Scena VII.

[258] Philippus mit seinen Trabanten / Perseus, Antigones, Didas, zugleich. Etwas hernach Demetrius mit einem langen schwartzen Traurmantel.


PHILIPPUS. Mit grosser / ja fast vnglaublicher verwunderung / Perseu mein Sohn / haben wir von dir vnd vnserem Hoffemeister Dida vernommen / mit was gefehrlichen vnd hochschädlichen practiquen vnd Anschlägen mein Sohn Demetrius ümmegehe / hette mir zwar solches nimmermehr können ein bilden noch glauben (angesehen die mannigfaltige gutaten so ich jm jederzeit gantz väterlich erzeiget) wenn nicht jhr beyderseits solches gahr zu offenbahr erwiesen vnd dargethan hettet / demnach bin ich gentzlich gesinnet / nach dehme ich mein Väterliches Hertz nunmehr gahr von jhm gewendet / mich alß einen ernstlichen vnd gestrengen Richter ja grimmigen Recher solcher vnerhörten Bößheitt zu erzeigen.

PERSEUS. Großmechtigster König allergnedigster Herr Vater / die schüldige pflicht vnd liebe (die mich natürlicher weise zwinget / den jenigen / von dem ich das Leben habe / vor allem schaden vnd Vnfalle eusserstes Vermögens zu warnen) hat nicht vnterlassen können die grewliche Bösheit vnd vnerhörte grausamkeit meines Brudern / ach was sage ich Bruderen eines schentlichen Mörders meine ich E[wer] Königl[ichen] M[ajestät] zu offenbahren / denn nicht allein habe ich auff fleissiges nachforschen eigentlichen Bericht eingenommen / das er daß Königreich Macedonien einzunemen[259] bedacht / (wie er denn zu dem ende den Römern allbereits Trew vnd Glauben geschworen / ja ewige Dienstbarkeit zugesaget /) besondern er hat auch hin vnd wieder einen grossen hauffen leichtfertiger Meuchelmörder bestellet / durch welcher hülffe er jhme vorgenommen / E[wer] Köni[gliche] M[ ajes]t[ä]t / sampt allen derselben Pflichtverwandten / favoriten vnd getrewsten Freunden / verrähterischer vnd Barbarischer weise hinrichten zulassen.

PHILIPPUS sehr zornig. Was sagstu Perseu ists woll müglich das dieses Teufelskindt / dieser durchtriebener abgescheümter Mörder vnd Verrähter / sich eines solchen vnterstehen dörffte?

PERSEUS. Ja Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / so wahr die Götter leben / die diesen Geist vnd Seel mir geben / so habe ich E[wer] Maj[e]st[ät] von diesem handel nichtes anders alse die bittere warheit berichtet / ruffen auch dessen zum vnverwerflichen Zeugen E[wer] Koni[glichen] Mayst[ät] wollbestalten Obristen vnd Hofemeister Didam.

PHILIPPUS. Wol mein Sohn / Dida was sagst den du hie zu?

DIDAS. Großmechtigster König / allergnedigster Herr / ich weiß bey dem höchsten Jove nichts anders alse eben das / was jhre Fürstl[iche] Durchleuchtigkeit Perseus von diesem weitaußgesehenden wercke anjtzo referiret hat / zu bekrefftigen.[260]

PHILIPPUS. Nun wolan / sintemahl ich den nunmehr keinen zweifel trage / das mein gewesener Sohn Demetrius ein Ehrloser Verrähter seines Vaterlandes / dabenebenst ein greulicher Mörder / ach was sage ich / ein Treuloser Meuchel: ja Vatermörder geworden / so schwere ich nun bey meiner Königlichen Kron / das ich hindangesetzet alle Väterliche affection vnd liebe / mich auff das greuwlichste an jhme will refensiren vnd rechen / wollen demnach dir hiemit mein Hofemeister ernstlich anbefohlen vnd aufferleget haben / daß du / so bald der Verrähter vnd Mörder vor vnsere Majest[ät] wird erscheinen / jhn durch die Trabanten lassest gefenglich annemen / damit er alsobaldt meinen gestrengen vnd ernstlichem befehlich nach enthauptet / vnd durch jhre Handt vom leben zum tode hingerichtet werde / daran verrichtest du was vnser wille ist vnd es geschieht der H[eiligen] Justitiæ ein vollenkommenes genügen.

