|
[298] Melodie: An Wasser Flüssen Babilon, u.s.w.
1.
O Finsterniss! O Tunkelheit!
Wie hattet Ihr vertrieben
Das helle Licht vol Seligkeit,
Im Wohrt' uns ausgeschrieben!
Es lag die Wahrheit sehr verdekt,
Biß Gott vom Himmel hat erwekt
Den theüren Held aus Sachsen,
Der Martin Luther ward genant:
Der thät den Lügen Widerstand
Und ließ die Wahrheit wachsen.
2.
Gelobt sei Gott, der disen Held
So treflich wol begabet,
Der in der Babel diser Welt
Hat manches Hertz gelabet.
Es war in Ihm Ein solcher Geist,
Den billig man Prophetisch heist:
Gahr schön hat Er gelehret
Von Christus Leiden, Tod und Bluht,
Wodurch Sich Gott, das höchste Guht,
Zu den Verlohrnen kehret.
3.
Er ward getauft und in der Schul'
Aufs fleissigst' unterrichtet;
Bald stieg Er auf den Lehrerstuhl
Und thät, was Er verpflichtet.
Wie man nun Seine Kunst bedacht,
Ward Er zum Doctor erst gemacht
Im Augustiner Orden,
Worauf Er so die Schrift erklährt,
Daß alles fast durch Ihn bewehrt
Und schön erläutert worden.
4.
Er hielte Sich an Gottes Wohrt,
Ließ Menschensatzung fahren,
Die lose Fabeln musten fohrt,
Er wolte niemahls spahren
Die Wahrheit, welch' Er klahr ließ stehn
In Büchern, da Sie konte sehn
Die gantze Welt mit Freüden,
Ob mancher schon bemühte Sich,
Der Luther solte grausahmlich
Um Ihrent willen leiden.
5.
Drauf setzet Er die Feder ann,
Schreibt Selbst dem Pabst mit Flehen,
Daß, weil die Schrift nicht jrren kan,
So woll' Er richtig gehen
Den Weg, der Ihm von Gott gezeigt.
Diß ist nun Luther, der nicht schweigt
Für Königen und Fürsten;
Er kämpffet frisch für Gottes Ehr',
Ob gleich die Feinde noch so sehr
Nach Seinem Bluhte dürsten.
6.
Sie fodern Ihn gantz trotzig aus,
Er sol mit Jedem streiten;
Drauf hält Er manchen harten Strauß,
Muß kämpfen oft von weiten;
Und weil man Seiner Haut begehrt,
So nimt Er bald des Geistes Schwehrt,
Das ewig ist bestanden,
Schlägt und besiegt den Goliaht,
Der Gottes Wohrt mit Füssen tratt,
Hier aber ward zu Schanden.
7.
Was in der Welt gewaltig war,
Was hoch und groß auf Erden,
Daß jagt' und plagt' Ihn offenbahr
Mit mancherlei Beschwerden:
Der Satan ließ Ihm weinig Ruh',
Ihm setzten Päpst' und Fürsten zu
Mit Bannen, Gift und Waffen;
Und ob nun gleich diß grosse Heer
Das Werk Ihm machte treflich schwehr,
So kont' es doch nichts schaffen.
8.
Bald treibt Er aus den Antichrist,
Das arge Kind der Sünden,
Und lehret, was die Wahrheit ist.
Ja Luthers Geist empfinden
Papst, Türk' und Ketzer alzumahl,
Sie ziehen ab nur fahl und schaal:
Es leuchtet durch die Lande
Das heilig' Evangelium,
Und das macht Münch' und Pfaffen stum
Dem Antichrist zur Schande.
[299]
9.
So tapfer hat durch Gott gekriegt
Der Luther, reich von Gaben,
Und tausend Feinden obgesiegt,
So daß wir nunmehr haben
An manchem Ohrt dein wahres Licht;
O Herr, das laß verleschen nicht,
Demnach der Schatz gefunden.
Gelobt sei Gott, daß Luther hat
Das Tiehr allein durch Gottes Raht
Bekriegt und überwunden.
Buchempfehlung
Als Blaise Pascal stirbt hinterlässt er rund 1000 ungeordnete Zettel, die er in den letzten Jahren vor seinem frühen Tode als Skizze für ein großes Werk zur Verteidigung des christlichen Glaubens angelegt hatte. In akribischer Feinarbeit wurde aus den nachgelassenen Fragmenten 1670 die sogenannte Port-Royal-Ausgabe, die 1710 erstmalig ins Deutsche übersetzt wurde. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Karl Adolf Blech von 1840.
246 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro