Das zwei und zwantzigste erbauliches Lied

[307] Kan auch gesungen werden nach der Weise unseres bekanten Kirchengesanges: Christus, der uns selig macht, u.s.w.


1.

Lobet Gott im Heiligthum,

Preiset seine Tahten,

Lasset ja des Schöpffers Ruhm

Treflich wol gerahten.

Lobet ihn mit Saitenspiel'

Und mit hellen Pfeiffen.

Ey man kan itz nicht zu viel

In die Orgeln greiffen.
[307]

2.

Wenn die süsse Laute klingt,

Wenn die Harff' erschallet,

Wenn der Kapelliste singt,

Wenn die Pauke knallet,

Wenn der Geiger lieblich streicht,

Wenn Posaunen prangen,

Denn wird fast ein Felß erweicht,

Seel' und Hertz gefangen.


3.

Aber, O der Eitelkeit,

Die diß arme Leben

Gleichwol nur so kurtze Zeit

Kläglich hat ümgeben!

Ist das Lied gleich noch so guht,

Läufts doch bald zum Ende;

Auch was sonst der Künstler thut,

Fleugt davon behende.


4.

Aber dort in Sions Statt

Sol es anders klingen,

Da man nimmer müd' und satt

Werden kan vom singen,

Wo der Außerwehlten Schaar

Stündlich neue Lieder

Dichten wird, auch immerdar

Springen hin und wieder.


5.

Kinder werden den Discant

Freudig lassen schallen,

Und was sonst der Alt genannt,

Solches wird gefallen

Jünglingen und Jungfräulein.

Männer sollen fassen

Den Tenor, den Baß gahr rein

Nur den Alten lassen.


6.

Niemand wird da laß noch matt,

Unsern Gott zu preisen;

Man erdenkt in Sions Statt

Täglich neue Weisen.

Einer mahnt den andern an:

Last uns Gott lobsingen

Und nur dem, der alles kan,

Freudenopffer bringen.


7.

Jauchtzet, jauchtzet, alle Welt,

Lobt Gott, alle Heiden!

Ehr' und Dank werd' ihm bestelt,

Dienet ihm mit Freuden!

Harffen, Pauken, Psalterspiel,

Flöhten, Lauten, Geigen

Und der Instrumenten viel

Sollen nimmer schweigen.


8.

Sing', O Welt, nach deinem Wahn

Nur von solchen Sachen,

Welch' ein tapfrer Held gethan:

Ich wils anders machen.

Kräftig wil ich meinen Geist

Durch ein Lied ergetzen,

Das man hoch erbaulich heist,

Das für Gold zu schätzen.


9.

Libster Jesu, laß mich doch

Deine Wollust schmekken!

Ach zerbrich mein Unglüks Joch,

Laß dein Bluht bedekken

Meine Schuld und Missetaht,

Laß mich dich erheben,

Wo dein Lob kein' Endschaft hat,

Dort im Freudenleben!


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 307-308.
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