Der frum künig Philippus

[169] Im senften ton Cunrat Nachtigals.


7. merz 1545.


1.

Der gütig künig Philippus

aus Macedonia,

von dem schreibet uns Plutarchus

ein historie, da

war ein man, hieß Arkadion.

Der selb dem künig übel ret,

wo er bei leuten war,

und es gar unverschemet tet,

das es wurt offenbar

und in drum warnet iederman,

Das er das lant balt raumen sölt

und niemer darein kem,

dan in der künig strafen wölt.

do entfloh er; nach dem

nach kurzer zeit doch wider kam

dem künig in sein lant.

als des künigs hofgsint vernam,

riet dem künig zuhant,

das er den böswicht solt abton.
[169]

2.

Eins tags der küng spazieren rit

im garten, ongefer

Arkadion, der west sein nit,

kam gegen im daher

und erschrak ob seiner zukunft;

Freuntlich der künig in ansprach,

keins zorens ingedenk,

und schickt im in sein haus darnach

ein königliche schenk,

als wer er aus der freunde zunft.

Nachdem fieng an Arkadion,

wo er bei leuten was,

lobt er den königlichen tron

alzeit über die maß.

eins tags künig Philippus fragt

sein hofgesinde doch,

was Arkadion von im sagt,

ob er in schmehet noch?

sein marschalk antwort mit vernunft:


3.

»Großmechtiger könig und herr,

der man red euer lob

in allen landen nah und ferr

und helt statlich darob

und sagt von euch all er und gut.«

Der künig sprach: »schaut zu, ich bin

ein beßer arzt, dan ir:

ich hab durch mein gütigen sin

gewant sein bös begir,

das er mir guts nachsagen tut.«

Also wirt oft durch güt on scherz

bekeret mit der zeit

ein rachselig, seintselig herz

wider zu freuntlichkeit,[170]

mer dan durch zoren oder rach,

dardurch oft erger wirt

das herz, feintseliger hernach.

rach wider rach gebirt,

das also stillt gütiger mut.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 169-171.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Die Serapionsbrüder

Die Serapionsbrüder

Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica

746 Seiten, 24.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon