[31] (Ebendaselbst.)
Palämon und Arcites treten auf den Balkon heraus.
PALÄMON.
Wie geht es, Vetter?
ARCITES.
Sag', wie geht es dir?
PALÄMON.
Noch bin ich stark genug, daß ich das Unglück
Verlachen und des Schicksals böse Laune
Ertragen kann. Wir sind Gefangne hier;
Für immer, fürcht' ich!
ARCITES.
Ja, so scheint es, Vetter,
Auf solch ein Schicksal mach' ich mich gefaßt!
PALÄMON.
O, mein Arcites, wo ist Theben jetzt?
Wo unser edles Land, wo unsre Freunde
Und Anverwandte? Was so theuer uns,
Wir sehen nie es wieder! – niemals mehr
Die tapfern Jünglinge beim Waffenspiel,
Geschmückt mit den Devisen ihrer Schönen,
Beflaggten Schiffen unter Segeln gleich,
Und wir als frischer Ostwind unter ihnen,
Der träger zieh'nden Wolkenschar voraus,
Arcit-Palämon, den lautschall'nden Beifall
Der Menge überholend geilen Sprungs
Und schneller uns den Siegeskranz erobernd,
Als noch der Wunsch entstand, er schmücke uns.
Wir beide, – Zwillinge der Ehre, sollen
Nun nicht mehr unsre guten Waffen proben,
Nicht Rosse, stolzer als des Meeres Flut,
Mehr bändigen, und unsre guten Schwerter,
Wie bess're der rothäug'ge Kriegesgott,
Getragen nie und die man uns geraubt,
Sie sollen in den Tempeln nun der Götter,
Die uns verfolgen, rosten; unsre Hand
Soll sie mit Blitzesleuchten nicht mehr zücken
Und ganze Heere schrecken!
ARCITES.
Ja, Palämon,
Die Hoffnung liegt jetzt hier mit uns gefangen.
Hier wird der Jugend Blüte uns verwelken,
Wie ein zu früh gekommner Lenz; hier uns[31]
Das Alter finden (wehe!) unvermählt!
Des holden Weibes zärtliche Umarmung,
Ihr Kuß, der Gattenliebe Seligkeiten
Sind uns versagt, versagt das Vaterglück!
Wir werden unsre Knaben niemals lehren,
Wie junge Adler auf den Glanz der Waffen
Den Blick zu richten, niemals ihnen sagen:
»Denkt eurer Väter, kämpft und siegt wie sie!«
Schönäug'ge Jungfrau'n werden uns beweinen,
Dem blinden Glück in ihren Liedern fluchen,
Bis es erkennt, wie schwer es sich verging
An Jugend und Natur. – Hier unsre Welt!
Wir beid' allein und niemand außer uns.
Nichts hören, als den Glockenschlag der Uhr,
Die uns die Stunden unsres Elends zählt.
Der Sommer kommt in aller seiner Pracht,
Doch um uns her bleibt's todeskalter Winter!
PALÄMON.
Ach! nur zu wahr, Arcit. In Thebens Wäldern
Wird unsrer Hunde Klaffen nicht das Echo
Mehr wecken, werden wir den scharfen Spieß
Nicht schleudern mehr, wird nicht der wilde Eber,
Von ihm getroffen, mit des Partherpfeils
Geschwindigkeit vor unsrem Wurfe fliehn.
Die tapfern Spiele, edler Geister Nahrung
Und täglich Brot, für uns sind sie dahin!
Und endlich sterben wir – was ja das Schlimmste
Des Ruhmes ist – vergessen und als Kinder
Des Elends!
ARCITES.
Ja, Palämon. Dennoch steigt
Selbst aus der Tiefe dieses herbsten Schicksals,
Das uns betreffen konnte, noch ein Trost
Und Segen! Mit der Götter Hülfe tragen
Wir's in Geduld und tragen es vereint!
Solange du bei mir, scheint dieser Ort
Mir ein Gefängniß kaum!
PALÄMON.
