Psalm 104, 1. 2.

[317] Herr, Mein Gott, Du bist herlich und schön geschmükket. Licht ist dein Kleid, so Du an hast.


Melodie: Gott, der Du Selber bist das Licht.


1.

Gott, der Du bist das höchste Guht,

Das uns erquikket Hertz und Muht,

Wie schön bist Du geschmükket!

Wen ich in diser Leidenszeit

Betrachten mag dein' Herligkeit,

So werd' ich gantz entzükket.

Es wird die höchste Pracht der Welt

Allein durch Dich, Herr, fürgestelt.


2.

Im Himmel ist doch nichts so gros,

Nichts gibt uns auch der Erdenkloos,

Das Dir, Herr, zu vergleichen.

Dein' Engel, welche für Dir stehn,

Und prächtig zwahr sind anzusehn,

Die müssen plötzlich weichen,

O Schöpfer, deiner Majestat,

Die tausend Sonnen Klahrheit hat.


3.

Der Engel Licht entspringt ja gantz

Aus Deinem theurem Himmelsglantz'.

O Gott, wer kan gnug loben

Dein' unaussprächlich' Herligkeit,

Welch', alles Wechsels gantz befreit,

Bleibt ewiglich erhoben?

Wer Deine Zierd' im Geist bedenkt,

Wird schnel in HimmelsLust versenkt.
[317]

4.

O schönster Gott, O theurster Schatz,

Das noch die Sünd' in mir auch Platz

Durch Satans List kan haben,

Herr, das betrübt mich dergestalt,

Das ich schier wolte mit Gewalt

Mein eignes Hertz durchgraben.

Sol Deiner Schönheit güldner Schein

Durch solchen Koht beschmitzet sein?


5.

Jedoch weil Jesus, Gottes Sohn,

Der Menschen Heil und Gnadentrohn,

Selbst ist ein Mensch geworden,

So hat Er uns auch schön gemacht,

Ja durch Sein' Angst und Kreutz gebracht

In der gezierten Orden;

Itzt dekt Er unsre Mängel gantz

Durch Seinen Schmuk und Himmelsglantz.


6.

Des Himmels Schönheit merk' ich an,

Welch' ich nicht gnug betrachten kan:

Wie gläntzen doch die Sterne!

Wie nimt der Mond doch ab und zu,

Wie läuft die Sonn' ohn' End und Ruh,

Wie glintzert sie von ferne!

Hat solchen Schmuk die Sonn' allein,

Wie schön mus wol ihr Schöpfer sein?


7.

Der Kräuter, Bäum' und Bluhmen Pracht

Nehm' ich auch billig itz in acht,

Wem sol er nicht behagen?

Die Rosen, Liljen, Tulipan

Bezieren so den Gartenplaan,

Das es nicht auszusagen.

Hat solchen Schmuk die Bluhm' allein,

Wie schön mus wol ihr Schöpfer sein?


8.

Wer kan sich doch verwundern gnug

Der Vögel Schnelheit, welcher Flug

Oft streitet mit den Winden?

Wer kan recht setzen zu Papir

Den Unterscheid so vieler Tihr'

Auf Bergen und in Gründen?

Hat solchen Schmuk ein Tihr allein,

Wie schön mus wol sein Schöpfer sein?


9.

Bald such' ich in der Erden Schoos

Gold, edle Stein und Silberklooss,

Auch tausend andre Schätze.

Hirinn betracht ich Gottes Güht',

Auf das dadurch sich mein Gemüht'

Absonderlich ergetze.

Hat solchen Schmuk das Ertz allein,

Wie schön mus wol sein Schöpfer sein?


10.

Ach Gott, wie werden wir so schön

In jennem Leben für Ihm stehn,

Wen nunmehr ist erschienen,

Daß wir den Schöpfer ähnlich sind,

Schön, mächtig, heilig, stark, geschwind

Und gleich den Cherubinen!

Ihn werden wir zur selben Frist

Recht klährlich schauen, als Er ist.


11.

Doch alle Schön- und Herligkeit,

Welch' uns in jenner Freudenzeit

Sol zugetheilet werden,

Die komt, O Jesu, bloos von Dir;

Drüm wünsch' und seuftz' Ich für und für,

Das bald ich von der Erden

Gen Himmel müge schwingen mich,

Dir Lobzusingen ewiglich.


12.

Da sol mein Leib, der hie nichts wehrt

Und dort so herlich wird verklährt,

Gleich wie die Sonne prangen;

Den weil, O Gott, Dein Kleid ist licht,

Kan mirs an Klahrheit mangeln nicht.

Drüm ruff' ich mit Verlangen:

Mein Heiland, las doch bald mich gehn,

Dein' höchste Schönheit anzusehn!


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 317-318.
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