Anders lob auß den vvercken Gottes

[144] 1.

Ein liedlein süß wolt stimmen an/

Ihr wolgespante seiten/

Ihr Lauten/ Geigen/ Dulcian/

Ihr Cymbel/ harpff/ vnd fleuten/[144]

Posaun/ Cornet/ Trompeten klar/

Auch hörner krum gebogen/

Gott loben sollet jhr fürwar/

Sagt an waß euch will frogen.


2.

Wer hat in gold- vnd silber-stück/

Die Sonn/ vnd Mon gekleidet?

Wer hats gemacht so schnell/ vnd flück/

Daß nie kein pfeil erleidet?

Wer hat die sternen zündet an?

Wer hats gezehlt mit namen?

Wer hats mit wesen angethan!

Da sie von nichten kamen?


3.

Wer läret auß den vollen Mon?

Wer schleiffet jhm die spitzen?

Wer heist die flüß von felsen gahn?

Wer macht die brünlein spritzen?

Wer wicklet hoch in wolcken ein/

Die spitz der wilden bergen?

Wer thut den lieben Sonnenschein/

Mit schwartzer nacht verhergen.


4.

Wer färbet vns die morgenröth/

Mit purpur zart gerieben?

Wer thut/ waß vnß die nacht getödt/[145]

Ans liecht bald wider schieben?

Wer heißt von wolcken springen ab

Die blitz in eyl entflogen?

Wer zuckt die wind in vollem trab?

Wer spannt den regen-bogen?


5.

Wer wirfft auß beyden händen voll

Reiff/ hagel rund gefroren?

Wer spinnet vns die winter-woll/

Den schnee so rein geschoren?

Wer zäumet auff mit eyß vnd kält

Die stoltze wasser-wogen?

Wer ist ders meer in züchten hält/

Wans komt in gri i gezogen.

6.

Wer gibt der erden lebens krafft

Daß nie von alter sterbe?

Wer träncket sie mit wolcken safft/

Daß nie von hitz verderbe?

Wer nehret wild/ vnd zahmes vieh?

Wer sorget jhn die speisen?

Daß endlich doch noch manglet nie/

Wie deutlich steht zu weisen?


7.

Allein/ allein ist vnser Gott/

Der thaten groß verrichtet:

So bald nur schallet sein gebott;[146]

All streit ist schon geschlichtet.

Da lauffens jhm in eyl zuhand

Geschöpff nach seinen sinnen;

Voll seiner krafft wird alles land/

Viel wunder da beginnen.


8.

Sein will/ vnd werck im selben schritt/

Im selben glid passiren/

Kein härlein eins vors ander tritt/

Mag ihm ja nichts falliren.

Waß er dan wil/ thut er behendt

In gleichem punct verrichten:

Was er auch wil/ thut vnverwendt

In gleichem punct zernichten.


9.

Drumb nur zu loben fanget an

Ihr wolgespante seiten/

Ihr lauten/ geigen/ dulcian/

Ihr cymbel/ harpff/ vnd fleuten/

Posaun/ cornet/ trompeten klar/

Auch hörner krum gebogen/

Gott loben sollet jhr fürwar/

Waß wil man weiters frogen?

Quelle:
Friedrich Spee: Trutznachtigall, Halle a.d.S. 1936, S. 144-147.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Trutznachtigall
Sämtliche Schriften: Trutz-Nachtigall: Bd 1

Buchempfehlung

Holz, Arno

Die Familie Selicke

Die Familie Selicke

Das bahnbrechende Stück für das naturalistische Drama soll den Zuschauer »in ein Stück Leben wie durch ein Fenster« blicken lassen. Arno Holz, der »die Familie Selicke« 1889 gemeinsam mit seinem Freund Johannes Schlaf geschrieben hat, beschreibt konsequent naturalistisch, durchgehend im Dialekt der Nordberliner Arbeiterviertel, der Holz aus eigener Erfahrung sehr vertraut ist, einen Weihnachtsabend der 1890er Jahre im kleinbürgerlich-proletarischen Milieu.

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon