Fünfter auftritt

[117] ANNAS zu denen Vorigen.

Vergebet mir, das ich zu spath

Bey euch erscheine in dem Rhat.

Ich hab mich in der ruh vergangen,

Nach dem wür dises wild gefangen.

Nach welchem wür so lang gejagt,

Und fast bey unsrer müh verzagt.

CAIPHAS.

Noch haben wür nichts unternommen,

Weill Judas ist anhero kommen,

Und das ihm ausgezahlte geld

Uns widerumb zurukh gestellt.

ANNAS.

Wie da? was solle diß bedeuten?

RABBI.

So geht es bey treu losen leuthen,

Wan selbe das gewissen nagt,

Nachdem sie gar zu vill gewagt.

AMOS.

Die untreu trifft sein eignen herren,

Was kunten wür wohl mehr begehren,

Hier ist das geldt, so er erschwizt,

Da Christus doch gefangen sizt.

ANNAS.

Was Judas schwermet, und bereuet,

Auch an den kauff vermaledeyet,

Das mus er an sich selbsten sehn,

Uns wird darum kein leyd geschehn.

Doch weill diß bluth geldt ohne seegen,

Ist nicht mehr in den schaz zu legen.[117]

Sagt also, wie mans an den mann

Gleichwohl mit nuzen bringen kan?

SALOMON.

Ich hörte sicher diser tagen,

Bey mir von einem hafner sagen,

Das selben umb das bare geldt

Verkaufen will ein acker feldt.

CAIPHAS.

Hier könnt ein kauf getroffen werden,

Die fremde ehrlich zu beerden,

Weill man sonst umb die ganze statt

Vor selbe kein begräbnuß hat.

DIARABIAS.

Nichts bessers kunte man erfinden,

Weill das gesaz uns selbst thuet binden,

Das man die fremde gut, und wohl

Doch außen her begraben soll.

SARAS.

Der meinung bin ich gleicher maßen,

Doch mus man niemandt wissen lassen,

Verbergen mit geflißner lüst,

Das dises geldt ein bluthgeld ist.

EXHIBERIS.

Der haffner wurd sonst widersprechen,

Und unsren kauf mit nachdrukh rächen.

Wür müßten in die haut hinein

Ihm höchst betrogne männer sein.

AMOS.

Besorgt euch nicht in disen sachen,

Ich will den kauf schon richtig machen.

Was wür vor einen handl treibn,

Das mus im Rhat verschwign bleibn.

CAIPHAS.

Geh, thu ihm nur diß geldt vorschießen,

Und disen kauff hiemit beschließen,

Er nimmt es ohne Scrupl an,

Wan er nur was gewinnen kan.

ANNAS.

Den haffner acker zu erkennen,

Mus man Haceldama ihn nennen,[118]

Das aber nur allhier im Rhat,

Hinfiro sein verbleiben hat.

CAIPHAS.

Bluth aker wird er wohl getauffet,

Weill wür ihn umb diß geldt erkauffet,

Umb das uns seines meisters leben

Der tolle Judas übergeben.

Nun aber auf den zweckh zu kommen,

Den wür anheuth uns vorgenommen,

Will uns vor allen jezt zu stehn

Das wür zu dem Pilatus gehn.

REBI.

Das ists, was mich schon lang gekränket,

Weill ich stätts auf die ehr gedenket.

Die, wan noch mehrer zeith verstreicht,

Mit selber endlich gar entweicht.

ANNAS.

Ich weis nicht, was uns hinzugehen

Nunmehro noch imm weeg soll stehen.

Der schlus ist ja nach rechtens voll,

Das Christus heuth noch sterben soll.


Alle ausgenommen die 3 obige.


Ja dises ists, was wür verlangen.

CAIPHAS.

Wer will der halte ihm die stangen,

Genug ist, das wür seine feindt,

Und fest zusam verschworen seind,

Laßt also den gefangnen kommen,

Damit geschech, was vorgenommen,

Und er beym Pfleger selbsten hört,

Was unser will von ihm begehrt.

ANNAS.

Pilatus wird wohl selbst erkennen,

Das unser schlus gerecht zu nennen,

Ich wünsch dem böswicht meiner seiths

Nur bald zu sehen an dem Creuz.

RABBI.

Und wer ist, der diß nicht beginnet,

Wan er doch anderst gut gesinnet?

REBI.

Ja also kommt in alten standt

Dem Rath die ehr, die ruh dem landt.[119]

HAUBTMANN sie führen Christum geschlossen hervor.

Hier ist, den wür getreu verwahret.

CAIPHAS.

Weill alles auf den schlus verharret,

So komm dem richter dich zu stelln,

Pilatus wird das Urtheil fällen.

Damit er sich nicht kan beklagen,

Solln offentlich hier alle sagn,

Was der betrogne mensch, und gott

Zur straff verdienet hab.

ALLE.

Den todt.


Gehen ab.


Quelle:
Bitteres Leiden, Oberammergauer Passionspiel, Verfasst von Pater Ferdinand Rosner O.S.B., Leipzig 1934, S. 117-120.
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