Ja, wahrlich, Vetter,
Ein großes Glück, daß uns dasselbe Los
Gemeinsam traf. Denn wenn zwei edle Seelen,
Im Leib getrennt, des Schicksals Wuth erleiden,
So wachsen sie zusammen, werden – können[32]
Nicht untergehn. Ein stillgefaßter Mann,
Er stirbt im Schlaf und alles ist vorbei!
ARCITES.
Wir wollen würdig nützen diesen Ort,
Der jedermann verhaßt ist.
PALÄMON.
Wie, mein Lieber?
ARCITES.
Laß dies Gefängniß wie ein Heiligthum
Uns ansehn, das uns vor Verführung schützt.
Wir sind noch jung und möchten gern die Wege
Der Ehre wandeln, nicht durch lose Reden,
Durch unbeschränkte Freiheit, die ein Gift
Für reine Seelen sind, wie Buhlerei,
Seitab gezogen werden. Diesen Segen
Verschafft uns sinnige Betrachtung hier.
Wie eine unerschöpflich reiche Mine
Sind wir einander, sind uns Gattinnen,
Sind Väter, Freunde, sind Familie uns, –
Mein Erbe du, der deine ich; hier wird
Kein Unterdrücker unsre Erbschaft uns
Zu nehmen wagen. Ruhig können wir,
Wenn wir geduldig sind, hier lange leben
Und lange lieben ohne Ueberdruß;
Hier rührt die Faust des Kriege keinen an,
Und niemand wird vom wilden Meer verschlungen. –
Wenn frei wir wären, ei, wie leicht könnt' da
Ein Weib uns, oder etwas sonst uns trennen,
Streit uns entzweien, böser Menschen Neid
Sich drängen zwischen uns. – Es wäre möglich,
Daß, würd' ich krank, du nichts davon erführest,
Und stürb' ich, deine Bruderhand mir nicht
Die Augen schlösse, zu den Göttern du
Nicht für mich flehtest! Wären wir nicht hier,
Wir wären tausend Wechseln unterworfen!
PALÄMON.
Ich danke dir, Arcit. Du hast mich fast
Dahin gebracht, Gefangenschaft zu lieben.
Wie elend nun, da draußen frei zu leben,
Dem dummen Viehe gleich bald hier, bald dort;
Ein bess'rer Aufenthalt ist diese Burg!
Nun ward mir klar, wie nichtig alle Freuden
Doch sind, die nur zur Eitelkeit verlocken!
Der Welt möcht' ich's verkünden, sie sind nichts
Als prächt'ge Schatten, so die Zeit, die alte,[33]
Die nimmer ruht und rastet, mit sich nimmt.
Wenn wir an Kreon's Hof geblieben wären,
Wo Sünde Recht und Thorheit Tugend ist,
Was wär' aus uns geworden? Liebster Vetter,
Hätt' nicht die Gnade Gottes diesen Ort
Für uns hier ausgewählt, so wären wir
Als alte böse Menschen einst gestorben,
Beweint von niemand, – unser Epitaph
Des Volkes Fluch. Wie, sage ich nicht wahr?
ARCITES.
Sprich immer weiter nur, ich hör' so gern!
PALÄMON.
Vernahm man je von Zweien, die sich mehr
Als wir geliebt, Arcit?
ARCITES.
Das ist unmöglich!
PALÄMON.
So wie's unmöglich ist, daß unsre Freundschaft
Je schwinden könnte!
ARCITES.
Bis zum Tode nicht!
(Emilia und ihre Zofe treten unten auf.)
Und dann gehn unsre Seelen hin zu jenen,
Die ewig lieben. Rede, lieber Bruder!
EMILIA.
O, gar zu schön ist es im Garten hier!
Wie heißt die Blume da?
ZOFE.
Narcisse, Fräulein!
EMILIA.
So hieß ein schöner Jüngling, doch er war
Ein Narr und in sich selbst verliebt. Gab es
Denn Mädchen nicht genug?
ARCITES (oben).
Fahr fort!
PALÄMON.
Sogleich!
EMILIA (unten).
Wie? Oder wären alle unerbittlich
Gewesen!
ZOFE.
Schwerlich, denn er war ja schön.
EMILIA.
Du wärst nicht so gewesen?
ZOFE.
Wahrlich nicht!
