Dritter Auftritt.


[185] Godewin, Estrithe.


ESTRITHE.

O Himmel! läßt er mich in Angst und zweifelsvoll?

Verzieh doch, Godewin, sprich was ich denken soll.

Erkläre, was Canut vom Ulfo mir gesaget.

Verräther, du hast ihn wohl mehr als ich verklaget.

Ich kenne schon die Art der Menschen ohne Muth,

Den Schaden thut ihr Mund, den uns ihr Arm nicht thut.

Sie scheuen die Gefahr, sich Rache zu verschaffen

Und an des Schwerdtes statt, sind Reden ihre Waffen.

GODEWIN.

So glaubst du denn von mir nichts, als was mich entehrt?

Werd ich denn stets beschimpft und niemals angehört?

Indeß, da sich mein Herz bemüht für dich zu sprechen,

So sucht das deine stets an mir ein neu Verbrechen.

Bey dieser Qvaal, von dir nicht hochgeschätzt zu seyn,

Ist selber dein Verlust mir nur geringe Pein.

Und doch um diese Qvaal noch härter zu empfinden,

Muß ich dich ohne Schuld und edelmuthig finden.

Prinzeßin, hätt ich wohl mein Unglück ie geglaubt?

So ists kein Trieb von dir, der mir dein Herz geraubt?

So haben Ruff, Betrug und Irrthum sich verschworen,

Daß ich das Edelste, was ich besaß, verloren?

So hat ein falsch Gerücht, das man dir vorgebracht,

In deinen Augen mich verachtungswerth gemacht?

Und da es deine Gunst mir mit der Ehr entrissen,

So hat uns ein Betrug auf ewig trennen müssen?

So ist des Ulfo Glück kein Werk von deiner Wahl?

So gab Canuts Geboth dir ihn zum Ehgemahl?

Und ach! ein solch Geboth ...

ESTRITHE.

Antworte meinen Fragen,

Sprich, hab ich was gesagt, den Ulfo zu verklagen?

Sprach ich den König nicht für ihn mit Demuth an?

Drückt ich nicht deutlich aus, er habe nichts gethan.

Hat nicht Canuts Befehl dem Ulfo mich vermählet?

Was sagt mein Bruder denn, daß ich ihn selbst gewählet?

Brach Ulfo, oder ich hierbey die kleinste Pflicht?

Warum entdeckest du mir dieß Verbrechen nicht?

Vielleicht damit ein Fehl nach schon erlangter Gnade,

Noch unverziehen sey und unverhoffter schade.

GODEWIN.

Verlaß dich doch darauf, daß ihn Canut vergißt.

Was suchst du eine Schuld, die schon getilget ist?[186]

Erlaube daß ich dir den grossen Dienst erzeige,

Und was Canut verschweigt, dir ebenfalls verschweige.

Prinzeßin, forsche nicht, und schone deiner Ruh.

Es ist des Ulfo Fehl, drum schließ die Augen zu.

Halt diese Rechte hoch, die dich und ihn verbinden,

Und hüte dich dafür, ihn strafbar zu befinden.

Glaub nur, ich schätze mich zu edel für das Amt,

Der Zwietracht Mund zu seyn, der Zorn und Haß entflammt,

Mit andern zu entzweyn, wen ich nicht kann gewinnen,

Und in der Eintracht Schooß Unfrieden zu entspinnen.

Wahr ists, ich wünschte mir noch itzt des Ulfo Glück.

Doch mein betrogner Wunsch läßt keinen Neid zurück.

Ich will den Ulfo dir und dich dem Ulfo gönnen,

Nur zeig dich so gerecht, und lern mich besser kennen,

Behalt nicht ungeprüft den schimpflichen Verdacht,

Durch den du mich vorhin unschuldig roth gemacht.

Ich habe meinen Ruhm durch Zagheit nie beflecket,

Ich habe meine Brust den Feinden nie verstecket,

Und hat ein falscher Ruff dein Herz von mir gekehrt,

Die Wahrheit spricht für mich: Ich bleib stets deiner werth.

Befrag nur den Canut, befrage tausend Zeugen,

Such meine Fehler auf, von andern laß uns schweigen.

Hier kömmt auch dein Gemahl, der für mich zeugen kann,

Befrag ihn, ob ich was zu meinem Schimpf gethan.


Quelle:
Johann Elias Schlegel: Ausgewählte Werke. Weimar 1963, S. 185-187.
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