DIDAS. Großmechtigster König / allergnedigster Herr / demnach E[wer] Kön[igliche] M[ajestät] mir hirmit ernstlich demandiren vnd anbefehlen die gerechte excution welche sie an einem so grausamen Verräter vnd Vatermörder völlenzogen zu werden begehren / alse erkenne ich mich so wol schüldig als willig solchem Königl[ichen] mandato bestes Vermügens nachzuleben.

ANTIGONUS. Großmechtigster König Herr vnd Vetter / auß vnderschiedlichen vorgebrachten reden / (durch welche / der gute Leumuth vnd Nahme / ja so gahr daß junge Leben selber des edelsten Printzen Demetrij auff das hefftigste periclitiret.) verstehe ich so viel / daß E[wer] L[iebe] auff wolgemelten jhren Sohn Demetrium dergestalt erzörnet / daß sie auch gentzlich bey sich entschlossen / denselben erbarmlicher[261] weise von leben zum Todt hinrichten zu lassen. Was nun aber das sey / vnd wie woll vnd recht es könne verantwortet werden / das ein Vater der ein gewaltiger König / seinen liebsten Sohn / einen vortrefflichen / wolqualificirten vnd hochbegabten Jünglingk / den man noch keiner missethat Verrähterey oder andern hinterlistigen practiquen vnd anschläge vberwisen / der auch gantz vnd gar zu keiner gebührlicher verhör / vielweniger verantwortunnge gelassen / was daz sey / sage ich nochmalen / einen solchen Königlichen Printzen / gleich einen bösen nichtswürdigen Menschen / ja grausamen Vbelthäter durchs Schwert hinrichten zu lassen / wissen E[wer] L[iebe] jrer hohen Köni[glichen] discretion nach selbsten am besten zu erkennen / vnd davon zu vrtheilen / Demnach E[wer] Liebe hiemit wolmeinendtlich ermahnet vnd gebeten haben / hochgedachten Printzen / nicht zwar allerdinges vnschüldig zu halten / (weil man doch selbiges E[wer] Liebe schwerlich wird bereden können) jedoch jhn zur Verhör kommen / vnnd sich verantworten lassen / ich zweifele nicht / er werde alßdan seine gerechte sache dermassen manuteniren vnd handthaben / das E[wer] Liebe vnd das gantze Macedonische Reich damit friedlich sein vnd bleiben werden.

PHILIPPUS. Antigone mich wundert sehr / was jhr doch mit dieser weitleufftigen Plauderey wollet / meinet jhr ich wisse vnd verstehe nicht was euwer intent sey / sehet jhr vns so alber vnd vnverstendig an / als merckten wir nicht / wie jhr euch aller dinges diesen losen Verrähter auszuhelffen bedacht seyt? wollet jhr noch leugenen / daß Demetrius der allergreulichste Bösewicht vnd Vatermörder sey? Nimmermer werdet weder jhr noch jemandt anders / mich meinen[262] rechtmessigen befehlig vnd meinung zu enderen bewegen. Darümme so möget jhr woll mit solchen vnd derogleichen vnnützen wohrten inhalten. Du aber Dida verrichte auffs fleissigste was dir ein mahl anbefolen worden.

ANTIGONUS. Großmechtigster König hochgeerter Herr Vetter / demnach ich außtrücklich spüre das meine worte nicht allein gantz vnd gahr nicht mögen gehöret werden / besondern auch über das alles in E[wer] L[iebe] höchste disgratiam vnd vngnade dadurch komme / alse wil ich (damit meine gegenwahrt E[wer] L[iebe] vnd anderen nicht verdrießlich sey) hiemit meinen Abschiedt genommen haben / protestire doch vor den Götteren vnnd der gantzen Ehrbahren Welt / daß ich an dem Todte vnd hinrichtung deß vortrefflichsten Printzen Demetrij zu allen vnd jeden Zeiten will vnschuldig erfunden werden. Stehet halb zornig auff vnd gehet davon.