EMILIA.
Ein gutes Mädchen! Aber sieh dich vor
Und sei auch nicht zu gut!
ZOFE.
Warum nicht, Fräulein?
EMILIA.
Die Männer sind so schlimm!
ARCITES (oben).
Sprich, lieber Vetter!
EMILIA (unten).
Kannst du mit Seide solche Blumen sticken?
ZOFE.
O ja!
EMILIA.
Ich möcht' ein Kleid, bestickt mit diesen[34]
Und diesen da. O, welche schöne Farbe,
Die muß auf einem Kleid sich prächtig machen!
ZOFE.
Vortrefflich!
ARCITES (oben).
Vetter, Vetter, höre doch!
Was ist dir?
PALÄMON.
O Arcit, erst jetzt, erst jetzt
Fühl' ich gefangen mich!
ARCITES.
Was sagst du da?
PALÄMON.
Dort, dort, schau hin, – beim Himmel, eine Göttin!
ARCITES.
Was seh' ich? Ha!
PALÄMON.
Auf deine Knie sink'
Und bet' sie an, denn eine Göttin ist's!
EMILIA (unten).
Von allen Blumen ist die Rose doch
Die herrlichste!
ZOFE.
Warum das, edles Fräulein?
EMILIA.
Sie ist der zarten Jungfrau Ebenbild,
Denn ihren Kelch erschließet züchtig sie
Des Westwinds sanftem Wehn und fängt den Strahl
Der Sonne auf in lieblichem Erröthen;
Doch rührt der ungestüme Nord sie an,
Verbirgt erschreckt sie ihre Reize schnell
Im Knospenhaus und streckt dem Wilden nur
Den scharfen Dorn entgegen.
ZOFE.
Aber, Fräulein,
Zuweilen geht der Schreck bei ihr so weit,
Daß sie zu Boden fällt. Ein jedes Mädchen
Von Ehre thäte gut, sie nähm' an ihr
Kein Beispiel sich.
EMILIA.
Du bist ein loses Ding.
ARCITES (oben).
Wie wunderschön sie ist!
PALÄMON.
Die Schönheit selbst!
EMILIA (unten).
Hoch steht die Sonne schon, gehn wir hinein.
Die Blumen hebe auf, wir wollen sehn,
Ob's unsrer Kunst gelingt, sie nachzuahmen.
Wie leicht zu Muth mir ist, ich könnte jauchzen!
ZOFE.
Und ich im Gras mich wälzen!
EMILIA.
Mit noch Einem?
ZOFE.
Das käm' drauf an!
EMILIA.
Nun, such' dir einen Partner!
(Emilia und die Zofe ab.)[35]
PALÄMON.
Ist sie nicht schön?
ARCITES.
Wahrhaftig, selten schön!
PALÄMON.
Nur selten?
ARCITES.
Nein, ich meine unvergleichlich!
PALÄMON.
Muß da nicht jeder ganz in Lieb' zerfließen?
ARCITES.
Ich weiß nicht, wie es dir ergeht, doch ich
Bin völlig hin. Verdammt sei'n meine Augen,
Jetzt fühl' ich meine Fesseln erst!
PALÄMON.
Du liebst sie?
ARCITES.
Wer liebt sie nicht?
PALÄMON.
Und möchtest sie besitzen?
ARCITES.
Ja, lieber noch als frei sein!
PALÄMON.
Ich hab' sie
Zuerst gesehn!
ARCITES.
Was kümmr' ich darum mich!
PALÄMON.
Du mußt!
ARCITES.
Ich sah sie auch!
PALÄMON.
Doch sollst du sie
Nicht lieben!
ARCITES.
Nicht wie du, anbeten nicht,
Als eine segensreiche Himmelsgöttin.
Ich liebe sie als Weib, will sie besitzen,
So können wir sie beide lieben!
PALÄMON.
Nein,
Du sollst sie gar nicht lieben!
ARCITES.
Gar nicht lieben?
Wer will es mir verwehren?
PALÄMON.
Ich, der sie
Zuerst erblickte, der von diesen Reizen,
Die sie den Menschenkindern offenbart,
Zuerst Besitz ergriff mit meinen Augen.
