[735] Die gleiche Szenerie wie im ersten Akte. Der Vorhang der Bühne ist herabgelassen. Vor dem Podium, auf dem Saalboden liegen junge Tannen, ungeordnet durcheinander geworfen. Weitere Stämme lehnen links neben der Verandatür. Tische und Stühle sind besser geordnet. Die Fahne ist entfernt. Vorne rechts sitzen die Stammgäste, Assessor a.D. Knackberger und Premierleutenant a.D. Bernhuber. Sie rauchen in Holzspitzen bedächtig ihre Frühschoppenzigarren. Der Mohrenwirt sitzt bei ihnen. Jeder hat eine halbe Flasche Weißwein und ein volles Glas vor sich stehen. Nachdem der Vorhang sich erhoben hat, noch kleine Pause.
KNACKBERGER gewichtig. Ja, ja.
BERNHUBER in ganz anderem Tone wie Knackberger. Ja, ja!
KNACKBERGER. So geht's!
BERNHUBER. So geht's!
KNACKBERGER. Ich hab's übrigens immer g'sagt, daß wir da noch einmal 'was erleben.
MOHRENWIRT immer eifrig und voll sichtlicher Freude über den Vorfall. Ja, ja!
BERNHUBER. s' war vorauszusehen, Herr Assessor, 's war vorauszusehen.
MOHRENWIRT. Es muß a schöner Skandal gewesen sein, was i so g'hört hab, a schöner Skandal!
BERNHUBER. Dank mei'm Schöpfer, daß ich nicht dabei war.
MOHRENWIRT. Ich auch, Herr Premierleutenant.
BERNHUBER. Das heißt, ich hätt's ganz gern mit ang'schaut, aber man hätt mich net sehen dürfen dabei.
KNACKBERGER. So was war noch nicht da die siebzehn Jahr, die wir hier in Pension leben.
BERNHUBER. Beim frühern Posthalter war so was einfach unmöglich g'wesen.
KNACKBERGER. Des war a ruhiger, alter Mann.
BERNHUBER. Witwer seit dreißig Jahr.
KNACKBERGER. Aber unter dem jetzigen Regiment da geht alles drüber und drunter.
BERNHUBER. Die alten Stammgast werden nimmer estimiert, wie war's denn sonst möglich, daß man uns schon seit zwei Tag da 'reing'steckt hätt in den kalten Raum?[736]
KNACKBERGER. Wo's nach Tannen stinkt.
BERNHUBER. Elf und dreiviertel Jahr verkehren wir hier schon, aber das hat's noch nie geb'n, daß man unser alte Gaststub'n g'weißt und neu ausg'malt hat, wegen so'm Fest.
MOHRENWIRT. Es is eine Rücksichtslosigkeit ohnegleichen.
BERNHUBER. Ach was!
KNACKBERGER. Man kommt ja ganz aus seiner gewohnten Ruh und Ordnung.
MOHRENWIRT. Wenn die Herren amal mir die Ehr' geben woll'n, i hab no so a gemütlichs, altdeutsch's Eckzimmer in mei'm Gasthaus, den besten Wein – i tat ja alles, um Sie zufriedenzustellen.
BERNHUBER Ja, Herr Moosreiner, wir werden zu Ihnen kommen, denn hier ...
KNACKBERGER Tut's nimmer länger gut.
Die linke Flügeltüre wird nach beiden Seiten heftig aufgestoßen. Minna, Flora und Hulda stürzen unter lautem Gelächter herein. Sie haben Hüte auf und Schirme in den Händen. Als sie die Stammgäste erblicken, kichern sie und stoßen sich gegenseitig an. Die alten Herren blicken ärgerlich um.
HULDA knicksend. Habe die Ehre, recht guten Tag zu wünschen, meine Herren!
BERNHUBER. Sie! Sind S' so freundlich und machen S' die Tür wieder zu, wenn S' da 'rein kommen, gelt?
FLORA. Können die Herren kein'n Zug vertragen?
MINNA. So schöne, stattliche Herren! Alle drei lachen.
KNACKBERGER sehr ärgerlich. Haben die Damen nicht g'hört, was der Herr Premierleutenant g'sagt hat?
HULDA. Der Herr Premierleutenant! Wo is der Herr Premierleutnant? Des is der Herr Premierleutenant? Ha, ha, ha, ha! Minna! Gelt? Da schaut unser Premierleutenant scho anders aus?
BERNHUBER pustet wütend Rauch von sich.
MINNA. Jawohl, wenn er a bloß bei'm Infanterieregiment in München steht.
HULDA. Aber dafür beim Garde-Infanterieregiment!
MINNA. Der is schon lustiger, wie die Herrn.
HULDA. Und etwas höflicher.
BERNHUBER aufspringend. Machen Sie jetzt die Tür zu oder nicht?
FLORA Oh, wir machen s' gleich von außen zu, Herr ... Herr Premierleutenant.
[737] Alle drei eilen lachend zur Verandatüre.
HULDA. Na, das is a netts Dorf, Flora, ha?
Sie begegnen im Hinausgehen Frau Wanninger und Frau Specht, die ihnen mit Zeichen des Abscheus hastig ausweichen. Die Eintretenden tragen Hut und Straßentoilette. Mohrenwirt erhebt sich und schließt die linke Türe.
BERNHUBER ganz außer sich. Ja, was sind denn das für Weibsbilder?
FRAU SPECHT eilig. Choristinnen sind's, ganz gemeine Choristinnen aus München. Guten Morgen übrigens, Herr Premierleutenant!
BERNHUBER. Guten Morgen. So eine Gemeinheit war ja noch gar nicht da!
FRAU SPECHT. Net wahr? Ist es net haarsträubend, was man seit gestern abend in dem Haus erlebt hat?
FRAU WANNINGER. Sie wissen doch hoffentlich schon alles?
FRAU SPECHT. Jetzt kann man ja reden drüber.
FRAU WANNINGER sieht sich um. Freilich, 's is ja kei' jungs Mädel da.
KNACKBERGER. Uns hat der Herr Moosreiner die ganze Geschichte aufs genaueste hinterbracht.
MOHRENWIRT. I bin eben eigens herkommen, um's den Herrn zu erzählen, denn sonst hätt' mi kei Mensch mehr da rein 'bracht in das Haus.
FRAU SPECHT. Ja, gelt? Sie hat ja der Posthalter gestern so unverschämt behandelt?
MOHRENWIRT. Des kriegt er scho no!
FRAU SPECHT. Der hat alle Ursach, still zu sein auf den Skandal hin.
FRAU WANNINGER. Nein, was war des! Und ich hab' mei Kind dabei g'habt.
FRAU SPECHT. Man muß sich ja vor alle Leut' schämen.
FRAU WANNINGER. Am besten ist's, wir schauen, daß wir bald 'nauskommen.
BERNHUBER. Das ist das wahre. Genau so machen wir's auch, denn mit solchen Existenzen, wie mit dem Herrn Posthalter und seinen saubern Stadtfreunden kann ein alter Soldat nicht mehr verkehren.
FRAU SPECHT. Freilich net, man muß der G'sellschaft zeigen, was anständige Leute von ihr halten. I bitt Sie, so ein Mensch, wie der Rettinger!
KNACKBERGER. Der Millionenprotz![738]
BERNHUBER. Das ist so ein echtes Münchener Früchtel.
FRAU SPECHT. Ja, was der sich aber einbilden soll darauf, daß er Millionär und Reserveleutnant ist?
BERNHUBER. Auf den Reserveleutnant braucht er sich gar nichts einzubilden, denn seine Wahl zeigt nur, was heutzutage beim Militär für Verhältnisse eingerissen sind.
KNACKBERGER. Ja, ja!
BERNHUBER. Unser Militär ist schlaff und hat keine Disziplin mehr, wie zu meiner Zeit.
KNACKBERGER. 's is mit der Justiz ganz genau so, alles geht zurück.
FRAU WANNINGER. Es wird überhaupt vieles so ganz anders gegen früher, man müßt oft an der Welt rein verzweifeln.
FRAU SPECHT. Wenn man so was erlebt, wie gestern abend, da möcht man schon sagen, es gibt kei Moral mehr.
BERNHUBER. Und dabei diese Heuchelei, diese angebliche Wohlanständigkeit von der Posthalterin.
FRAU SPECHT. Gelten S', das auch noch? Nein, aber gestern war's damit schon aus, mit der Wohlanständigkeit, denn wir hab'n die Leut gründlich durchschaut. Der Herr Pfarrer und der Herr Amtsrichter sind gleich nachher auf und davon gegangen.
MOHRENWIRT. Des is recht, des ist recht.
FRAU WANNINGER die Hände verkrampfend und nach oben blickend. Wenn man nur g'rad eine Ahnung g'habt hätt, eine Ahnung, wenn man nur g'habt hätt, mit wem man da umgeht.
FRAU SPECHT. Die Schwester vom Herrn Pfarrer hat zwar einmal so eine dunkle Andeutung fallen lassen.
FRAU WANNINGER. O mein Gott, des war auch net warm und net kalt, darauf hin hätt man doch kein' Verkehr abbrechen können.
KNACKBERGER kopfschüttelnd. Nein, wir hab'n schon nicht die leiseste Ahnung g'habt.
FRAU SPECHT. Nicht die leiseste.
FRAU WANNINGER. Wie hätt ich's denn sonst erlauben können, daß meine Tochter den Rettinger kennenlernt.
FRAU SPECHT. Und wie ihr der glei 'n Hof g'macht hat!
KNACKBERGER. Der möcht' sie am End' gar heiraten?
FRAU WANNINGER. Oh, was glauben S' denn, Herr Assessor? So einem Menschen tat ich doch meine Tochter net anvertrauen, des war ja eine Sünd'.[739]
FRAU SPECHT. Wenn ma sei Kind in solche Verhältnis brächt', in solche Verhältnis! Ja, man darf sich nur wundern, wie wir eigentlich selber als ehrbare Menschen da 'neinkommen sind.
FRAU WANNINGER. No, um so schneller machen wir, daß wir wieder 'nauskommen.
FRAU SPECHT. Ich glaub's. Ja, ich versichere Sie, wenn ich net bis übermorgen mein Zimmer behalten müßt, weil ich so lang eing'mietet hab', ich tät' auf der Stell' reisen.
FRAU WANNINGER. Denken S', ich muß deswegen sogar noch vier Tag bleiben. Man kann das Geld doch net verschenken!
BERNHUBER. Solchen Leuten darf man überhaupt nie was schenken.
FOITENLEITNER UND NUSSER kommen durch die Verandatür.
KNACKBERGER. Ah, da kommt ja der Herr Bürgermeister!
FOITENLEITNER UND NUSSER treten grüßend an den Tisch. Rosl folgt ihnen mit zwei halben Flaschen Weißwein und zwei Gläsern, die sie auf den Tisch setzt.
BERNHUBER. No, Sie kommen doch noch, wie alle Tag, zum Frühschoppen daher?
FOITENLEITNER sehr freundlich. Warum denn net? die Herren sind ja auch da?
KNACKBERGER. Wir haben noch nichts gewußt, als wir 'reingegangen sind.
BERNHUBER. Nein, uns hat der Herr Moosreiner erst hier von dem Skandal erzählt.
FRAU SPECHT. Was sagen S' denn dazu, Herr Bürgermeister?
ROSL durch die Verandatür wieder ab.
FOITENLEITNER. Zu was denn?
KNACKBERGER. No, zu der G'schicht von gestern abend?
FRAU WANNINGER. Sie werden 's doch wissen!
BERNHUBER. Zu dem Skandal mit dem Seehansele.
FOITENLEITNER lächelnd. Oh, mei, der Seehansele!
NUSSER. Wenn man auf den hören wollt'. Allgemeines Erstaunen.
KNACKBERGER. Wa-s? Wissen Sie denn, was er g'sagt hat?
NUSSER. Verehrtester Herr Assessor! dieser Mensch schwatzt so viel zusammen in seiner Verbissenheit.
FOITENLEITNER. Und in seiner B'soffenheit.
NUSSER. Daß er nicht ernst zu nehmen ist.
Kleine Pause. Fr. Specht stößt Fr. Wanninger an. Bernhuber räuspert sich laut.
KNACKBERGER. So? So?[740]
BERNHUBER. Da hört man halt auch einmal eine andere Ansicht.
FRAU SPECHT. Allerdings!
NUSSER. Aber ich begreife die Herrschaften nicht. Ein Mensch, wie der Seehansele!
MOHRENWIRT gereizt. Der tut eigentlich gar nix zur Sach.
NUSSER. Ja, um was handelt es sich denn dann?
BERNHUBER. Um das, was jetzt die allgemeine Moral spricht.
FOITENLEITNER halb pfiffig. Die Moral?
BERNHUBER. Jawohl, die Moral.
FRAU SPECHT zu Nusser. Wären Sie nur gestern abend dabei g'wesen, Herr ... Herr ..., ich weiß net, wie muß man sagen? Herr Hoflieferant.
NUSSER. Dabei war ich nicht.
KNACKBERGER. Dann dürfen Sie auch gar nicht urteilen!
NUSSER. Waren denn Sie dabei, Herr Assessor?
KNACKBERGER ärgerlich. Nein, aber ich richt' mich stets danach, was die öffentliche Meinung sagt.
NUSSER. Was sagt denn die?
FRAU SPECHT. Fragen Sie den Herrn Pfarrer und den Herrn Amtsrichter!
KNACKBERGER. Merken Sie was? Die sind heut schon nicht mehr zum Frühschoppen 'kommen.
FOITENLEITNER immer vorsichtig und freundlich. Aber die zwei Herrn sind ja mit 'm Herrn Posthalter aufs beste befreundet gewesen bis jetzt.
BERNHUBER. Eben, bis jetzt.
FRAU WANNINGER. Wo man halt noch nix g'wußt hat.
FOITENLEITNER. Was hat man denn bis jetzt noch net gewußt?
ALLE mit Ausnahme von Nusser im Tone größten Erstaunens. Aber, Herr Bürgermeister! Herr Bürgermeister!
FOITENLEITNER wieder lächelnd. 's tut mir leid, aber ich hab net mehr und net weniger g'wußt, wie die Herrschaften auch. Alle machen abwehrende Bewegungen.
FRAU SPECHT. Bitte, wir haben gar nix g'wußt.
FRAU WANNINGER. Gar nix.
KNACKBERGER. Absolut nix.
FOITENLEITNER schlau. Schauen's, mehr hab i eben auch net g'wußt. Allgemeine Bewegung.
NUSSER. Also bleibt alles beim alten.
MOHRENWIRT giftig. Und 's Gemeindekollegium verkauft ganz kalt die Gregoriwiesen an 'n Herrn Posthalter? Gelt?[741]
BERNHUBER. Imstand wär's dazu, das Kollegium ob! Gelt i hab recht, Herr Hoflieferant, jetzt gestehen Sie 's selber ein?
NUSSER. Wenn Sie sich nur noch etwas gedulden, Herr Moosreiner, werden Sie es genau erfahren.
KNACKBERGER. Aber Sie können doch nicht im Ernst glauben, daß sich der Posthalter noch hier ankaufen will?
FOITENLEITNER lächelnd. Vielleicht ebba gar weg'm Seehansele?
KNACKBERGER. Ja, redet man denn hier rein in den Wind?
MOHRENWIRT sehr bissig. Der Herr Foitenleitner is halt net nur Bürgermeister, sondern auch Maurermeister.
FOITENLEITNER ganz ruhig. Was moant's damit?
MOHRENWIRT grimmig lachend. Nix weiter als wie. es gibt aber ganz einträgliche Akkordarbeit auf der Gregoriwiesen! Mehr sag i net.
FRAU SPECHT. Hm!
BERNHUBER. Hm, hm!
MOHRENWIRT. Und der Herr Hoflieferant der steht sich auch besser, wenn amal in der Näh wo a Schweizerhotel auf' r gewissen Wies'n steht, da werd hernach viel mehr Wein und Kaffee bezogen.
NUSSER der nie seine Ruhe verliert. Herr Moosreiner, Ihre Worte treffen uns nicht, wir wissen, warum Sie so reden.
FOITENLEITNER. Die bewußten, sauern Trauben!
MOHRENWIRT wütend. I red so, weil i no a Ehrg'fühl im Leib hab und weil i mi schäm für die ganze Gemeinde.
NUSSER. Oho!
MOHRENWIRT. Jawohl, oho! Is das vielleicht net a Schand, wenn Sie unter solche Umständ die Gregoriwiesen wegschmeißen, und wenn der Findelhausverein den Posthalter und sei Frau heut abend bei der Fahnenweih' zu Ehrenmitgliedern ernennen will?
BERNHUBER. Zu Ehrenmitgliedern?
FRAU SPECHT UND FRAU WANNINGER. Ah, ah, ah, ah, ah!
KNACKBERGER. Nicht übel!
NUSSER. Ich fürchte, die Herrschaften regen sich wirklich unnötig auf.
FRAU SPECHT. Finden Sie?
BERNHUBER. Nun, jedenfalls danken wir für so ein Fest!
FRAU SPECHT. Wir halten uns hübsch fern.
NUSSER. Aber, ich verstehe Sie ebensowenig, wie der Herr[742] Bürgermeister. Gestern noch hätten Sie das Fest ganz vergnügt mitgefeiert.
FRAU WANNINGER. Ja, gestern!
FRAU SPECHT. Aber heut!
KNACKBERGER. Das is ein großer Unterschied.
NUSSER. Ja, was is denn seit gestern geschehen?
FRAU SPECHT. Öffentlich is alles!
NUSSER. Wenn Sie aber sagen, daß Sie nur die Öffentlichkeit geniert, dann haben Sie doch alle schon von der Sache gewußt!
ALLE Bürgermeister ausgenommen, schreien ganz entsetzt. Ah, ah, ah, ah,!
FRAU WANNINGER. Herr Hoflieferant, wir müssen 's uns fein verbitten, daß wir vorher schon was g'wußt haben soll'n, wir haben ...
FRAU SPECHT stößt sie an. Pst! Frau Rentbeamte, schauen S' Ihnen um. Da is ja der Mensch mit Ihrer Tochter!
WALLY ist von links in den Saal getreten.
RETTINGER geht neben ihr, eifrig in sie hineinredend. Wally lacht dumm.
FRAU WANNINGER rückt unruhig auf ihrem Stuhle hin und her und macht ein Gesicht, aus dem man nicht sehen kann, ob sie sich wirklich ärgert.
RETTINGER. Den ersten Walzer müssen sie ja noch frei haben, Fräulein Wally.
WALLY lacht wieder unbeholfen.
FRAU SPECHT. Der nennt sie schon Wally!
KNACKBERGER. Sehr gut!
RETTINGER. Und auf die erste Franchise da reflektiere ich auch.
WALLY. Aber ich weiß ja gar net ...
RETTINGER. Oh, Sie müssen mir die Tänze geben!
FRAU SPECHT mit starker Betonung. Es scheint, d' Frau Rentbeamte sieht den Verkehr gar net ungern.
FRAU WANNINGER die immer unentschlossen dasaß. Wally! Komm' her zu mir!
RETTINGER kommt mit Wally nach vorn. Die Damen verzeihen, aber wir hatten wichtige Verabredungen für heut abend.
FRAU SPECHT. Möchten vielleicht aber doch umsonst sein, diese Verabredungen, denn das Fräulein darf das Fest nicht besuchen, soviel ich wenigstens bis jetzt weiß, net wahr, Frau Rentbeamte?
RETTINGER beißt sich auf die Lippen.[743]
FRAU WANNINGER. Nein, meine Tochter kann leider nicht kommen.
BERNHUBER. Leider?
FRAU WANNINGER ärgerlich. Nun ja, sie kann halt net kommen.
FRAU SPECHT aufsehend. Es halt uns hier so nix mehr, also können wir gehen, net wahr, Frau Rentbeamte?
FRAU WANNINGER erhebt sich gleichfalls.
BERNHUBER. Wir schließen uns den Damen gleich an.
KNACKBERGER. Wüßt net, was wir noch hier zu suchen hätten.
MOHRENWIRT. Da bin ich so frei und geh a mit. Ich such'n Herrn Pfarrer auf und will schauen, ob er auf gestern hin noch grad so denkt, wie die Herrn da. Er deutet auf Nusser und Foitenleitner.
NUSSER. Tun Sie das, Herr Moosreiner!
BERNHUBER. Zahlen können wir draußen. Also viel Vergnügen für heut abend, Herr Bürgermeister!
KNACKBERGER. Recht gute Unterhaltung, Herr Hoflieferant!
NUSSER sehr fest. Danke bestens!
FRAU SPECHT zu Foitenleitner und Nusser. Habe die Ehre!
WALLY. Mama! Warum müssen wir denn schon wieder fort?
FRAU WANNINGER unwillig. Weil wir halt wieder fort müssen!
FRAU SPECHT. So a jungs Mädl braucht net immer alles z' wissen.
Alle ab nach rechts, bis auf Rettinger, Nusser und Foitenleitner.
RETTINGER hat dieser ganzen Szene mit schlecht verhaltener Wut und Verlegenheit beigewohnt, jetzt platzt er im gewöhnlichsten Tone los. Da soll aber do' scho' glei' ... Möcht' nur wissen, was der Bagage einfallt?
NUSSER. Regen Sie sich weiter nicht auf, Herr Rettinger!
RETTINGER. Ums Geld ist einem die ganze, hungrige Gesellschaft neidig.
FOITENLEITNER. Das is 's, und die G'schicht mit 'm Seehansele fahrt ihna halt a a bissel in die Köpf 'rum.
RETTINGER. So? Sonst nichts mehr? Also, wenn ein gemeiner Lump sich in einer anständigen G'sellschaft so voll sauft, daß er nimmer stehen kann, und wenn mir derselbe Kerl die erbärmlichen Verleumdungen ins G'sicht sagt, nachher glaubt man dem ohne weiters und schaut mich über die Achsel an?
NUSSER. Nicht alle Leut tun das, Herr Rettinger.
FOITENLEITNER. Wir zum Beispiel glei net![744]
RETTINGER setzt sich zu den beiden. Von Ihnen bin ich ja überzeugt, aber – Er deutet zur rechten Türe. – die da und der Pfarrer, der Amtsrichter?
NUSSER deutet gleichfalls auf die Türe. Was die betrifft, so müssen Sie nichts auf solche Leute geben, die haben ja hier nichts mitzureden, und der Herr Pfarrer ...
FOITENLEITNER. Der steht zu uns.
RETTINGER. Meinen Sie?
NUSSER. Gewiß! Sie hätten nur hören sollen, wie warm er uns den Verkauf der Gregoriwiese an den Posthalter empfohlen hat.
FOITENLEITNER. Na, na, es is schon alles in bester Ordnung. Geheimnisvoll lächelnd. I trag da herin – Er deutet auf die Brust. – außerdem was 'rum, was i no net sehen laß, aber 's is was Erfreulich's, Herr Rettinger!
NUSSER. Pst! Herr Bürgermeister!
RETTINGER schnell. Wohl die Zuschlagsurkunde?
FOITENLEITNER. Derf's no net sagen, aber ...
RETTINGER lachend. Nun, dann bin i schon beruhigt. Leiser. 's is ja auch Ihr Vorteil, Herr Bürgermeister, wenn alles glückt, denn Sie bekommen die Bauten da unten.
FOITENLEITNER. Oh, deswegen!
NUSSER. Uns ist es d'rum zu tun, daß Sie immer hier bleiben.
RETTINGER wichtig. Allerdings, gestern abend da hab' ich mir schon überlegt, ob's net vielleicht besser wär', ich tät hier alles liegen und stehen lassen.
NUSSER. Oh, das wäre ja furchtbar für uns.
FOITENLEITNER. Na, na, Herr Rettinger, schenken S' uns auch ferner das Vertrauen, wir wissen ja doch, daß Sie allein alles zu bestimmen haben.
NUSSER. Und daß Sie sozusagen die Seele des ganzen Unternehmens sind.
RETTINGER geschmeichelt. No ja. Aber, wenn so was passiert und alles laßt einen gleich im Stich, wenn gar von 'm Haberfeldtreiben gesprochen wird?
FOITENLEITNER. O mei, das Haberfeldtreiben!
RETTINGER. Glauben Sie nicht, daß man da einen Exzeß befürchten muß?
NUSSER. Warum nicht gar!
FOITENLEITNER lachend. 'n Exzeß!
NUSSER. Skandal möchten die Kerle eben wieder einmal vor den Häusern friedliebender Menschen veranstalten.[745]
FOITENLEITNER. Und dabei a Sündenregister ablesen!
NUSSER höhnisch. Weil sie selbst so moralisch sind!
RETTINGER. Solche Halunken!
FOITENLEITNER. Aber da paßt ja kei' Mensch d'rauf auf.
NUSSER. Keine Seele!
RETTINGER. Sie haben gar keine Idee, wer das gewesen sein kann, der gestern abend den Habererzettel an die Tür g'nagelt hat?
FOITENLEITNER. Wer wird 's g'wesen sein? A verkommener Lump jedenfalls.
NUSSER. Eines von jenen Subjekten, denen nichts heilig ist auf der Welt.
FOITENLEITNER. Und des san unsere Haberfeldtreiber!
NUSSER. Die Herren Sittenrichter!
GÖTZENSPERGER steckt den Kopf durch die Verandatür. Nur hereinspaziert, meine Damen, die Luft ist jetzt sauber!
Hulda, Flora, Minna eilen herein, Herr von Beck folgt ihnen langsam nach.
HULDA. So lassen wir 's uns eingehen! Der Herr Rettinger, des is wenigstens a galanter Herr.
FLORA. Der wirft ein'n doch net naus, wie die z'widern Grantlhauer.
GÖTZENSPERGER sehr laut zu Rettinger. Laß dir sagen: Die alten Knackstiefeln, die z'erst da war'n, die haben unsere Damen aufs tödlichste beleidigt.
RETTINGER. Das auch noch? Oh, das sind liebe Kerln.
HULDA. Ja, des is 's richtige Wort! Herr Rettinger, Sie g'fall'n mir!
FLORA, MINNA. Mir auch, mir auch, mir auch!
RETTINGER hebt Flora bei den Hüften in die Höhe, daß sie schreit. La, la, la, la, la. Er dreht Flora, einen Walzer singend, dreimal um sich herum, und wirft sie ziemlich unsanft auf einen Stuhl links.
GÖTZENSPERGER der dazu laut juchzte. A Mordskerl is halt der Rettinger; am Gang draußen poussiert er d' Fräulein Wally, da herin d' Flora, und ganz im geheimen – Er nähert sich Rettinger vertraulich. – d' Frau Posthalterin!
DIE DREI CHORISTINNEN lachen laut.
RETTINGER lachend. Pssst!
GÖTZENSPERGER. Is scho recht!
RETTINGER zu den Choristinnen. Warum lacht's denn so?
HULDA pfiffig. Weil wir g'hört haben, was er g'sagt hat?[746]
RETTINGER lachend. Gar nix habt ihr g'hört!
FLORA. Etsch! Soll ich 's sagen, was er g'sagt hat?
RETTINGER. Ja!
FLORA. Des hat er g'sagt, warum Ihnen Haberfeld trieben wird! Ha, ha!
ALLE lachen, auch die Leute am rechten Tisch.
RETTINGER ganz wütend. Hört auf mit der verfluchten Dummheit!
HULDA. Aber, Herr Rettinger!
HERR VON BECK der sich zu Foitenleitner und Nusser gesetzt hat. Geh, alter Freund!
FOITENLEITNER. Lachen S' doch mit, Herr Rettinger!
NUSSER. Über die Haberfeldtreiber!
RETTINGER. Ich will amal nix wissen davon!
HERR VON BECK. Ach was!
GÖTZENSPERGER. Das war ja net so g'meint, glaubst am End, wir halten was von die Haberfeldtreiber?
HERR VON BECK. Heut abend lachen wir sie alle aus, bei Hofbräuhausbier und Champagner.
GÖTZENSPERGER. Und wer net kommt, der bleibt weg.
NUSSER. Das is das Wahre.
GÖTZENSPERGER zu Rettinger. Jetzt bist wieder vernünfti und denkst an was anders. Mir fallt so grad was ein! I hab mei' Portemonnaie in München drin liegenlassen.
ALLE lachen.
HULDA. Au weh, Herr Rettinger!
FLORA. Jetzt heißt's wieder zahlen.
HERR VON BECK kopfschüttelnd, leise und ärgerlich zu Nusser. Das ist unfein von dem Herrn Götzensperger.
RETTINGER die Börse ziehend. Wieviel brauchst denn desmal?
GÖTZENSPERGER. Gib mir halt dreißig Mark, des is a runder Betrag.
RETTINGER sehr gnädig und wegwerfend. Da! Weil ich wieder gut aufg'legt bin.
FLORA, MINNA UND HULDA umringen ihn lachend und hüpfend, schreien durcheinander. Mir auch was, mir auch was! Mir auch was, Herr Rettinger!
RETTINGER. Jawohl! Ihr wärt's die reinsten Raubvögel.
HERR VON BECK ist aufgestanden. Pfui, Kinder! das paßt sich nicht.
HULDA. Was? Herr von Beck?
MINNA. Gehen's, Sie Wüster! Sie![747]
HERR VON BECK. Ich finde so etwas unpassend, hier im öffentlichen Lokal!
FLORA. Unpassend? Wie?
HERR VON BECK scharf. Unpassend, durchaus unpassend!
GÖTZENSPERGER höhnisch. Jeee, der Herr von Beck!
HULDA. Der gestrenge Herr!
GÖTZENSPERGER mit Bezug. Sie finden 's Pumpen an 'm anderen Ort wohl feiner?
RETTINGER lacht laut.
HERR VON BECK gereizt. Pardon!
GÖTZENSPERGER. No, tun's nur net so, der Rettinger wird scho' wissen, wo 's Ihnen besser paßt.
DIE CHORISTINNEN lachen.
RETTINGER lacht ebenfalls.
HERR VON BECK. Herr Aktuar!
RETTINGER lachend. Laßt 's jetzt gut sein!
FLORA. Jawohl! Reden wir von was anderm.
HULDA. Der Herr Rettinger soll wenigstens a Flaschen Sekt zahlen, wenn er kein Geld hergeben mag.
FLORA UND MINNA. Ja, a Flaschen Sekt.
HULDA. So was wird sogar der Herr von Beck fein finden!
Allgemeines Gelächter.
RETTINGER. Nix zahl i.
HULDA. Ach, warten's. Sie sind schofel.
PFARRER UND AMTSRICHTER erscheinen unter der Verandatür, gleich hinter ihnen kommt mit glückstrahlendem Gesicht der Mohrenwirt.
HULDA erbilckt sie. Halt! I krieg schon'n Sekt! Da kommt ja mein Amtsrichter, der zahlt ein'.
MINNA. Jawohl!
FLORA. Des is a nobler Mann!
ALLE DREI eilen lachend zum Eingang. Guten Morgen, Herr Amtsrichter, guten Morgen, Hochwürden!
HULDA. Herr Amtsrichter, retten Sie die Ehre Ihres Geschlechtes!
FLORA. Und zahlen S' a Flaschen Champagner!
AMTSRICHTER sehr steif und etwas verlegen. Verschonen Sie mich mit solchen Scherzen!
PFARRER. Lassen Sie uns gehen!
HULDA. Aber pfui! Gestern da waren S' noch so g'schmach.
FLORA. Und heut will er nix mehr davon wissen.[748]
MINNA mit drohender Geste. Warten S', wir sind Ihnen alle recht beees!
AMTSRICHTER blickt wütend um sich und kommt mit dem Pfarrer nach vorne.
FOITENLEITNER UND NUSSER erheben sich.
MOHRENWIRT kommt mit triumphierendem Gesichte nach vorne und mißt die beiden, weil er nicht beachtet wird.
RETTINGER nicht ohne Bezug. Guten Tag, Herr Amtsrichter, guten Tag, Hochwürden.
PFARRER nickt leicht.
AMTSRICHTER sehr kühl. Guten Tag! Unsicher fortfahrend und umherblickend, als spräche er eigentlich nur für sich. Der Herr Pfarrer und ich suchen den Posthalter. Ist er zu Haus?
RETTINGER sehr erregt ob der Art des Amtsrichters, den er immer fixiert. Bedaure. Ich weiß nicht, aber ich werde nachsehen. Wenn ich ihn finde, schicke ich ihn her.
AMTSRICHTER. Bitte! Er schiebt sich einen Stuhl am rechten Tische zurecht.
RETTINGER halb zur linken Türe gewandt, wieder mit starker Betonung. Guten Tag, Herr Amtsrichter!
AMTSRICHTER sieht sich nicht mehr um.
RETTINGER. Guten Tag, Herr Amtsrichter!
AMTSRICHTER alles überhörend zum Pfarrer. Dann warten wir also hier?
PFARRER. Ja! Es ist mir ohnehin lieb – Er wendet sich zum Tische rechts. – den Herrn Bürgermeister und 'n Nusser noch sprechen zu können.
Rettinger, der sich ganz unbeachtet merkt, zerrt Beck am Arm heftig zu sich und spricht beim Abgehen durch die linke Türe zu ihm, während er noch einmal sehr gereizt nach dem Amtsrichter blickt. Die Choristinnen haben sich während des Vorganges nach rückwärts zur Verandatür verzogen und sammeln sich um Götzensperger, der ihnen bedeutet, still zu sein und ihm zu folgen. Noch unter der Türe platzen sie, die nur mühsam an sich gehalten haben, heraus und stürmen lachend davon. Götzensperger folgt ihnen.
AMTSRICHTER der mit dem Pfarrer am rechten Tische Platz genommen hat, dreht sich halb nach der Verandatür um. Unverschämtes Volk!
MOHRENWIRT setzt sich in sehr bescheidener Stellung auch an[749] den Tisch. Seine Freude bei der nachfolgenden Szene kann er schwer verbergen.
PFARRER. Müssen sich nicht weiter ärgern, Herr Amtsrichter. Lassen S' die Gesellschaft laufen!
AMTSRICHTER. Nun, sie war die längste Zeit hier.
PFARRER. Hoffen wir's! Er wendet sich mit festem Entschluß an die beiden anderen. Also, meine Herren; was ich Ihnen sagen wollt ...
FOITENLEITNER sehr aufmerksam. ja, Herr Pfarrer?
PFARRER. Ich will gleich direkt aufs Ziel losgehen.
NUSSER. Wir sind ganz Ohr.
PFARRER. Ist es Tatsache, daß der Verkauf der Gregoriwiese bereits festbeschlossene Sache ist?
FOITENLEITNER UND NUSSER sehen sich überrascht an.
MOHRENWIRT lächelt sie boshaft an.
FOITENLEITNER streift den Mohrenwirt mit einem flüchtigen Blicke. Ja, Herr Pfarrer, kann man darüber hier reden?
PFARRER. Ganz offen! Es ist mir sogar lieb, daß der Herr Moosreiner dabei ist, dann sieht er um so eher, daß es zwischen Ihnen und mir absolut keine Heimlichkeiten gibt.
FOITENLEITNER. Ja, dann muß ich aber schon 'n hochwürdigen Herrn Pfarrer daran erinnern, daß er uns doch selber gerat'n hat, die Gregoriwiesen an 'n Posthalter zu vergeben.
PFARRER. Ich hab' Ihnen nichts geraten, Herr Bürgermeister, ich habe nur ...
NUSSER erstaunt. Aber Hochwürden! Kleine Verlegenheitspause.
AMTSRICHTER. Der Herr Pfarrer hat nur eine Meinung geäußert.
PFARRER. Ganz richtig! In Anbetracht der beabsichtigt gewesenen Findelhausstiftung habe ich Ihnen, ich weiß nicht, wie soll ich sagen?
NUSSER. Nahegelegt.
PFARRER. Nein, das ist nicht das treffende Wort, ich hab' Ihnen nur, – Sehr ungeduldig. – no ja, es ist ja übrigens ganz gleichgültig, was da zuerst besprochen worden is. Ich möcht Ihnen heut nur sagen, Sie sollen sich den Verkauf von den Gregoriwiesen noch einmal reichlich überlegen.
FOITENLEITNER ganz perplex. Ja, is des 'm Herrn Pfarrer wirkli Ernst?
PFARRER. Glauben Sie, mir is besonders g'spaßig zumute? Mir ist es sogar voller Ernst.[750]
NUSSER der sich gleichfalls kaum fassen kann. Aber so ein Wort in letzter Stunde, es ist ja unmöglich, noch was zu ändern.
FOITENLEITNER. I trag bei mir in der Taschen schon die Zuschlagsurkunden.
NUSSER. Die dem Posthalter heut abend feierlich überreicht werden soll.
PFARRER. Tut mir leid, ich muß Ihnen trotzdem sagen, daß ich den Verkauf nicht für passend er achte.
NUSSER. Aber warum denn nur das?
PFARRER. Weil Sie sich damit eine schwere Verantwortung aufladen.
AMTSRICHTER. Sogar eine sehr schwere.
MOHRENWIRT nickt lebhaft.
NUSSER. Wieso nur, Hochwürden?
AMTSRICHTER etwas leise, leichthin, in vorwurfsvollem Tone. Wie können Sie denn nur so fragen nach den gestrigen Vorkommnissen?
NUSSER. Aber die Herren müssen gütigst bedenken, daß ich diese plötzliche Sinnesänderung ...
PFARRER. Herr Nusser!
NUSSER. Oder was es ist! Es wirft mit einem Schlage ja alles über den Haufen.
AMTSRICHTER. Wenn Sie selbst nicht fühlen, was hier das rechte ist ...
PFARRER. Dann tun Sie uns leid.
NUSSER. Aber ... ich verstehe halt noch gar nicht ...
PFARRER. Es scheint mir eben, daß hier Sonderinteressen im Spiele sind.
AMTSRICHTER. Die werden Sie aber doch nicht über das Wohl der Gemeinde stellen?
PFARRER. Das will ich nicht hoffen.
MOHRENWIRT reibt sich heimlich die Hände und blinzelt zu den Gemaßregelten hinüber. Pause.
NUSSER gekränkt. Von Sonderinteressen ist hier keine Rede, ich bitte zu glauben, daß auch uns das Wohl der Gemeinde am Herzen liegt.
PFARRER. So geben Sie jetzt den Beweis dafür!
AMTSRICHTER. Dann wird man Ihnen glauben.
Peinliche Pause. Mohrenwirt blickt schadenfroh auf die beiden. Nusser und Foitenleitner sehen sich an.
NUSSER. Ich muß noch einmal fragen, warum darf denn die Wiese[751] absolut nicht verkauft werden, es soll ja doch das stattliche Findelhaus ...
PFARRER. Oh, von dem wollen wir nicht mehr reden. Im übrigen können Sie die Wiese meinetwegen verkaufen, an wen Sie wollen, falls Ihnen was Besonderes dran liegt, nur muß ich Ihnen vom Posthalter noch einmal und zwar ganz entschieden abraten.
FOITENLEITNER kratzt sich am Kopfe. Was tuat ma jetzt?
PFARRER. Einfach den Gemeindebeschluß ändern!
NUSSER. Wenn das nur so leicht geht!
PFARRER. Es geht alles, wenn man will.
NUSSER. Ich fasse es noch nicht.
PFARRER steht auf. Wir haben Ihnen jetzt unsere Ansicht gesagt und Sie können tun, was Ihnen paßt. Aber darauf mach ich Sie aufmerksam: Für alle Folgen sind Sie allein haftbar und zwar in erster Linie für den Frieden und die Moral unserer Gemeinde. In kurz bemessenem Raum umhergehend. Jetzt will ich Sie nicht mehr aufhalten, denn wenn Sie mir folgen wollen, werden Sie handeln müssen. Und fürchten Sie wirklich so für Ihre Interessen und wollen durchaus den Platz verkaufen, dann reden Sie doch mit dem Mohrenwirt! Soviel ich durch den erfahren habe, gibt's auch noch andere Leute, die auf die Gregoriwiesen reflektieren. Er bemerkt den Posthalter und die Posthalterin, die von links eintreten, und wendet sich nochmals zu Foitenleitner und Nusser, die ganz verdutzt dasitzen. Also, guten Tag, meine Herren, ich hab' jetzt noch was zu erledigen! Guten Tag, Herr Posthalter.
FOITENLEITNER UND NUSSER erheben sich langsam.
MOHRENWIRT drängt sich an ihre Seite und geleitet sie heftig gestikulierend zur Verandatür hinaus.
POSTHALTER zu Pfarrer und Amtsrichter. Habe die Ehre, meine Herren!
PFARRER nachdem er kurz, aber nicht verletzend zur Posthalterin hinübergenickt hat. Können wir Sie vielleicht einen Augenblick allein sprechen, Herr Posthalter?
POSTHALTER sehr zuvorkommend. Wie Sie wünschen, Herr Pfarrer. Zu seiner Frau. Geh' nur derweil.
POSTHALTERIN entfernt sich wieder mit ängstlichem Blick auf das Trio durch die linke Türe.
POSTHALTER. Darf ich den Herren einen Stuhl anbieten?[752]
PFARRER. Nein, nein, bemühen Sie sich nicht! Es handelt sich ja nur um ein paar Worte.
POSTHALTER. Wegen heut abend vielleicht?
PFARRER mit Betonung. Nein, wegen gestern abend.
POSTHALTER. Oh, Sie können sich denken, wie furchtbar unangenehm ...
PFARRER schnell einfallend. Das kann ich mir sogar sehr gut denken, und eben deswegen möcht ich Ihnen einen Rat geben, der Ihnen jedenfalls einleuchten wird.
POSTHALTER. Sehr dankbar, Hochwürden!
PFARRER etwas reserviert, aber immer mit dem Anflug von Jovialität und Behäbigkeit, der ihn nie ganz verläßt. Überlegen Sie sich das mit der Fahnenweihe und dem Findelhaus doch noch einmal!
POSTHALTER schaut ihn an, als hätte er einen Schlag bekommen.
PFARRER. Sehen Sie, ich würd' an Ihrer Stelle die Feier, ich will nicht sagen, ganz aufgeben, – aber vorerst mal lang, recht lang verschieben. Sie verstehen mich, was ich meine?
POSTHALTER. Nein, Hochwürden, ich versteh' Sie net.
PFARRER etwas gereizt. Dann tut's mir recht leid.
POSTHALTER. Aber wie soll ich denn die Feier verschieben? Ich stift' doch das Findelhaus! Morgen soll die Grundsteinlegung stattfinden, heut' abend die Fahnenweih' –
PFARRER. Versteifen Sie sich unter den obwaltenden Umständen nicht so auf das Fest, Herr Posthalter!
AMTSRICHTER. Glauben Sie uns, es ist besser.
POSTHALTER. Aber, ich kann ja nimmer z'rück, ich hab ja das Findelhaus fest versprochen, die Gemeinde verkauft mir den Platz ...
PFARRER. Bitte, lassen wir einmal den Verkauf! Hören Sie nochmals meinen Rat an und verschieben Sie das Fest.
POSTHALTER. Aber, Sie können mir so was ja net im Ernst zumuten, ich werd doch wegen 'm Seehansele ...
PFARRER. Der kommt ja gar nicht in Betracht.
POSTHALTER. Oder das, was er g'logen hat, der elende Kerl, der ...
PFARRER. Herr Posthalter, über die peinliche Affäre, die Ihre Familie betrifft, wollen wir lieber nicht reden! Ich bin, wie gesagt, nur gekommen, Ihnen zu sagen, Sie sollen das Fest fallen lassen, wenigstens vorerst.
AMTSRICHTER. Und ich habe den Herrn Pfarrer begleitet, um Sie[753] dringend zu bitten, daß ein ähnlicher Vorfall künftig im Interesse der öffentlichen Ordnung bei uns vermieden werde.
POSTHALTER. Ja, was kann ich dafür? Ich bin an der G'schicht doch so unschuldig, wie ...
AMTSRICHTER. Der ganze Ton, mit dem dieses Fest überhaupt eingeleitet wurde, läßt noch auf weitere Unannehmlichkeiten schließen. Es schickt sich nicht, daß Sie zum Beispiel die Choristinnen kommen ließen. Die Frauenzimmer benehmen sich derartig ...
PFARRER. Ich stimme dem Herrn Amtsrichter bei. So was paßt sich nicht für ein Dorf.
AMTSRICHTER. Wollen Sie also dafür sorgen, daß diese – Damen möglichst bald unseren Ort verlassen?
POSTHALTER. Ich weiß nimmer, was ich sagen soll! Gestern hat sich der Herr Amtsrichter noch famos mit der Fräulein Hulda amüsiert, und heut –
AMTSRICHTER gereizt. Bitte, lassen Sie diese unpassenden Reminiszenzen!
POSTHALTER. Und heut ist alles anders, es is rein, als hält die ganze Welt vor die elenden Haberfeldtreiber Angst.
PFARRER. Angst?
AMTSRICHTER. Wer hat denn Angst?
POSTHALTER jetzt sehr ärgerlich. Ich weiß net.
AMTSRICHTER sehr überlegen. Herr Posthalter! die Angst vor Haberern überlassen wir andern Leuten.
POSTHALTER. Ich glaub 's, ich mein ja nur.
AMTSRICHTER. Immerhin müssen wir streng darauf sehen, einen solchen Exzeß zu unterdrücken, und zwar schon deshalb, weil er gegen die Gesetze verstößt.
PFARRER. Und weil sonst leicht auch Unschuldige von dieser Haberergesellschaft belästigt werden könnten.
POSTHALTER. Unschuldige?
PFARRER zögernd. Nun, ich habe damit eben ... Leute im Auge, die gar nichts mit dem Skandal zu tun haben.
AMTSRICHTER. Deshalb müssen wir vorgehen, nicht etwa, wie Sie zu bemerken für nötig erachten, aus Angst vor dieser verrotteten Bauernsitte.
PFARRER. So ist es.
AMTSRICHTER Im übrigen dürfen sie doch nicht ganz vergessen, daß dieser Habererunfug eben nur die Ausgeburt trauriger Vorbilder ist.[754]
PFARRER Sehr richtig bemerkt!
AMTSRICHTER sehr von oben. Sollten Sie vielleicht heute zufällig ausgehen, Herr Posthalter, dann werden Sie bereits die amtlichen Plakate angeschlagen finden, worin bei Androhung höchster Strafe dieser Unfug ein für allemal verboten wird.
PFARRER sehr entschieden. Sie sehen also, für uns gibt es keine Haberfeldtreiber.
AMTSRICHTER. Das wäre auch noch besser.
POSTHALTER hat sehr ungeduldig zugehört. Is mir ja recht, is mir ja recht, will ja alles glauben, der Mut der beiden Herren imponiert mir, aber das Fest kann ich nicht verschieben.
PFARRER. Es muß gehen.
POSTHALTER. Nein, nein, nein, nein! Der Schaden wär' zu groß, die Bauten für die Wiesen hab' ich schon vergeben.
AMTSRICHTER. Aha!
PFARRER. So? so? Das war dann sehr voreilig.
POSTHALTER zum Pfarrer. Aber Sie haben mir doch selbst ...
PFARRER bestimmt. Bitte, ich mische mich niemals in Gemeindeangelegenheiten, Herr Posthalter.
