Dritte Szene

[463] In Cymbelines Palast.


Es treten auf Cymbeline, Lords, Pisanio.


CYMBELINE.

Fort! Bringt mir Nachricht, wie es mit ihr steht!

Ein Fieber um des Sohns Abwesenheit,

Ein Wahnsinn, der dem Leben droht – O Himmel,

Wie hart schlägst du mich plötzlich! Imogen,

Mein größter Trost, dahin; die Königin

Liegt auf dem Todesbett; zu einer Zeit,

Da Krieg mir schrecklich droht, ihr Sohn verschwunden,

So unentbehrlich jetzt: es trifft mich schwer

Und hoffnungslos. – Doch du, Gesell, der sicher

Um ihre Flucht gewußt, und jetzt dich stellst[463]

Wie einer, der nichts weiß, dir wird's erpreßt

Durch Folterqual.

PISANIO.

Mein Leben, Herr, ist Euer,

Demütig leg' ich's Euch zu Füßen – doch,

Wo meine Herrin ist, ich weiß es nicht,

Weshalb sie floh, noch wann sie wiederkehrt;

Ich bitt' Eu'r Hoheit, haltet mich für treu!

ERSTER LORD.

Mein König,

Den Tag, als sie vermißt ward, war er hier,

Ich steh' für seine Treu', und weiß, er tut,

Was Untertanen ziemt. Nach Cloten wird

Mit Fleiß und Eifer emsiglich gesucht,

Man findet ihn gewiß.

CYMBELINE.

Die Zeit ist stürmisch:

Für diesmal schlüpfe durch, doch schwebt Verdacht

Noch über deinem Haupt.

ZWEITER LORD.

Eu'r Majestät,

Die röm'schen Legionen sind gelandet

Von Gallien aus, und werden noch ergänzt

Durch röm'schen Adel, vom Senat gesandt.

CYMBELINE.

Oh, jetzt den Rat der Kön'gin und des Sohnes!

Zu viel bricht auf mich ein.

ERSTER LORD.

Mein edler Fürst,

Eu'r Heer ist minder stark nicht als der Feind:

Und kommt auch mehr, seid Ihr für mehr gerüstet!

Man braucht nur die Armee ins Feld zu stellen,

Die eifrig dies begehrt.

CYMBELINE.

Ich dank' Euch! Kommt!

Begegnen wir der Zeit, wie sie uns sucht!

Wir fürchten nicht, was von Italien dräut:

Uns quält der nächste Kummer nur. Hinweg!


Cymbeline und Lords ab.


PISANIO.

Kein Wort von meinem Herrn, seit ich ihm schrieb,

Daß Imogen erschlagen: das ist seltsam!

Auch hör' ich nichts von ihr, die doch mir Nachricht

Versprach zu geben; kann auch nicht erfahren,

Was aus Cloten geworden: alles dies[464]

Macht mich verwirrt. Die Götter mögen helfen!

Durch Falschheit bin ich ehrlich, treu durch Untreu'.

Im Krieg zeig' ich, wie ich Britannien liebe,

Der König rühme selbst mich, fall' ich nicht.

Die Zeit mag, was noch dunkel ist, erhellen:

Heim bringen steuerlos manch Boot die Wellen.


Er geht ab.


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 2, Berlin: Aufbau, 1975, S. 463-465.
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Cymbeline
Cymbeline by Shakespeare, William ( Author ) ON Mar-10-2005, Paperback
CYMBELINE
Cymbeline. Das Wintermärchen. Der Sturm.
Shakespeares dramatische Werke: Elfter Band: König Lear, Troilus und Cressida, Ende gut, alles gut, Zwölfter Band: Othello, Cymbeline, Macbeth

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