Wenn du sie liebst, dich in den Weg mir stellst,
So bist du ein Verräther, bist ein Bube,
Falsch, wie dein Recht auf sie. Von Freundschaft, Blut,
Von allen Banden zwischen dir und mir
Sag' ich mich los, wenn du an sie nur denkst!
ARCITES.
Ich liebe sie, und gälte es mein Leben,
Von ganzer Seele müßte ich sie lieben!
Verlier' ich dadurch dich, leb' wohl, Palämon!
Noch einmal sag' ich dir, ich liebe sie,
Denn frei bin ich, bin würdig sie zu lieben,[36]
Und hab' dasselbe Recht auf ihre Schönheit,
Als irgendein Palämon, oder sonst
Ein andrer!
PALÄMON.
Nannt' ich je dich meinen Freund?
ARCITES.
Ja wohl, und hast mich immer so befunden!
Was bist du so erregt? Laß uns doch ruhig
Zusammenreden. Bin ich nicht ein Theil
Von deinem Blute wie von deiner Seele?
Hast du nicht selbst gesagt, ich sei Palämon
Und du Arcit?
PALÄMON.
Ja wohl!
ARCITES.
Theil' ich nicht alles
Als Freund mit dir, was dich erfreut, bekümmert,
Erzürnt und ängstigt?
PALÄMON.
Ja, ich geb' es zu!
ARCITES.
Und warum willst du nur im Punkt der Liebe
So selbstisch, feindlich, so unritterlich
Mit mir verfahren? Meinest du vielleicht
Ich sei nicht werth gewesen, sie zu sehn?
PALÄMON.
O nein, doch gibt dir das allein kein Recht!
ARCITES.
Nimm an, ein andrer hätt' den Feind zuerst
Erblickt, soll ich zum Schaden meiner Ehre
Mich etwa dann des Kampfs mit ihm enthalten?
PALÄMON.
Ja, wenn's nur Einer ist!
ARCITES.
Doch wenn der Eine
Mich grade sucht?
PALÄMON.
So möge er es sagen,
Dann geb' ich Freiheit dir, – doch wenn du sonst
Ihr nachstellt, bist du ein infamer Bube,
Ein Landverräther, ein verdammter Schurke!
ARCITES.
Du bist von Sinnen!
PALÄMON.
Ja, gewiß, ich bin's,
Bis du vernünftig wirst. 's hat mich gepackt;
Es wär' nicht zu verwundern, wenn ich mich,
Toll wie ich bin, an dir vergriffe!
ARCITES.
Pfui!
Du redest wie ein Kind. Ich will und werde
Und muß sie lieben; darauf wag' ich es,
Es ist mein Recht!
PALÄMON.
O, wär' dein falsches Ich
Und wäre ich, dein Freund, nur Eine Stunde[37]
In Freiheit, daß wir nach den Schwertern greifen
Und fechten könnten, – lehren wollt' ich dich,
Was es bedeutet, andern Liebe stehlen.
Du bist ja schlechter als ein Beutelschneider!
Steck' noch einmal durchs Fenster deinen Kopf,
So nagl' ich ihn ans Brett, so wahr ich lebe!
ARCITES.
Das wagst und kannst du nicht, dazu bist du
Zu schwach. Nicht durch das Fenster meinen Kopf?
Den ganzen Leib steck' ich hindurch und springe,
Wenn ich sie kommen sehe, in den Garten
Gerad in ihre Arme, dir zum Trotz!
PALÄMON.
Genug! Der Kerkermeister kommt. Ich werde
Dir noch mit meinen Ketten das Gehirn
Einschlagen!
ARCITES.
Thu's!
(Kerkermeister tritt auf.)
KERKERMEISTER.
Verzeihet, edle Herrn, –
PALÄMON.
Was gibt es, Kerkermeister?
KERKERMEISTER.
Herzog Theseus
Verlangt nach Prinz Arcites. Was er will,
Kann ich nicht sagen!
ARCITES.
Wohl, ich folge dir!
KERKERMEISTER.
So muß ich Euren Freund Euch, Prinz, ein Weilchen
Entführen!
