Anders lob Gottes; vnd ist der 48. Psalm Dauids Poëtisch auffgesetzt

[141] 1.

Nun lobet Gott von himmel ab

Ihr Gottes edel knaben/

Euch er den Geist vnd wesen gab/

O wol der schönen gaben!

Euch er mit lauter frewden fla i

Mit lüsten thät vmbgeben;

Für frewden groß jhr allesamm

Ohn vnderlaß thut beben.


2.

Auch lobe Gott du gelbe schaar/

Ihr sternen wolgezündet:

Du Sonn/ vnd Mon/ jhr kuglen klar/

Ihr circkel wolgegründet.

Ihr himmel/ weit/ vnd breit erleucht

Ihr tempel wol gezieret/

Rund vber euch mit wasser feucht

Von aussen verglasieret.
[141]

3.

Nun preiset jhn mit klarem schein

Thut jhm der gnaden dancken:

Waß er gebeut muß fertig sein/

Muß ewiglich nit wancken.

Er sprach so gar ein kleines wort

Klein vnder alle massen/

Da spranget jhr auß nichten fort/

Vnd liefft in runden strassen.


4.

Drinn lauffet jhr noch heut zu tag/

Vnd webet vnß die zeiten/

Thut mit geschecktem vnderschlag

Den tag/ vnd nacht bereiten.

Er zeichnet euch die zihl vnd maß/

Er weiset euch mit sinnen;

Da wircket jhr ohn vnderlaß/

Waß Sonn/ vnd Sternen spi en.


5.

Auch lobet Gott von erden auff

Jhr Drachen auß den klufften;

Ihr Walfisch/ tieff auß saltzem sauff;

Wind/ sauß/ vnd brauß in lufften:

Auch hagel weiß/ auch flocken greiß

Von schnee vnd eyß entzogen:

Auch dämpff/ vnd fewr/ blitz ungehewr/

Zusampt dem regen-bogen.
[142]

6.

Auch lobet jhn jhr stoltze berg/

Ihr hoch/ vnd starke risen:

Auch kleine bühlein/ kleine zwerg/

Auch flaches feld/ vnd wisen.

Auch grüne stauden/ bäum/ vnd zweig/

Von früchten tieff gebogen;

Auch Ceder-holtz den wolcken gleich/

In lüfften hoch erzogen.


7.

Ihr thier/ gewürm/ vnd wilde rott/

Mit keiner zahl zu greiffen/

So weit in wälden ohn verbott

Die grüne baan durchstreiffen:

Auch du so schwanckes feder-vieh/

So thust in lüfften schiffen/

Vnd zierlich trillest je/ vnd je

Die zünglein rein geschliffen:


8.

Ihr König/ Fürsten/ Richter groß/

Ihr völcker vngezehlet/

Ihr kleinen auff der Mutter schoß/

Ihr jüngling vnvermählet/

Ihr Töchter auch noch vnversagt/

Noch blos in gülden haaren/

Dan auch jhr alten hoch betagt/

Bewandert weit in jahren.
[143]

9.

Recht preiset jhn mit jubelschall/

Mit händen schlagt zusammen/

Springt auff vnd schreyet vberall/

Erhebet jhn mit nahmen.

Fült an den lufft mit süssem sang/

Mit harpffen/ laut- vnd geigen/

Mit noten kurtz/ vnd noten lang

Thut auff zun wolcken steigen.


10.

Er immerdar hat gütlich than/

Den Schäfflein seiner herden/

Er setzet endlich oben an

Die liebsten sein auff erden.

Drumb lobet jhn mit bestem thon/

Den psalter hoch erhebet:

Sein ist der Scepter/ sein die Cron;

Vor jhm erd/ himmel bebet.

Quelle:
Friedrich Spee: Trutznachtigall, Halle a.d.S. 1936, S. 141-144.
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