf dem Gipfel neptunischer Lust,

Klebt sich der Waschlappen mir an die Brust.

Brust, Wanne und Wände möchten zerspringen,

Denn ich beginne nun, dröhnend zu singen

Die allerschwersten Opernkaliber.

Das Thermometer steigt über Fieber,[407]

Das Feuer braust, und der Ofen glüht,

Aber ich bin schon so abgebrüht,

Daß mich gelegentlich Explosionen –

– Wenn's an mir vorbeigeht – –

Erfreun, weil manchmal dabei was entzweigeht,

Was Leute betrifft, die unter mir wohnen.

Ich lasse an verschiedenen Stellen

Nach meinem Wunsch flinke Bläschen entquellen,

Erhebe mich mannhaft ins Duschengebraus.

Ich bück mich. Der Stöpsel rülpst sich hinaus,

Und während die Fluten sich gurgelnd verschlürfen,

Spannt mich das Bewußtsein wie himmlischer Zauber,

Mich überall heute zeigen zu dürfen,

Denn ich bin sauber. –

Quelle:
Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Band 1: Gedichte, Zürich 1994, S. 407-408.
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