(Kerkermeister ab mit Arcites.)
PALÄMON.
Nehmt ihn fort, auch mich meintwegen,
Und wenn's zum Tode wäre. Doch weshalb
Schickt man nach ihm? Will man sie nicht vielleicht
Zum Weib ihm geben? Er ist wohl gestalt't,
Sein Aussehn, seine Herkunft hat dem Herzog
Vielleicht gefallen? – Aber welche Falschheit!
Wie kann ein Freund so schlecht, so treulos sein?
Wenn er sich dadurch ein so herrlich Weib
Erringen kann, so mögen Ehrenmänner
Nur nicht mehr lieben. Könnt' ich doch noch einmal
Die Holde sehn! O, du gelobter Garten,
Ihr Früchte, Blumen, wie seid ihr gesegnet,
Ihr blüht und reifet unter ihren Augen!
Ich gäbe all mein künft'ges Glück darum,
Wär' ich die blüh'nde Aprikose dort,[38]
Das kleine Bäumchen. In ihr Fensterlein
Wollt' ich sehnsüchtig meine Zweige strecken,
Ihr Früchte tragen, hoher Götter würdig,
Die Jugend ihr und Freude bringen sollten,
Wenn sie sie kostete; vor allen selig
Wollt' ich sie machen, ja den Göttern gleich,
Daß diese selber sie beneiden müßten!
(Der Kerkermeister kommt zurück.)
Dann würde sie mich lieben! – Meister, sagt,
Wie steht es mit Arcit?
KERKERMEISTER.
Er ward verbannt!
Pirithous erbat für ihn die Freiheit,
Doch mußt' er sich einen Eid verpflichten,
Mit keinem Fuß dies Land mehr zu betreten.
PALÄMON.
Er ist ein Kind des Glücks! Nun kann er wieder
Nach Theben gehn und unsre jungen Krieger
Aufrufen zu den Waffen, daß sie sich
Wie Feuersäulen stürzen auf den Feind.
Ja, er hat Aussicht nun, ein würd'ger Freier
Zu werden, wenn er Schlachten für sie kämpft.
Verlör' er sie, so wäre er ein Feigling.
Ich wollt' so Großes, Herrliches vollbringen,
Daß sich die Jungfrau, die erröthende,
Zum Manne wandeln und versuchen sollte
Gewalt mir anzuthun!
KERKERMEISTER.
Ich habe, Herr,
Für Euch noch einen Auftrag!
PALÄMON.
Was für einen?
Sollst du mich tödten?
KERKERMEISTER.
Nein, nur fort Euch bringen
Von diesem Ort, hier sind zu viele Fenster!
PALÄMON.
Der Teufel hole diese neid'sche Brut!
Viel lieber tödte mich.
KERKERMEISTER.
Um selbst nachher
Dafür zu hängen!
PALÄMON.
Hätt' ich nur ein Schwert,
So tödtete ich dich!
KERKERMEISTER.
Warum, mein Prinz?
PALÄMON.
Du bringst nur immer Böses mir und bist
Nicht werth zu leben. Nein, ich gehe nicht![39]
KERKERMEISTER.
Ihr werdet müssen!
PALÄMON.
Kann man dort den Garten
Auch sehen!
KERKERMEISTER.
Nein!
PALÄMON.
Nun wohl, so bleib' ich hier!
KERKERMEISTER.
Dann werd' ich mit Gewalt Euch weiter schaffen,
Und widersetzt Ihr Euch, Euch stärker fesseln!
PALÄMON.
Thu's immerhin, die Fesseln schüttl' ich ab;
Und schlafen sollst du nicht, solch einen Tanz
Führ' ich dir auf! – So muß ich wirklich gehn?
KERKERMEISTER.
Ich seh' kein andres Mittel!
PALÄMON.
Nun, leb' wohl,
Du liebes Fenster! Möge nie ein Sturm
Dir schaden. Holde Dame meines Herzens,
Wenn jemals du erfahren hast, was Leid,
So träume von dem meinen! – Komm, begrab' mich!
(Beide ab.)
Ausgewählte Ausgaben von
Die beiden edlen Vettern
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