Ein Dank- und Bittlied für und üm den reichen Segen Gottes, mit welchem Er uns sonst alle Jahre so mildiglich pflegt zubeschenken

[234] Dises kan gesungen werden im Thon des bekanten Lides: Waß mein Gott wil, das gescheh allzeit.


1.

O Gott, dir dank' Ich allezeit

Für beinen reichen Segen.

Wer kan doch solche Mildigkeit,

Wie sichs gebührt, erwägen?

Du gibst zur Noht

Das liebe Brod

Den Menschen mit gefallen:

Das gantze Jahr

Steht jmmerdar

Sehr reich und schön von allen.


2.

Dein Regen macht die Felder nass,

Er dünget Berg' und Auen:

Den wächset Laub, Getreid und Graß,

Daß wirs mit Lust anschauen.

Es wird das Land

Von deiner Hand

Mit Reichthum angefüllet,

Wodurch alßdan

Fast Jederman

Den NahrungsMangel stillet.


3.

Der HERR hat an der Helden Macht

Und Stärke kein Belieben;

Er spottet nur der Menschen Pracht,

So thöricht wird getrieben.

Wer Ihm vertraut,

Stets auf Ihn baut

Und festiglich kan hoffen,

Der hat das Ziel

Auf disem Spiel

Zum allerbesten troffen.


4.

Kein Tag, kein Stündlein geht dahin,

In welchem man nicht spühret,

Waß Gottes Wolthat für Gewinn

In unser' Häuser führet.

HERR, deine Quell

Ist reich und hell,

Sie rinnet stets mit Gnaden,

So daß noch Blitz

Noch Frost noch Hitz

Unß etwan könte schaden.


5.

Wen mich ein sanfter Wind anhaucht,

So fühl' Ich Gottes Segen,

Wen das Getreide steht und raucht,

Wen sich sein Aehren regen,

Wen Feld und Wald

So wolgestalt

Die Berg' und Thäler schmükken:

So kan fürwahr

Das schöne Jahr

Mir mein Gemüht entzükken.


6.

So bald Ich nur von hinnen geh'

Ins grüne Feld spatzieren

Und da die schönsten Heerden seh'

Ihr frölichs Leben führen:

So find Ich gleich

Ein herrlichs Reich

Vol lauter Gottes Gühte.

Drauf endert sich

Bald kräftiglich

Mein trauriges Gemühte.


7.

Ach Gott! daß wir so thöricht sind

Und solches nicht erkennen!

Ich klag es noch: die Welt ist blind,

Sie kan ja nicht recht nennen

Die grosse Gunst,

Die Gott ümsunst

Uns lässet widerfahren.

Ja MenschenDank

Ist schwach und krank,

Verschwindet mit den Jahren.
[234]

8.

Der Ochs' erkennet seinen Wihrt,

Der Esel seine Krippen;

Der Mensch allein ist gahr verirrt,

Er lässet Zung und Lippen

Gantz stille stehn.

Es mag geschehn

Waß Böses oder Guhtes,

So geht Er hin,

Sein Hertz und Sinn

Ist roh und frechen Muhtes.


9.

O grosser Gott, daß wissen wir,

Ja müssens auch bereüen,

Drüm tretten wir mit Furcht herfür

Alß Kinder, die sich scheüen,

Und bitten dich

Demühtiglich,

Du wollest ja nicht rechen

So grosse Schuld;

Auß Gnad und Huld

Verzeih' uns den Gebrechen.


10.

Gib, daß wir mügen dankbar sein

Und deine Güht erkennen,

Laß Hertz und Mund, von Sünden rein,

Dich kindlich Vatter nennen.

Dein Segen kröhn'

Uns, deine Söhn',

Und lass' uns wol gedeien

Frucht, Vieh und Wald.

Erhör' uns bald,

Wen wir im Mangel schreien.


11.

HERR, kröhne dein geliebtes Land,

Dein Wohrt müss' in Ihm bleiben,

Und laß ja nicht den wehrten Stand

Der Obrigkeit vertreiben.

Absonderlich

So krön auch mich

Mit Höfnung, Lieb und Glauben:

So weiß Ich, daß

Noch List noch Hass'

Den Himmel mir kan rauben.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 234-235.
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