POSTHALTER. Also, mit andern Worten, ich soll die Platz' net kriegen?
PFARRER. Das weiß ich nicht, das geht den Magistrat an, ich wollte Ihnen nur einen Rat geben. Ob Sie ihn befolgen wollen, das ist eine Sache, die ich Ihrer Vernunft anheimgeben muß. Jedenfalls war er gut gemeint, Sie haben ihn gehört und damit – Er grüßt leicht. – empfehle ich mich, Herr Posthalter!
AMTSRICHTER. Ebenfalls!
Kaum haben die beiden die Verandatür erreicht, als die Posthalterin von der linken Türe sehr erregt auf ihren Mann zustürzt, der noch ganz fassungslos dasteht. Hinter ihr kommt Rettinger, gleichfalls in heftiger Bewegung.
POSTHALTERIN. Was is? Was is?
RETTINGER. Hat der Amtsrichter vielleicht was über mich g'sagt?
POSTHALTERIN. Red, red, was haben s' denn g'wollt?
POSTHALTER wütend. Net viel! D' Fahnenweih' und das ganze Fest soll i verschieben.
RETTINGER UND POSTHALTERIN. Was? Was?
POSTHALTER. Gregoriwiesen soll i net kriegen.
POSTHALTERIN ganz entsetzt. Na?
POSTHALTER. Und abfahr'n soll i, so g'schwind wie mögli.
POSTHALTERIN. Ja, aber warum denn?[755]
POSTHALTER schaut sie erst einen Augenblick an, dann nach einer Pause sehr wütend. Frag mi net so dumm! Er geht auf und ab. Nach einer neuen Pause. I mein, wir zwei wissen doch, warum! Sein Blick fällt auf Rettinger. Und der, glaub i, weiß 's a.
POSTHALTERIN zögernd. No, mein!
POSTHALTER sehr laut und roh. Also, nachher muaßt mi net so dumm fragen! Kleine Pause.
POSTHALTERIN verlegen. I frag ja nimmer.
POSTHALTER nach einer kleinen Pause. G'spannt haben sie's halt und jetzt möchten s' uns nimmer kennen.
RETTINGER. Haben s' nix von mir g'sagt?
POSTHALTER wegwerfend. I hab net aufpaßt.
POSTHALTERIN ganz zerknirscht. Was fangen wir jetzt an?
POSTHALTER. Was weiß i? Der Magistrat is imstand und schmeißt noch in letzter Stund sein'n Beschluß um, wenn er hört, daß der Pfarrer gegen uns is. I kenn die Kerln.
POSTHALTERIN. Steh uns bei! Der Pfarrer hat so vorhin mit 'm Bürgermeister da g'redt.
RETTINGER. Und mit 'm Nusser.
POSTHALTER. No ja, da habt ihr's.
RETTINGER. Aber der Bürgermeister tragt ja die Zuschlagsurkunden schon in der Taschen, er hat mir's ja selber verraten.
POSTHALTER. Die gibt er uns halt einfach net!
RETTINGER. Ah, das ist ja scheußlich!
POSTHALTERIN die Hände zusammenschlagend, sehr ausdrucksvoll. Und das alles wegen dem Seehansele!
POSTHALTER. Wer is nur auf die verrückte Idee kommen, den Kerl b'soffen z' machen?
RETTINGER. Ja, des möcht' ich auch wissen.
POSTHALTER. Du warst 's halt!
RETTINGER. Du hast ang'fangt!
POSTHALTER. Was? I hab ang'fangt? Du hast ihm 'n Wein geben.
RETTINGER. Nein!
POSTHALTER. Doch!
RETTINGER. Ah, warum net gar.
POSTHALTER. Wer denn sonst?
POSTHALTERIN. I bitt euch gebt's 'n Frieden! Es kommt ja jetzt alles darauf an, daß wir die Wiesen no kriegen.
RETTINGER. Ah, die dumme Wiesen!
POSTHALTERIN ihn erstaunt ansehend. Ja, no' freili!
RETTINGER. Mich freut die ganz G'schicht fast nimmer.[756]
POSTHALTERIN. So? Es hängt ja all's davon ab! Wo bauen wir denn 's Hotel hin? Wie verdienen wir denn sonst so viel Geld, daß wir scho' bald privatisieren können?
RETTINGER immer gereizt. Privatisieren!
POSTHALTERIN. No ja, der Mensch möcht a amal ausruhen. Sie faßt ihren Mann beim Arm. Geh, i bitt di, geh weiter, g'schwind such 'n Bürgermeister auf und red damit.
POSTHALTER. I derf's halt wieder auslöffeln. Gelt?
RETTINGER hält ihn zurück. Du, weißt was? Laß des lieber sein! Geh net zum Bürgermeister.
POSTHALTER. Warum denn?
RETTINGER. Weil des grad so aussieht, als wollten wir was provozieren.
POSTHALTER. Is ja gleich! Jetzt handelt sich's drum, daß wir no' amal den Versuch machen.
RETTINGER heftig. Nein, nein, nein! Es handelt sich drum, daß es keinen Skandal gibt. Der Amtsrichter, der hat mich vorhin so impertinent ang'schaut.
POSTHALTER. A was geht denn mich des an?
RETTINGER wütend. So? Net ohne! I sag dir so viel, wenn du darauf kei' Rücksicht nimmst, geh ich keinen Pfennig Geld mehr her, dann kannst schauen, wie's d' Gregoriwiesen kriegst.
POSTHALTER UND POSTHALTERIN schauen sich groß an.
POSTHALTER nachdem er zu sich gekommen, sehr eindringlich. Was? Du willst kei' Geld mehr hergeb'n? Du, des bist so gut und überlegst dir no' amal! Ha, Freundl?
RETTINGER. Du, dieser Ton ...
POSTHALTERIN höhnisch lachend. Er macht ja bloß Spaß, der Herr Reserveleutnant!
POSTHALTER. Des will i a hoffen!
RETTINGER. Jede Anspielung auf meinen Offizier ...
POSTHALTER sehr fest. Du bist einfach so gut und zahlst, verstehst mi?
POSTHALTERIN. Du derfst ganz still sein, mei Lieber. Du hast heut ohnehin der dummen Person, der Rentbeamtenstochter, wieder 'n Hof g'macht und dabei schaut uns die Alte nachher über die Achsel an.
RETTINGER. Ich werd wohl noch reden dürfen mit wem ich will.
LORENZ UND HIES erscheinen von rechts und tragen einen Banzen Bier herein, den sie rechts von der Bühne auf einem kleinen Schemel postieren.[757]
POSTHALTERIN. Nein, das erlaub i net.
RETTINGER. No, des wär aber ...
POSTHALTERIN. Du brauchst dich nicht mit fremde Mädeln abz'geben.
RETTINGER wütend. Jetzt, gelt?
POSTHALTERIN. I leid's amal net.
POSTHALTER. Wißt's was, alle zwei? des könnt's mit ananda ausmachen, des schlagt net in mein Ressort. Er faßt Rettinger beim Arm und spricht mit gedämpfter Stimme aber mit starkem Nachdruck. Aber des sag i dir, Freundl: Wenn du amal kei Geld mehr hergibst, da kannst was erleben! So – Nach rückwärts blickend. – die richten schon für heut abend her, da hab' i höchste Zeit. Adje derweil. Eilt rechts ab. Kleine Pause. Hies links ab.
POSTHALTERIN. Merk' dir's nur, was er g'sagt hat.
RETTINGER geht langsam an den Tisch, faßt ein Weinglas und schleudert es wütend zu Boden, daß die Scherben herumklirren.
POSTHALTERIN. Oho! Oho! so was is net glei notwendig.
RETTINGER ausbrechend. Zum Teufel!
POSTHALTERIN. Lorenz, geh her und kehr die Scherben z'samm.
LORENZ hat diese Szene aufmerksam beobachtet. Kommt nach vorne. Höhnisch. Der Herr Rettinger is heut net gut aufg'legt, scheint's.
POSTHALTERIN. Scheint so!
RETTINGER ganz rasend. Du bist still, du unverschämter Tropf!
LORENZ fährt zusammen. Ha?
RETTINGER am Frühschoppentisch. Die Weinflaschen hau' ich dir um 'n Schädel, wenn d' noch an Muckser tust, du Lump, du!
LORENZ macht eine wütende Bewegung. Eh, mei Lieber!
POSTHALTERIN. Gebt's kei Ruh alle zwei?
RETTINGER. Sag's ... Sagen Sie das dem da, net mir, der weiß nicht, wie er sich zu benehmen hat!
POSTHALTERIN. Aber der Lorenz hat ja gar nix getan.
RETTINGER. Was? Sie nehmen den Kerl noch in Schutz?
LORENZ sehr höhnisch. Ja, ja, es gilt a no a anderer was bei der Frau Posthalterin.
RETTINGER steht wie versteinert. Pause.
LORENZ. Bal er a net soviel Geld hat.
POSTHALTERIN sehr erschreckt. Hör auf, Lorenz!
LORENZ. Und kei Großhändler is.[758]
RETTINGER zu sich kommend. Ha, ha, ha, ha, ha! So? so?
POSTHALTERIN. Was schrein S' denn so? Was is denn los?
RETTINGER umherlaufend. Ha, ha, ha, ha! Herrgott, ich möcht ...
POSTHALTERIN. Sind S' so gut und benehmen S' Ihnen besser, Herr Rettinger!
RETTINGER taumelt wie ein Trunkener herum. Oh, oh, oh, oh, ich Esel, ha, ha, ha! Er fällt mehr, als er geht zur linken Türe hinaus.
