[316] Bekehret Euch zu Mir von gantzem Hertzen mit Weinen, mit Klagen; Zerreisset Eure Hertzen und nicht eure Kleider und bekehret Euch zu dem Herren, Eurem Gott.
Melodie: Christ, unser Herr, zum Jordan kahm.
1.
Geh' in dein Hertz, O Menschenkind,
Dein Elend zu betrachten;
Wie bist du doch so toll und blind,
Daß du gahr nichts machst achten
Dein ewigs Heil, da du doch wol
Um zeitlichs dich beklagest,
Nicht aber, was die Seele sol
Erhalten, eifrig fragest,
Noch ob du Gott behagest.
2.
Dein Bühssen, das mus hertzlich sein
Mit Weinen und mit Fasten;
Gott schaut dir recht ins Hertz hinein,
Woselbst Er solte rasten.
Dein Leib und Seele müssen sich
Der Nüchterkeit befleissen,
Damit du könnest inniglich,
Das heist ohn alles Gleissen,
Dein traurigs Hertz zerreissen.
3.
Ein solches Fasten, Reu und Leid,
Ein solcher Glaub' und Behten,
Die können ja zur bösen Zeit
Viel Elend untertreten.
Wen Gottes Zorn die Länder plagt
Mit Theurung, Krieg und Sterben,
So wird Sein Grim hiedurch verjagt,
Daß wir nicht gantz verderben,
Besondern Gnad' erwerben.
4.
Wen mange Trübsahl komt heran
Und wir kein Hülffe wissen,
Welch' uns davon befreien kan,
So sol man sein beflissen,
Durch ernste Buhsse Tag und Nacht
Des höchsten Grim zu brechen;
Den wahre Buhss' hat grosse Macht,
So stark ihm zuzusprächen,
Daß Er Sich nicht mag rächen.
5.
Wen Gott die böse Länder plagt,
Pflegt Er darnach zu sehen,
Ob niemand kommet, der sich wagt
Und für den Riss wil stehen.
Er forschet, ob nicht einer sei,
Der sich zur Mauren mache
Der durch sein Klag- und Buhsgeschrei
Bei diser bösen Sache
Mit behten treuligst wache?
[316]
6.
Solch' eine Maur war Daniel
Der grosse Mann, zu nennen,
Als er begunte klahr und hell
Die Sünden zu bekennen,
Womit sein Volk schon lange Zeit
Gahr schändlich sich beschmitzet,
Wodurch den die Gerechtigkeit
Des Höchsten war erhitzet,
Welch' Ihre Pfeil gespitzet.
7.
O Land, stell' eine Fasten an,
Ruff' alles Volk zusammen;
Laß schauen, ob man leschen kan
Des Eyfers heisse Flammen?
Der Bräutigam mus itz nur bald
Aus seiner Kammer lauffen,
Die Priester kommen jung und alt,
Die Kinder auch mit Hauffen,
Ob Gnad' hiedurch zu kauffen?
8.
Doch was sol ein zerrissnes Kleid
Für Gnad' und Huld erwerben?
Den angemahsste Klag und Leid
Erlösen nicht vom Sterben:
Nur Gott, der wil von jederman
Die Sünd' erkennet haben,
Damit Er desto besser kan
Diselb' ins Meer begraben
Und die Zerschlagne laben.
9.
Recht fasten heisset Sünd' und Schand'
Aus allen Kräften hassen
Und thun den Lüsten Widerstand,
Sich Gott allein gelassen,
Sich üben in Barmhertzigkeit,
Gedültig sein in Schmertzen,
Erweisen Treu zur jeden Zeit
Und zwahr von gantzem Hertzen:
Recht bühssen ist kein Schertzen.
10.
Gleich wie dem Hertzen weh' es tuht,
Wen es fühlt tieffe Wunden,
Recht so sol uns auch sein zu Muht',
Im Fall' uns hält gebunden
Die Sünd' und Bösheit manger Ahrt.
Da mus nun sein zerschlagen
Das Hertz; und wer' es noch so zahrt,
So mus es sonder Klagen
Die Straff' auch willig tragen.
11.
Ein solches Hertz, mit Reu geschmükt,
Kan Gott allein gefallen;
Es wird in Seiner Lib' entzükt
Und siehet dis für allen,
Daß nur sein sündlichs Fleisch und Bluht
Mag wol gekreutzigt werden:
Alsden ist Gott sein höchstes Guht
Im Himmel und auf Erden;
Kein Feind kan ihn gefehrden.
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