PERSEUS. Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / E[wer] Königl[iche] M[ajestät] wolle sich nur die vngesaltzene Wort / dieses hochtrabenden Antigoni, der sich auch zweifels ohn E[wer] M[ajestät] vnd dem gantzen Macedonischen Reich zum eussersten Verderb / mit Demetrio vnd den hochmühtigen Römern auf daz hartiste verbunden / nicht bewegen lassen / Demetrius gehet auf mit einem langen schwartzen Traurmantel. angesehen / dieselbe jrem hohen Verstande nach / selbsten viel besser mag erkennen / was jhr in solchen vnd derogleichen Fällen zu thun / oder zu lassen gebühren wolle. Aber sich da Redet gahr spöttlich. wie hat sich der so kurtzweilich herauß geputzet / ich halte eigentlich davor / er betraure seinen Schwiegervater / den gewesenen Statthalter den Verrähter Poridem.[263]

DEMETRIUS. Großmechtigster König allergnedigster Herr Vater / nach deme ich auff E[wer] M[ajestät] allergnedigstes Erfoderen vnd begehren mich wiederumb anhero verfüget / alß bitte ich auff vorhergehenden Wunsch / aller Königl[ichen] prosperitet vnd Glückseligkeit mir allergnedigste Audientz zuertheilen.

PHILIPPUS sehr zornig. Was sagstu leichtfertigster vnter allen Menschen / du vnverschämbter Vatermörder / du schändtloser Verrähter deines Vaterlandes? Darffstu den noch einen Vater nennen / den du so höchlich beleidiget / den du grausahmer weise ümbzubringen dich sonderlich bemühet? Wie bistu doch so kühn / das du deine Mörderische Augen auffheben / vnd vnsere M[ajestät] anschauen darffst / geschwinde trolle dich von meinen Füssen / vnd du Dida verrichte was dir anbefohlen ist.

DEMETRIUS. Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / wie habe ichs doch jmmermehr ümme E[wer] M[ajestät] verschuldet daß dieselbe mich (der ich so wol jhre / alse des gantzen Macedonischen Reiches glückliches Auffnehmen / nicht allein jederzeit hertzlich gewünschet besondern auch befodert) mit so schändtlichen Nahmen vnd abschewlichen Titulen eines Verrähters vnd Mörders beschwert vnd anferet?

PERSEUS. O vngetreweste Bestia / o nichtswürdiger Mensch / wie bistu noch so verwegen / daß du J[hrer] Königl[ichen] M[ajestät] meinem allergnedigsten Herren Vater darffst wieder bellen?

PHILIPPUS. Was plauderstu Vatermörder / geschwinde Dida, verrichte was dir anbefohlen ist.

DIDAS zu den Trabanten. Geschwinde jhr Trabanten / greiffet mir an diesen grausamen Wüterich / vnd bindet jhn aufs[264] allerfesteste Die Trabanten fallen jhn grimmig an / vnd binden ihn.

DEMETRIUS fellet auff die Knie. Ach Großmechtigster König / aller gnedigster Herr Vater / ich bitte in vnterthänigkeit vnd Kindtlicher Demuht / E[ wer] hohe M[ajestät] wolle doch nicht zugeben / daz ich elender Mensch nach so vielem außgestandenen Trübsahl vnd Vnglück so erbärmlich wie ein verkauffter Schlaver oder übelthäter von diesem Gesindtlein werde hin vnd wieder geschleppet.

PHILIPPUS stösset jhn mit Füssen. O schändtlichster Mensch / O vermaledeiter Bösewicht / o grimmigstes Tygerthier / wie lange wilt du mich noch mit solchen deinen Lästerungen überteuben / geschwinde jhr Trabanten / packet euch mit jme von hinnen denn mir vnmöglich solches Geschrey lenger anzuhören. Die Trabanten führen jn hinweg vnter dessen schreiet.

DEMETRIUS. Ach großmechtigster König / aller gnedigster Herr Vater / ist denn gantz vnd gahr kein erbarmen mit mir vnglückseligsten vf Erden / ist denn so gahr kein mitleiden mit einem Königlichen Printzen auß Macedonien?

PHILIPPUS. Packe dich du Verrähter / du Bösewicht / du Vatermörder / geschwindt packe dich von hinnen / Sie führen jhn hinein. Nun Perseu mein Sohn / nun werden wir dieses Reich in Friede vnd glückseligkeit können regieren / nun haben wir gar keine hindernüsse vnseren Feinden den Römeren vns zuwieder setzen / aber sage an was nun ferner zu thun ist?

PERSEUS. Großmechtigster König / allergnedigster Herr Vater / gefelt es E[wer] M[ajestät] so wollen wir vns stündtlich hinein verfügen / die Execution vnd hinrichtung des aller[265] grausahmsten Menschen auff Erden / auff das schleunigst zu beförderen.

PHILIPPUS. Wol / wol / mein Sohn / wir wolen stündtlich ein ernstliches Mandat ergehen lassen / damit das gesprochene Vrtheil in schneller eile möge exequiret werden. Sie gehen alle mit einander vom Platz / vnd fengt sich in der Scena eine gahr klägliche vnd traurige Musica an / bald darauff kompt Demetrius auffgetreten in seinen Traurkleidern / jedoch gantz fest gebunden / zwey Trabanten stehen neben jhme mit blossen Schwerteren / endtlich fehet er an also zu reden.

DEMETRIUS. Nun Demetri Printz von Macedonien / mache dich fertig vnd bereit / den lesten Streich des Todes zu empfahen. Ach Todt / lieber Todt / honigsüsser Todt / wie angenehm bistu mir / nach dem du aller meiner Traurigkeit ein Ende / meiner Freude aber ein Anfang seyn wirst. O seliges Seelichen meiner allerliebsten Eudociæ, erfrewe dich nun mit mir / schwinge dich eilends herunter / mein fliegendes Seelichen / welches baldt / baldt diesen sterblichen Cörper verlassen wird / auff daz freundtlichste zuempfangen. Du aber mein Hertz / warumb quelet dich so übermessige Traurigkeit / Kummer vnd Hertzeleidt? Vielleicht daz du so vnschuldig must sterben? Ach nein laß dich daz nicht betrüben; Jch bins versichert / daz Himmel vnd Erden / alle Sterne vnd Planeten des grossen Firmaments / alle Berge vnd Thaler / alle Hügel vnd Felder / alle Thier vnd Vögel / alle Felsen vnd Steine / alles Laub vnd Graß / alle Kreuter vnd Blumen / vnd in Summa alle Creaturen mit meiner Vnschuldt ein sonderliches Mitleiden vnd Erbarmen tragen. Ach Poris, edler Poris, wie hastu doch so vnschuldig meinethalben den bitteren Todt müssen erleiden vnd außstehen! Ach heroischer Alexander, wie hastu doch in deiner besten Blüht vnnd frölichsten Jahren diese Welt müssen gesegnen. Ach allerschönste Eudocia, wie daß ewre liebreiche Anmuhtigkeit / die aller grausahmste Tyrannen[266] dahin nicht bewegen können / daß sie euch ewers edeles Leben gefristet betten? Ach Antigone mein hertzen Vetter / wodurch habe ichs doch immermehr verschuldet / daß jhr nicht wollet ein Zeuge seyn / meines erbärmlichen vnd kläglichen Abscheides? Ach traure mit mir du helleuchtende Sonne / vnd verbirge deine glentzende Strahlen: Stehet stille jhr Wasserflüsse / vnd schawet an mein erbärmliches Ende: Fallet herunter jhr Berge mit grossem Getöse / vnd gebet ein Zeichen der Trawrigkeit von euch: Jhr Winde fahet an zu sausen vnd zu heulen / vnnd singet mir gleichsahm ein Klageliedt in den wilden Holen der scharffen vnd spitzigen Felsen. Dich aber O Göttin Fortuna, verfluche ich ewiglich / daß du mich / nach deme ich zu so grosser Glückseligkeit erhoben / einen so schweren Fall thun muß. Ach warumb hastu mich einen Königlichen Printzen des Reiches Macedonien lassen gebohren werden? Warumb hastu mich doch mit Weißheit / Reichtumb / Stärcke / vnd vielen andere hohen Gaben angesehen? Nur darumb / auff daz du mich so erbärmlich widerumb erniedrigen vnd jämmerlich hinrichten möchtest. Ach spiegelt euch an mir alle / die jhr vermeinet die höchste Staffelen der Glückseligkeit erreichet zu haben / bedencket / daß selbige sehr leicht zerbrechen / vnd jhr alßdann einen überauß schweren Fall thun müsset. Aber was hilffts mich? Klagen wils nicht außmachcn. Der grimmige Zorn meines Vaters / vielmehr aber das vnversöhnliche Gemühte meines Tyrannischen Bruders zwinget mich des bleichen Todtes Bitterkeit zu versuchen. Nun wolan / jetzt willich die allergrösseste Hertzhafftigkeit / auch mitten im Todt erweisen / jhr Trabanten macht es nur kurtz / vnnd helffet mir davon. Nun gesegnet seistu Welt / gesegnet seistu Reichthumb / Macht / Pracht / fröliches Leben vnd alle zeitliche Herrligkeit / Ade ich fahr dahin. Hierauff wird er durch die Trabanten hinein geführt / vnd fehet man alsobald an trawrich zu Musiciren / jhm wird in der Scena der Kopff abgeschlagen / vnd in einer blutigen[267] Schüssel durch auffziehunge der Tapezereien den Spectatoribus præsentiret. Bey dem Tische vnd Kopffe stehen die Trabanten mit bluhtigen Gewehr vnd Händen / deren einer fähet an also zu reden.

