An meine Schüler in Waffen

[132] Juli 1870.


So zieht denn hin, ihr braven Jungen,

In's Feld, von heil'ger Gluth entbrannt;

Aus deutscher Kraft seid ihr entsprungen,

Heil euch, und Heil dem Vaterland!

Die uns bisher vereint, die Stunden,

Sie weichen einer größren Pflicht,

Die ihr wie Morgenruf empfunden

Mit freudeleuchtendem Gesicht.


Ihr wißt, daß nicht zu leichter Führung

Ihr jugendlich nach Waffen greift,

Daß unerhörte Frevelschürung

Für schweren Kampf herangereift.

Der Feind, der wahnsinnstrunken heute

Die deutschen Grenzen hart bedroht,

Führt seiner Horden ganze Meute

Zum Spiel um Leben oder Tod.


Ob morsch und faul auch seine Sache,

Er kennt des Trugs, der Lüge Kleid,

Und kennt den Weg, der Immerwache,

Zur Volkesgunst, um die er freit.

Sein Schmeichelwort vom Ruhmespfade

Saugt Spahi, Zuav und Turko ein;

So führt die Höllenmaskerade

Der blutigen Macht er an den Rhein.
[133]

Für ein Phantom nur fechten jene.

Ihr fechtet für das höchste Gut,

Euch spannt der Freiheit Ruf die Sehne,

Euch stärkt des ganzen Volkes Muth.

Ihr zieht in's Feld für Deutschlands Marken,

Für eurer Mütter reinen Herd,

Ihr fühlt die junge Kraft erstarken

Für Alles was uns hoch und werth.


Es kann nicht, kann sich nicht mehr wenden,

Was Deutschland heilig sich gelobt,

Und ob die Welt an allen Enden

In Feindeshaß dagegen tobt.

Auch ihr seid dazu auserkoren,

Freiwillig zieht ihr in den Krieg,

Zu dem wir All' uns zugeschworen

Unwandelbaren deutschen Sieg!


So folgt gesegnet euren Fahnen,

Des höchsten Segens seid ihr werth!

Willkommen, wer von Siegesbahnen

Zur alten Schulbank wiederkehrt!

Willkommen, wer aus Waffenzügen

Sein Jünglingsherz mir rein bewahrt,

Am Tag, da freudiges Genügen

Zum Friedenswerk uns wieder schaart.


Quelle:
Otto Roquette: Gedichte, Stuttgart 31880, S. 132-134.
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