POSTHALTERIN. Bist a dummer Kerl, daß d' so 'n Skandal anfängst, er wird uns no ganz scheu.
LORENZ in größtem Übermut. Posthalterin, laß di auslachen. Geh her! Er will sie fassen.
POSTHALTERIN entwindet sich ihm. A dummer Kerl bist. Laß mi aus, sag i! I muß ihm nachgehen, sonst fangt er aber Dummheit an.
KEDERBAUER UND MUTZENBAUER erscheinen rechts.
LORENZ hat sie wieder gefaßt. Ah, laß 'n laufen, den Kerl.
POSTHALTERIN lachend. Hand' weg, sag i.
LORENZ in dem sich zärtliche Gefühle regen. Warum denn?
POSTHALTERIN fährt mit einem lauten Schrei zusammen, weil sie die Bauern erblickt. Pause.
KEDERBAUER. Laßt's enk net aufhalten. Es zwoa.
POSTHALTERIN allmählich zu sich kommend. Was wollt's ihr da herin?
KEDERBAUER. Wir suchen 'n Mohrenwirt.
POSTHALTERIN. 'n Mohrenwirt bei uns? Spionieren wollt's an alle Ecken und Enden, i weiß scho'.
KEDERBAUER. So lang des Haus a Wirtshaus is, derf ma a reingehen, moan i.
POSTHALTERIN in großer Erregung. Wir dulden nur anständige Gäst'.
KEDERBAUER. Müaßt's enk net so ärgern, daß wir a bissel zug'schaut haben, Posthalterin!
POSTHALTERIN außer sich. Du Ehrabschneider, du elender!
KEDERBAUER sehr fest. Halb soviel, Posthalterin!
LORENZ. Soll i ihn nausschmeißen, den unverschämten Kerl?
POSTHALTERIN. Jawohl!
KEDERBAUER. Wer schmeißt mi naus? Du am End, du Strizzi, du willst an alten Bauern anpacken, ha?
LORENZ nähert sich ihm. I hätt so grad bald ein'n verhaut, es kommt mir auf di a net an, du Bauernlakel! Will ihn anfassen.[759]
KEDERBAUER. Geh weg, sag i. Er packt mit einem unterdrückten Schrei den Burschen bei der Gurgel und schleudert ihn auf die Erde.
POSTHALTERIN eilt wie eine Besessene herum und schreit. Z' Hülf, z' Hülf, z' Hülf!
KEDERBAUER den ganz zerzausten Lorenz loslassend. Da hast dein' Bauernlakel!
POSTHALTERIN. Is denn niemand da? Eilt zur Verandatür, wo eben der Mohrenwirt mit Foitenleitner und Nusser erscheint. O Gott, o Gott, Herr Moosreiner, Herr Bürgermeister, i bitt Ihnen ... i hab' so 'n Schrecken ... Helfen S' mir doch!
MOHRENWIRT höhnisch. Was gibt 's denn, Frau Posthalterin?
FOITENLEITNER. Fehlt Ihna was?
POSTHALTERIN die Hand am Herzen. O mein Gott und Herr! ... – Zu Lorenz, der wütend in der rechten Ecke steht. – Lorenz, mach', daß d' 'nauskommst ... I kann nimmer –
LORENZ drückt sich nach einem giftigen Blicke auf Kederbauer rechts hinaus.
NUSSER. Fassen Sie sich doch, Frau Posthalterin!
FOITENLEITNER. Und sagen S' uns, wo der Herr Gemahl is.
NUSSER. Wir müssen ihn dringend sprechen.
POSTHALTERIN. Mein Mann? Mein Mann? ... I weiß net ... i glaub, er sucht Sie ... er wird glei' wiederkommen ... i weiß aber net. Eilt laut weinend nach links hinaus.
MOHRENWIRT. Was war denn des?
KEDERBAUER streicht sich gelassen sein Gewand zurecht. Aufg'muckt hab i a bissel, 'm zwoaten Liebhaber von der Posthalterin.
Zugleich.
NUSSER. Was?
FOITENLEITNER. Ha?
MOHRENWIRT nach rechts deutend. Der Lorenz?
KEDERBAUER. A alte G'schicht! Und de Person soll heut die Patin von der Findelhausfahna machen, und der Herr Pfarrer schmunzelt dazua.
MOHRENWIRT heftig winkend. Nix, nix, nix, alles hat sich g'ändert seit gestern.
KEDERBAUER. Was?
MUTZENBAUER. G'ändert ... ha, ha? ... G'ändert?
MOHRENWIRT. Der Herr Pfarrer hat den ganzen Schwindel g'merkt, gelt, Herr Bürgermeister?
FOITENLEITNER schweigt mißmutig.[760]
KEDERBAUER. Lang gnua hat er braucht dazu.
MOHRENWIRT eifrig. Na, müaßt nix sag'n auf 'n Herrn Pfarrer, er is a ausgezeichneter Mann.
KEDERBAUER. Auf amal?
MOHRENWIRT mit triumphierendem Gesichte. Frag nur die Herren da! Der Posthalter kriegt die Wiesen net.
FOITENLEITNER UND NUSSER setzen sich mit mißmutigen Gesichtern an den rechten Tisch.
KEDERBAUER. Also werd's überhaupt net verkauft?
MOHRENWIRT. Des is grad no net g'sagt, d' Hauptsach is amal, daß s' der Posthalter net kriegt.
KEDERBAUER sehr fest. D' Hauptsach' is, daß die Wies'n Gemeindeeigentum bleibt.
MOHRENWIRT. Dummheit!
KEDERBAUER. Nix Dummheit! Wir Bauern wollen unser Sach b'halten.
MOHRENWIRT. Das heißt, du willst dei'm tappeten Bruder ...
KEDERBAUER schnell einfallend. Sei' Recht wahr'n, aber der G'meinde g'rad so.
NUSSER. Überlassen Sie uns gütigst die Sorge für die Gemeinde.
FOITENLEITNER. Die geht di nix an.
KEDERBAUER grimmig. Ja, ihr seid's die rechten!
NUSSER. Sie werden sich ...
KEDERBAUER grob. I werd gar nix! Versteht's mi? Für uns alle is g'hupft wie g'sprungen, wenn am End statt 'm Posthalter nix anders da nunter kommt, als a anderer Wirtsprotz.
MOHRENWIRT gereizt. Gelt, red di net so leicht über d' Wirtsprotzen!
KEDERBAUER. Wir protestier'n gegen 'n jeden, ob's der Posthalter is oder der Mohrenwirt.
MOHRENWIRT. Wer sagt dir denn, daß i ...
KEDERBAUER. Seid's nur kalt, wir werden scho sehen.
MOHRENWIRT höhnisch lachend. Des is euer ganze moralische Entrüstung über 'n Posthalter, ha?
FOITENLEITNER bitter lachend. Ja, moralische Entrüstung!
NUSSER. Das kennt man bei den Bauern.
MOHRENWIRT. Ha, ha, ha, ha! Ja, ja, ja!
KEDERBAUER fest. Mohrenwirt, wir haben nix mehr miteinander z' tun. Nach kleiner Pause bedeutungsvoll. Du, der ganze Magistrat, der Posthalter und der Pfarrer – da dreh i die Hand net um.[761]
NUSSER. Drücken Sie sich anständiger aus!
KEDERBAUER derb. I red daher, wie mir der Schnabel g'wachsen is, dafür bin i a Bauer.
MOHRENWIRT. Und was für einer!
KEDERBAUER wütend. Oh, es seid's alle ...
MOHRENWIRT. Was samma? Ha? Sag's!
POSTHALTER mit Hut, tritt auf durch die Verandatür und stürzt nach vorn zu Foitenleitner und Nusser. Herr Bürgermeister! Herr Hoflieferant! Überall in der Welt lauf i 'rum und kann Sie net finden. Grüß Gott, grüß Gott!
Die Angeredeten erwidern aufstehend sehr verlegen seinen Händedruck.
FOITENLEITNER. Und wir ... wir ...
NUSSER. Haben Sie auch gesucht.
POSTHALTER. Ach, das trifft sich ja famos! Er blickt nach links und spricht dann zu Foitenleitner. Ein'n Augenblick! Zu den andern mit erhobener Stimme. Wer hat denn da herin so g'schrien, daß man 's bis auf de Straßn 'naus g'hört hat? So was kann bei de Drei Mohren passieren, bei mir aber net, mei Haus is a anständig's Haus.
MOHRENWIRT. Und ob!
POSTHALTER. Herr Moosreiner, Sie kriechen 'n ganzen Tag in mei'm Hotel 'rum. San S' so gut und kehren S' vor Ihrer Tür! Und ihr zwoa, euch mach i glei' Flügel, was habt ihr alleweil bei mir z' suchen?
KEDERBAUER nach kleiner Pause. I geh' jetzt so scho', i hab' nix mehr bei dir z' suachen.
POSTHALTER deutet auf die Verandatür. Also!
KEDERBAUER höhnisch. I hab 'm Mohrenwirt bloß zu der Gregoriwiesen gratuliert, und jetzt b'hüt enk alle Gott! Er zerrt seinen widerstrebenden Bruder zur Verandatür hinaus.
POSTHALTER ist einen Schritt zurückgetreten und blickt auf die verlegen dastehenden Foitenleitner und Nusser, die seinen Augen ausweichen. Zu der Gregoriwiesen?
MOHRENWIRT wirft sich in Positur. Wenn S' es wissen wollt's ... der Kederbauer hat net g'logen, ja, ich will mir 's überlegen und werd' wahrscheinlich die Gregoriwiesen kaufen.
POSTHALTER noch ganz fassungslos. Ihr kauft's die ... die Gregoriwiesen?
MOHRENWIRT höhnisch. Wo man's do' so billig haben kann![762] Teurer laß i mir's freili a net aufhängen, als wie 's 'm Herrn Posthalter offeriert wor'n is.
POSTHALTER nahe vor dem Ausbruch. I hab Eahna net recht verstanden, Mohrenwirt. Es wollt's die Gregoriwiesen kaufen? Is des wahr?
MOHRENWIRT. Ja, i will 's und i krieg 's a! I hab 's sogar scho' soviel wie sicher.
POSTHALTER. Und des riskieren Sie mir in mein'm Haus so unverschämt in's G'sicht z' sagen?
MOHRENWIRT trotzig. Deswegen bin i sogar eigens herkommen.
POSTHALTER. So?
MOHRENWIRT. Damit Sie a was abkriegen für Ihre gestrige Roheit.
POSTHALTER rasend. Naus! naus! naus! Auf der Stell naus!
MOHRENWIRT. Was? ... Wer?
POSTHALTER. Naus, sag i, oder i hol 'n Hausknecht.
MOHRENWIRT. Herr Bürgermeister ... Sie werden doch ...
POSTHALTER. Naus, zum letztenmal!
MOHRENWIRT geht endlich. Posthalter! Des kriegen S' no' heimzahlt!
POSTHALTER. Dort ist die Tür!
MOHRENWIRT noch unter der rechten Türe. Sie treiben mi aus 'm Haus 'naus, i treib Ihna dafür aus 'm Ort 'naus! Ab.
POSTHALTER kommt hastig wieder nach vorn. So, meine Herren! Jetzt sagen Sie mir, is des wahr, was der Kerl g'sagt hat, fall'n Sie so mir nix dir nix von 'm alten Freund ab?
FOITENLEITNER verlegen. Herr Posthalter!
NUSSER. Hören Sie uns freundlich an, wir sind gekommen, um mit Ihnen in aller Ruhe ...
POSTHALTER immer rasch und heftig. I will a Antwort hab'n, kriegt der Mohrenwirt faktisch die Gregoriwiesen?
FOITENLEITNER. Aber hören S' ...
POSTHALTER. Lassen Sie mi wirkli fallen?
FOITENLEITNER voll Verzweiflung. Wir täten 's ja net, aber Sie wiss'n ja, der Pfarrer, der Amtsrichter, der Assessor ...
NUSSER. Alle fallen ab!
FOITENLEITNER. Was sollen wir da anfangen?
POSTHALTER. Was gehen denn die mi an?
FOITENLEITNER. Ja, aber uns!
POSTHALTER. A ba![763]
NUSSER. Wir sind in einer schrecklichen Situation.
FOITENLEITNER. Sie können 's uns glauben!
NUSSER. Wir müssen mit den Leuten leben.
FOITENLEITNER. Unsere Weiber zünden uns ja die Häuser über die Köpf an!
POSTHALTER heftig. Laßt 's mi aus mit die Weiber!
NUSSER. Wir dürfen Ihnen die Wiesen nicht geben.
POSTHALTER etwas ruhiger, aber sehr eindringlich. Hab i vielleicht z'wenig 'boten? Es kommt mir auf kei Geld an.
NUSSER. Ach, nein!
POSTHALTER. I gib der Gemeinde ja so viel 's nur will, i zahl viel mehr.
FOITENLEITNER. Auf 's Zahlen kommt 's ja net an.
NUSSER. Passen Sie doch auf!
POSTHALTER. Um zweitausend Mark hätt ich's kriegen soll'n, da gib i einfach dreitausend!
FOITENLEITNER. Ach, des is' ja net.
POSTHALTER. Viertausend!
NUSSER. Herr Posthalter!
POSTHALTER. Es kommt mir net d'rauf an! Fünftausend!
FOITENLEITNER. No, no.
NUSSER. Hören Sie doch!
POSTHALTER sehr laut. Siebentausend, meinetwegen! Es ist mir alles gleich, aber die Wiesen muß i haben, die Wiesen muß i haben, jetzt erst recht!
FOITENLEITNER. Es ist ja umsonst.
NUSSER. Es geht nicht.
POSTHALTER. Und wenn i zehntausend Mark auf 'n Tisch leg'n sollt!
NUSSER. Zehntausend Mark?
FOITENLEITNER. Zehntausend Mark? So was! so was!
NUSSER. Herr Posthalter, Sie sind ja nicht bei Trost.
POSTHALTER. Das zahl i, mei Ehrenwort drauf, aber die Wiesen muß i haben.
NUSSER. Ach, es ist ja nicht möglich.
POSTHALTER. Was is net möglich?
FOITENLEITNER. Der Pfarrer, der Amtsrichter –
NUSSER. Unsere Stellungen –
FOITENLEITNER. Die Neuwahlen stehen vor der Tür.
POSTHALTER. Schlagt's zu für den Preis, oder net? Zehntausend Mark hab i g'sagt?[764]
NUSSER. Herr Posthalter! Wir sind ja nicht da, um die Wiesen zu versteigern.
FOITENLEITNER. Wir san kommen, um Ihna zu sagen, daß es ...
POSTHALTER schreit. Mein letztes Wort: Zwölftausend Mark!
Kleine Pause.
FOITENLEITNER dem ordentlich schwindlig wird. Zwölftausend ...
NUSSER. Mark?
FOITENLEITNER. Heiland der Welt!
NUSSER. Zehntausend Mark mehr als der ursprüngliche Preis!
FOITENLEITNER ganz betäubt. Zwölftausend Mark?
POSTHALTER. Übermorgen liegen s' am Tisch, wenn mir der Bürgermeister jetzt die Zuschlagsurkunden 'rausgibt.
FOITENLEITNER schnell. Ja, woher wissen Sie denn ...
POSTHALTER. Genug, ich weiß 's. Zwölftausend Mark und ihr zwei habt's alle Lieferungen für mi zeitlebens. Der Bürgermeister baut 's Hotel, er darf verlangen, was er mag, all's werd zahlt!
FOITENLEITNER. O deswegen! Aber bei ein'm solchen Betrag, Herr Nusser, da muß man sich halt doch fragen, ob 's net 's Wohl der Gemeinde erfordert, daß man ...
NUSSER. Ich hab mir eben das gleiche gesagt.
FOITENLEITNER. Ob wir net doch ...
NUSSER. Selbst gegen den Willen vom Herrn Pfarrer ...
FOITENLEITNER. Zuschlagen!
POSTHALTER triumphierend. Des glaub ich a!
NUSSER. Wir schädigen die Gemeinde, wenn wir 's nicht tun.
FOITENLEITNER. Und 'm Pfarrer können wir 's schließlich scho sagen ...
NUSSER stark betonend. Bei Zwölftausend, baren Mark.
FOITENLEITNER. Da kann er nix mehr einwenden.
NUSSER. Freilich nicht. Das hat man ja nicht gewußt.
POSTHALTER. Also!
FOITENLEITNER. Des is a außerordentlicher Fall.
NUSSER. Und für die Gemeinde müssen wir in erster Linie sorgen.
POSTHALTER drängender. Also!
FOITENLEITNER. Des hat der Pfarrer ja selber g'sagt.
NUSSER. Natürlich!
FOITENLEITNER. Jetzt hab'n wir 'n Rücken frei.[765]
NUSSER. Und darum hat sich 's gehandelt.
POSTHALTER in höchster Ungeduld. Also was is?
FOITENLEITNER langt entschlossen in seine Brusttasche und gibt dem Posthalter ein versiegeltes Kuvert. Da, Herr Posthalter! Da is die Urkund!
NUSSER. Wir wollten sie erst heut abend überreichen.
FOITENLEITNER. Da haben Sie 's jetzt schon!
POSTHALTER ergreift hastig das Papier. Hurra, hurra, hurra! Er will nach der linken Türe stürzen.
NUSSER gibt ihm noch eilig die Hand. Wir empfehlen uns nun und setzen sofort das Kollegium in Kenntnis.
FOITENLEITNER. Adje, Herr Posthalter. Beide rechts ab.
POSTHALTER. Adje, meine Herren, heut' abend mit 'm ganzen Findelhausverein auf Wiedersehen! Er eilt wie verrückt zur linken Türe. Frau, Frau, Frau! Da geh' her! Da geh' her!
POSTHALTERIN erscheint stark verweint mit einem weißen Zettel in der Hand. Was is denn?
POSTHALTER. Lustig mußt d'rein schaug'n, wir hab'n die Gregoriwiesen! Wir hab'n die Gregoriwiesen!
POSTHALTERIN. Lüagst mi' an?
POSTHALTER. Nix da! 's Hotel werd baut, in a paar Jahr samma Millionär!
POSTHALTERIN. Was?
POSTHALTER die Urkunde entfaltend. Jetzt woll'n wir amal seh'n, ob der Herr Pfarrer heut' abend zu der Fahnenweih' kommt oder net! Da schaug den Zettel an!
POSTHALTERIN hält ihm ihren Zettel hin. Schau du den da an, den hat wieder so a unverschämter Kerl, so a Haberer, ans Stallfenster pappt.
POSTHALTER zieht ihr in übermütigster Laune lachend den Zettel aus den Händen und zerreißt ihn in tausend Fetzen. Ah, was, Haberer! Jetzt gibt 's keine Haberer mehr! Die können tun, was sie wollen. Bedeutungsvoll und laut. Mit 'm Geld da schlagt man a jed's Haberfeldtreiben tot. Er zerrt sie ausgelassen am Arme hinaus, der Vorhang fällt sehr schnell.
Ende des zweiten Aktes.
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