Am Grabe Desselben

[108] Am 4ten Oktob. 1800.


Da liegt Er! tiefe, tiefe Klagen

Erfüllen laut die Luft,

Den edelsten von Teutschlands Fürsten

Deckt diese kalte Gruft!1


Zu frühe kürzt' sein schönes Leben,

O Parze! deine Hand;

Der Wehmuth blut'ge Thräne fließet

Auf seines Grabes Sand.
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Kein Fürst war dieser Thränen werther

Als der, um den sie rinnt;

Kein Geist geniest dort höh're Freuden

Als Christians Freuden sind!


Ha! keine Muse wagt's zu sagen,

Wen dieses Grab umschließt;

Zu groß für jedes Lob der Erde

War der, den es umschließt.


Wölbt über seinem Aschenhügel

Ein Epitaphium; –

Kein ungeweih'ter Fußtritt nahe

Sich diesem Heiligthum!


Nur Dankbarkeit und Liebe sollen

Ihm ihre Thränen weih'n,

Sie tränken die Zypressenkränze

Um seinen Leichenstein.


Er gieng zu höh'ren Regionen

In's beßre Leben ein.[110]

Sein Name soll uns ewig theuer,

Mir soll er heilig seyn!


Ich pflanze Veilchen, blasse Rosen

Mit thränennasser Hand,

Mit wehmuthsvoller Dankempfindung

Auf meines Fürsten Sand!


Vergebens ruft mit bangen Klagen

Mein Schmerz ihn laut zurück,

Gesang ist sein Geschäft, und Liebe

In Ewigkeit sein Glück! –

Fußnoten

1 Unter allen denen, die das Glück genossen haben, diesen trefflichen Fürsten zu kennen, dessen Geistes-und Herzensvorzüge der Humanität seines Charakters entsprachen, wird mich hier gewiß keiner einer Partheilichkeit – einer niedrigen Schmeichelei beschuldigen. O daß meine Muse Kraft und Aufschwung genug gehabt hätte, um diesem großen Fürsten ein seiner würdiges Vergißmeinnicht auf den Grabhügel zu pflanzen!


Quelle:
Elise Sommer: Poetische Versuche, Marburg 1806, S. 108-111.
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