TRABANTE. Sehet / dieses ist das Ende des allervortrefflichsten Printzen Demetrij, welchen seine herrliche vnd recht Königliche Tugenden / derogestalt erhöhet / daß auch sein Lob weit über die Wolcken gestiegen / vnd sein grosser Nahme allen Nationen der gantzen weiten Welt dadurch ist bekandt worden; Der Neid aber / vnd das Martialische Gemüht seines grimmigen Bruders Persei, hat jhn so tieff wiederumb erniedriget / daß er auch dem allerärgesten Missethäter gleich / gantz grausahmlich hat müssen hingerichtet / vnd vom Leben zum Todt gebracht werden.

Schawet an / alle Menschen ins gemein / groß vnd klein / jung vnd alt / reich vnd arm / schawet an sage ich dieses Fürstliche Haupt gantz blutig / vnnd von dem edlen Cörper abgesondert / in einer kleinen Schüssel stehen? Schawet an dieses vortreffliche Haupt / den Sitz der Weißheit / das Schloß der höhesten discretion vnd Verstandes / ja das Perlin Thresor aller rechtschaffenen Königl[ichen] qualiteten, Schawet an dieses hochberühmbte / ja in aller Welt sehr gepreisetes Haupt / des aller getrewesten Liebhabers vf Erden / des allertapffersten Ritters in Europa, des allerverstendigsten Printzens der gantzen weiten Welt / daz noch vor gar weinig stunden von so vielen adelichen Gemühteren hoch respectiret, ja gleichsahm angebetet ward / nun liegt es gantz ohnmechtig in dieser blutigen Schüssel. Ach Himmel vnd Erden / sampt allen erschaffenen dingen / traget doch mit leiden mit der Vnschuldt dises durchl[euchtigen] Printzen! Ach beweinet jhn alle Menschen / vnd lasset euch sein vnglückseliges Ende zu Hertzen gehen! Nemet hier ein Exempel / alle die jhr auff ewer hohes Geschlecht vnd Ankunft / grosse Macht / Pracht / Reichthumb / Ehre vnd Herligkeit / sonderlich aber vf daz wanckelbahre Glücke[268] trotzet / trawet vnd bawet / sehet / so baldt / leicht vnd geschwinde / kan es alles / vnd zwahr mit vnerhörter Quahl / Angst / Kummer vnnd Hertzeleidt / gleich wie ein Schatte / eine Bluhme / ja Rauch vnd Dampff verschwinden.


Sie gehen ab vnd schieben den Tisch mit der Schüssel wieder in die Scenam.


Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 258-269.
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