[417] Rom, in Philarios Hause.
Posthumus und Philario treten auf.
POSTHUMUS.
Freund, fürchtet nichts: Wär' ich so sicher nur,
Den König zu gewinnen, wie ich weiß,
Daß ihre Ehre sicher ist!
PHILARIO.
Welch Mittel
Gebraucht Ihr, ihn zu sühnen?
POSTHUMUS.
Keins; ich warte
Der Zeiten Wechsel ab, und zittre jetzt
Beim Winterfrost, in Hoffnung wärmrer Tage;
So kränkelnd kann ich nichts als Dank Euch bieten:
Schlägt Hoffen fehl, so sterb' ich Euer Schuldner.
PHILARIO.
Schon Eure Freundschaft, Euer edler Umgang
Zahlt übervoll, was ich getan. Eu'r König
Hat jetzt Augustus' Botschaft. Cajus Lucius
Wird streng, mit Nachdruck sprechen; jener, denk' ich,
Bewilligt den Tribut und zahlt den Rückstand,
Sonst schaut er unser Heer, des Angedenken
Noch frisch in Eurer Kränkung lebt.
POSTHUMUS.
Ich glaube
(Bin ich kein Staatsmann gleich und werd' es nie),
Dies bringt uns Krieg; und Ihr vernehmt wohl eher,
Daß Eure gallischen Legionen landen[417]
In unserm unerschrocknen Vaterland,
Als daß man einen Deut zahlt. Kriegsgeübter
Ist unser Volk, als einst, da Julius Cäsar,
Ihr Ungeschick belächelnd, ihren Mut
Doch finstrer Blicke wert fand: ihre Kriegszucht,
Nunmehr von Mut beschwingt, wird es beweisen
Dem, der sie prüft, sie seien wohl ein Volk,
Das fortschritt mit der Zeit.
Jachimo tritt auf.
PHILARIO.
Seht! Jachimo!
POSTHUMUS.
Die schnellsten Hirsche zogen Euch zu Lande,
Und alle Winde küßten Eure Segel,
Um Euer Schiff zu treiben.
PHILARIO.
Seid willkommen!
POSTHUMUS.
Die rasche Antwort, die Euch wurde, hoff ich,
Führt Euch so bald zurück.
JACHIMO.
Eure Gemahlin,
Sie ist die schönste, die ich je gesehn.
POSTHUMUS.
Dazu die beste; sonst mag ihre Schönheit
Durchs Fenster schaun und falsche Herzen locken
Und falsch mit ihnen sein.
JACHIMO.
Da habt Ihr Briefe.
POSTHUMUS.
Ihr Inhalt ist doch gut?
JACHIMO.
Das glaub' ich wohl.
POSTHUMUS.
War Cajus Lucius an dem brit'schen Hof
Bei Eurer Ankunft dort?
JACHIMO.
Er wurd' erwartet,
Doch war noch nicht gelandet.
POSTHUMUS.
Alles gut. –
Glänzt dieser Stein wie früher? Oder ist er
Zu schlecht für Eure Hand?
JACHIMO.
Verlor ich ihn,
So hätt' ich seinen Wert an Gold verloren.
Gern macht' ich einen Weg, noch mal so weit,
Für eine zweite Nacht, so süß und kurz,
Als mir Britannien gab; mein ist der Ring.
POSTHUMUS.
Zu schwer ist es, dem Steine beizukommen.[418]
JACHIMO.
Nicht, da sich Eure Frau so leicht erfand.
POSTHUMUS.
Macht nicht zum Spaß so den Verlust: ich hoffe,
Ihr wißt, daß wir nicht Freunde bleiben dürfen.
JACHIMO.
Doch, guter Herr, wenn den Vertrag Ihr haltet.
Hätt' ich nicht die Ergebung Eurer Frau
Mit mir gebracht, dann gäb' es freilich Kampf;
Nun nenn' ich mich Gewinner ihrer Ehre;
Und Eures Rings dazu; und nicht Beleid'ger
Von ihr noch Euch, da ich nach beider Willen
Getan.
POSTHUMUS.
Könnt Ihr beweisen, daß Ihr sie
Im Bett umarmt, ist Euer Hand und Ring:
Wo nicht, so muß dafür, daß Ihr so schändlich
Von ihr gedacht, mein oder Euer Schwert
Verloren sein; vielleicht, daß herrenlos
Sie beide liegen für den nächsten Finder.
JACHIMO.
Was ich aussagen kann, ist fast Beweis
Durch jeden Umstand, daß Ihr glauben werdet;
Doch will ich alles noch durch Eid erhärten,
Was Ihr mir, zweifl' ich nicht, erlassen werdet,
Wenn es Euch selber überflüssig scheint.
POSTHUMUS.
Fahre fort!
JACHIMO.
So hört denn: Erst ihr Schlafgemach
(Wo ich nicht schlief, gesteh' ich, doch bekenne,
Erhielt, was Wachens wert) ist rund umhangen
Mit Teppichen von Seid' und Silber, schildernd
Cleopatra, die ihren Römer trifft,
Der Cydnus über seine Ufer schwellend,
Aus Drang der Fahrzeug' oder Stolz: ein Werk,
So reich, so schön gewebt, daß Kunst und Pracht
Ihr Äußerstes getan; mich macht' es staunen,
Wie es so fein und sorgsam ausgeführt,
Ganz wie das Leben selbst; –
POSTHUMUS.
Nun freilich, ja
Doch hörtet Ihr's vielleicht von mir; wo nicht,
Von andern.
JACHIMO.
Manch besondrer Umstand noch
Muß den Beweis verstärken.[419]
POSTHUMUS.
Ja, das muß er,
Sonst kränkt Ihr Eure Ehre.
JACHIMO.
Der Kamin
Ist südwärts im Gemach, und das Kaminstück
Die keusche Dian' im Bad – nie sah ich Bilder
So durch sich selbst erklärt: der Künstler schuf
Stumm, wie Natur, und übertraf sie, ließ
Nur Atem und Bewegung aus.
POSTHUMUS.
Dies alles
Habt Ihr wohl durch Erzählung Euch gesammelt:
Da man viel drüber spricht.
JACHIMO.
Des Zimmers Decke
Ist ausgelegt mit goldnen Cherubim;
Die Feuerböcke (ich vergaß) von Silber,
Zwei schlummernde Cupidos, jeder zierlich
Auf einem Fuß, gestützt auf seiner Fackel.
POSTHUMUS.
Und dies ist ihre Ehre! –
Mag sein, Ihr saht dies alles (und ich lobe
Eu'r gut Gedächtnis), – die Beschreibung dessen,
Was ihr Gemach enthält, gewinnt noch lange
Die Wette nicht.
JACHIMO.
Dann, wenn Ihr könnt, erbleicht:
Er zieht das Armband hervor.
Erlaubt, das Kleinod nur zu lüften: seht! –
Nun ist es wieder fort; mit Eurem Ring
Vermählt sich dies: und mein sind beide.
POSTHUMUS.
Zeus!
Laßt mich's noch einmal sehn: ist es dasselbe:
Was ich ihr gab?
JACHIMO.
Ja, Dank sei ihr, dasselbe:
Sie streift's von ihrem Arm; ich seh' sie noch;
Ihr lieblich Tun war mehr noch als die Gabe,
Und machte doch sie reich; sie gab mir's, sagend:
Sie schätzt' es einst.
POSTHUMUS.
Kann sein, sie nahm es ab,
Um mir's zu senden.
JACHIMO.
Schreibt sie so? Seht nach![420]
POSTHUMUS.
Oh, nein, nein, nein; 's ist wahr. Hier, nehmt das auch;
Er gibt ihm den Ring.
Er ist jetzt meinem Aug' ein Basilisk,
Und tötet mich im Anschaun: – Keine Ehre,
Wo Schönheit; keine Treu', wo Schein; noch Liebe,
Wo je ein andrer Mann: der Frauen Schwur
Hält fester nicht an dem, dem er geweiht,
Als Frau'n an ihrer Tugend; das ist – gar nicht!
O ungeheure Falschheit!
PHILARIO.
Faßt Euch, Freund,
Nehmt Euren Ring zurück; noch ist er Euer:
Kann sein, daß sie's verlor; wer weiß, ob nicht
Ein' ihrer Frauen, die bestochen ward,
Es ihr entwendet hat.
POSTHUMUS.
Gewiß;
Und so, denk' ich, erlangt' er's: – her den Ring!
Nennt mir an ihr ein körperliches Zeichen,
Von mehr Gewicht als dies; dies ward gestohlen.
JACHIMO.
Beim Jupiter! Von ihrem Arm bekam ich's.
POSTHUMUS.
O hört, er schwört; er schwört beim Jupiter.
Wahr ist's; – hier, nehmt den Ring – wahr ist's: o sicher,
Sie konnt' es nicht verlieren: ihre Diener
Sind treu, beeidigt all' – verführt zum Stehlen?
Und durch 'nen Fremden? – Nein; sie war die seine.
Dies ist das Wappen ihrer frechen Lust, –
So teuer kaufte sie den Namen Hure. –
Nimm deine Zahlung, da; und Höll' und Teufel
Mag unter euch sich teilen!
PHILARIO.
Freund, seid ruhig:
Denn dies genügt zur Überzeugung nicht,
Da Ihr des Glaubens –
POSTHUMUS.
Ha! Verliert kein Wort mehr;
Denn seine Buhle war sie.
JACHIMO.
Wenn Ihr fodert
Noch stärkre Proben: unter ihrer Brust
(So wert des Druckes) ist ein Mal, recht stolz
Auf diesen süßen Platz. Bei meinem Leben,[421]
Ich küßt' es, und es gab mir neuen Hunger
Zu frischem Mahl, nach dem Genuß. Erinnert
Ihr Euch des Mals?
POSTHUMUS.
Und Zeuge ist's des Brandmals,
So ungeheuer, wie der Raum der Hölle,
Umschlöss' er nichts als diesen Greu'l.
JACHIMO.
Hört noch mehr!
POSTHUMUS.
Spart Eure Rechnung; zählt nicht auf die Sünden;
Ein Mal, und 'ne Million!
JACHIMO.
Ich schwöre –
POSTHUMUS.
Schwört nicht!
Schwört Ihr, daß Ihr's nicht habt getan, so lügt Ihr;
Und ich ermorde dich, wenn du es leugnest,
Daß du mich hast beschimpft.
JACHIMO.
Ich leugne nichts.
POSTHUMUS.
Hätt' ich sie hier, sie stückweis' zu zerreißen!
Ja, ich geh' hin, und tu's am Hofe vor
Des Vaters Augen! – Etwas will ich tun –
Er geht ab.
PHILARIO.
Der Fassung ganz beraubt! – Ihr habt gewonnen.
Laßt uns ihm nach, die rasche Wut zu wenden,
Die auf sich selbst er kehrt.
JACHIMO.
Von ganzem Herzen.
Sie gehn ab.
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