Andere Ecloga oder Hirten-gesang, darin gemelte Hirten Gott loben bey jhren Schäfflein, vnd jhr lieb zu Gott anzeigen

[189] Eingang.


Wan offt von klarem hi iel-schweiß

An schönen Sommer-tagen/

Die morgen perlen rund/ vnd weiß

Gar schön zertröpfflet lagen:

Die Sonn schoß ab so manchen stral/

Vnd mehr vnd mehr erglitzet/[189]

Da schwanden eylends ohne zahl/

Die tröpfflein gar erhitzet.

Auff/ auff/ alsdan der Damon sprach/

Auff/ auff zun grünen wasen:

Laßt vnser Schäfflein allgemach

In flachen Heyden grasen.

Drauff Halton bließ auff süssem halm:

Gleich der/ gen den/ sich bäumet/

Vnd beyd in gleichem Hirten-psalm

Noch der/ noch der sich säumet.


Der Hirt Halton hebet an.


O Damon schöner mitgespan/

Den pfeiffen/ vnd schalmeyen

Vns lasset heut auff grünem plan

Den athem süß verleyhen.

Vns laßt mit bestem hirten-klang;

Mit best-gefügten reymen/

Daß meisterlich zun ohren prang/

Auff hirtisch weidlich leimen.


Der Hirt Damon.


Ach Halton/ ich von hertzen gern

Den pfeiffen/ vnd schalmeyen

Wil heut/ daß es erschallet fern/

Ein lüfftlein süß verleyhen.

Nur lasset vns auff diesem plan

Dem Schöpffer weißlich dancken/[190]

Alweil die Schäfflein weiden gahn/

In jenen grünen schrancken.


Der Hirt Halton.


Den Schöpffer lob ich alle tag/

Noch vor der Sonnen-wagen/

Noch ehe sie recht sich schmücken mag

Mit gülden kröß vnd kragen/

Noch ehe die morgenstunden klar

Von warmer Osten-seiten

Entbinden jhr die gelben haar/

Vnd breit in lüfften spreiten.


Der Hirt Damon.


Den Schöpffer lob ich auch zumahl

Wan klar die Sonn sich zeiget/

Vnd frewdig mit so manchem stral

Das blaw gewölb ersteiget.

Wan sie geschmückt mit vollem glantz

Volführet jhre reyen/

Vnd wir erspielen manchen Crantz/

Besteckt mit grünen meyen.


Der Hirt Halton.


Den Schöpffer lob ich eben sehr/

Wan Sonn sich wider bieget/

Vnd auff gesenckter niderkehr

Den matten Wagen wieget.[191]

Wan wir bey sanfftem abend-sang

Nach hauß die Schäfflein treiben/

Vnd wachsen alle schatten lang/

Gezielt von kurtzen leiben.


Der Hirt Damon.


Den Schöpffer lob ich gleicher weiß/

Wan ich zu nacht gewecket

Schick auff nit wenig seufftzer leiß

Zun Sternen angestecket/

Wan friedlich vnser Herd/ vnd schaff

Nach späthem widerkawen/

Bereuschlet mit gelindem schlaff/

Die süsse Weid verdawen.


Der Hirt Halton.


Dem Schöpffer frey nun trettet her/

Trett her jhr wüllen schaaren:

Vnd jhn auch preiset mit geplerr/

Euch thut zum tantz verparen:

Vor jhm nur frisch v frewdig springt

Nun flechtet jhm den Reyen/

Euch weil der schöne Damon klingt/

Vnd Halton auff Schalmeyen.


Damon.


Frisch auff jhr zarte Lämmerlein/

Springt auff/ auff grünen wasen/

Frisch auff jhr weisse Brüderlein/[192]

Wir euch nun lieblich blasen.

Wir euch noch wollen ebenfals

Mit bestem schmuck hoffiren/

Vnd euch die reine stirn/ vnd halß

Mit grünen Cräntzlein zieren.


Halton.


Alsdan mit bester zier geschmuckt

Noch bas in frewden springet:

Dem Schöpffer feyret vnverzuckt/

Vnd jubel groß volbringet.

Zu jhm noch bas mit plerren rufft/

Zu jhm euch thut erheben/

Der euch gerückt an süssen lufft

An süsses liecht vnd leben.


Damon.


Er kleidet euch die Röcklein an/

Zu seinem wolgefallen:

Gleich schawet man im grünen gahn

Die weisse wüllen ballen.

Mit weissen wüllen Federlein

Er euch die Fell verbrämet.

Von weichem schnee gantz oben rein/

Als wärens abgefämet.


Halton.


Er wicklet euch in sanffte Beltz/

Frisch new/ noch vnbeschoren:[193]

Vmbzinglet euch die nackent hälß

Mit lind-gekä iten haaren/

Er härtet euch die kläwlein zart

Gar sittlich auffgesplissen;

Da trettet jhr auff grüner fahrt

Nach weid/ vnd grünen bissen.


Der Hirt Damon.


Er euch zur nahrung thal vnd berg

Vnd felder hinderlasset/

Da schlagen wir euch in die pferch/

Vnd jhr gar friedlich prasset.

Er giesset auß die bächlein schwanck/

Er macht die brünnlein spritzen:

Da nehmet jhr dan kühlen tranck

Bey warmer Sommer-hitzen.


Der Hirt Halton.


Er schencket euch gar manchen baum/

Da drunden jhr euch schattet/

Wan jhr den stralen machet raum/

Weil euch die Sonn ermattet.

Er euch vor vnbenantem fraß

Mit seiner hand beschirmet;

Sonst würdet jhr auff grüner straß

Wol blütig offt gefirmet.


Damon.


Er segnet euch/ jhr mütterlein/[194]

Mit säugling wol ersprossen:

Er segnet euch/ jhr Lämmerlein/

Mit gleichen brust-genossen.

Er quellet auff die dütten rund/

Mit süß- vnd weissen gaben:

Da machet jhr dan süssen mund

Jhr zarte wüllen-knaben.


Der Halton.


Er schaffet allen jhre speiß/

Er nehret alle seelen:

Deß geben wir jhm ehr/ vnd preiß/

Vnd mögens nit verhälen.

Wir jhm auff hälmen vnd geröhr

Durch alle noten schweiffen/

Vnd (so villeicht mans lieber hör)

Auch auff gesäckten pfeiffen.


Der Hirt Damon.


Wir jhm zu lob auff grünem feldt

Je späth/ je zeitig feyren/

Vnd je dan eintzel/ je gesellt

Auch brauchen Harpff/ vnd Leyren/

Wir auch die gelbe seiten schwanck

Mit süsser stimm vermählen/

Wan wir mit reinem brunnen-tranck

Erfrischen halß/ vnd kehlen.


[195] Halton.


Ach! daß nur jhm/ daß nur allein/

Ach! nur daß jhm gefiele/

Was ich zu lob/ vnd ehren sein

Bey meinen Schäfflein spiele;

Ja frey/ den besten Hammel mein

Noch heut ich drumb wolt geben/

Vnd ja die schönsten Lämerlein

Noch drey/ vnd drey darneben.


Damon.


Vnd solt nun auch dem Schöpffer gut

Nit eben gar mißfallen/

Was ich bey meiner Herden hut

Auch hertzlich pflag erschallen;

Ja frey/ den besten Hirten-hundt

Auch ich noch drumb wolt geben/

Vnd ja der längsten pfeiffen rund

Noch dreymahl drey darneben.


Halton.


Ach Damon/ wan die Schaff zu hand

Den grünen grund bescheren/

Fühl ich so süssen hertzen-brand:

Zu Gott steht mein begeren/

Von jhm kombt mir so reines fewr

In marck vnd bein gekrochen/

Das quälet mich fast vngehewr/[196]

O wee/ kans nit verkochen!


Damon.


Ach Halton/ wan die Schaff zuhand

Der kühlen Born verkosten/

Auch mich laßt er in gleichem brand/

Auff gleichen kohlen rosten.

Von jhm auch mir ko it gleiches fewr

In blut/ vnd mut geschleichen/

Daß wütet eben vngehewr/

O wee/ kan jhm nit weichen!


Halton.


Nun schaw/ die Sonn zu gnaden geht/

Vnd wil zu wasser tauchen:

Die Schloot/ vnd Kä iig eben späth

Rings vmb jhn dörffen rauchen.

Man kochet vns die nachten-speiß/

Vns laßt nun heimwarts kehren/

Der brand in meinem hertzen heiß

Sich wird noch wol vermehren.


Damon.


Ja/ lieber/ ja/ laßt kehren heim/

Vnd laßt die Schäfflein zehlen

Zu recht/ ich kan doch sagen keim/

Wie Lieb mich stäts thut quälen.

O schöner Gott/ weil dich nit seh/

Zumahl ich bin in peinen/[197]

Nach dir ist meinem hertzen wee/

Wan sonn/ vnd sternen scheinen.

Quelle:
Friedrich Spee: Trutznachtigall, Halle a.d.S. 1936, S. 189-198.
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Sämtliche Schriften: Trutz-Nachtigall: Bd 1

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