Drittes Kapitel.

[65] Was ist schärfer, denn ein Pfeil?

was giftiger als Schlangengeifer? –

Die Zunge des Bösen, der den

Feind will verderben.

Persisches Gleichniß.


Am Morgen des Samstags in der heiligen Charwoche war ein reges Getreibe auf dem Römer. Die Osterfeiertage waren vor der Thüre, und alle Geschäfte des Raths, wie des Gerichts mußten bis auf[65] den Punkt vorbereitet werden, die Ostertage hindurch ohne Gefahr und Nachtheil ruhen zu können. Die Kanzelleien waren angefüllt von fleißigen Schreibern, harrenden Boten, befehlenden und in die Feder sagenden Rathsherren; die Vorgemächer wimmelten von ungeduldigen Clienten und Parteien, unter welchen wie geschmeidige Aale Fürsprecher und Momparne hin und her schlüpften, bald zu gütlichem Vergleich beredend, bald zu ernstem Streit vor dem Richter anhetzend. Gläubiger mit ihren Schuldnern, Treuenhänder mit ihren Mündeln, Tabellionen mit Kauflustigen gingen Thüren aus, Thüren ein, und ein schwirrendes Getöse erfüllte das weite stattliche Gebäude, die Säle ausgenommen, wo hinter schweren Flügelpforten die vierzehn Schöffen ihre Gerichtsbank hielten, oder Bürger meister und Rath im weiten Kreise versammelt saßen, des Regiments zu pflegen. Wichtig thuende Schreiberknechte flogen mit Schriftbündeln beladen, die Treppen auf und ab; mürrische Rathsdiener schreckten durch die Gänge. Altbürger, im Bewußtseyn ihres städtischen Ansehens, und Gewichts, stiegen gravitätisch umher, und maßen mit finsterm Blicke die zahlreichen Edelleute vom platten Lande, die, um Händel und Späne mit der Stadt beizulegen, herbeigekommen waren, um wider Willen ihr hohnlächelndes Haupt vor der Rechtspflege der reichsfreien Bürger zu beugen. Nebst all diesen, mehr oder weniger im Heiligthume der Gerechtigkeit beschäftigten Leuten, drehte sich noch in den Hallen eine nicht unbedeutende Anzahl müßiger Gesellen, die heute schon die Osterzeit begonnen hatten,[66] um allenthalben ihr neugierig und faul Angesicht zur Schau zu tragen, – und eine Menge Gesindels, das, keinem zünftigen Gewerbe zugethan, sein elend Stücklein täglichen Brods täglich aus der blauen Luft holt, wie eine Lerche auf gut Glück den Acker bestreift und mit leichter Mühe aus der Furche den Waizen holt, der im Grunde nicht für sie bestimmt ist, und von welchem sie noch nicht wußte in verwichner Nacht. Die Einen dieses Gelichters hielten vor dem Gebäude die Pferde der Junker vom Lande, die Andern zeigten den Fremden die Eingänge zu den verschiednen Kanzleien; die Trägsten endlich bettelten geradezu die Vorübergehenden an, oder bildeten, an Mauer und Treppengeländer gelehnt, eine Straße von Gaffern, durch welche Alles hindurch mußte, um gehörig bewitzelt und beräuchert zu werden. Für diesesmal hatte jedoch der Mund dieser Faulthiere Feiertag, wie ihre beständig ruhenden Hände, und eines unverwandten Blicks starrten sie hinab zur Eingangspforte, hinaus auf die Gasse, wie Menschen, die auf etwas Außerordentliches gespannt sind. Es war nämlich durch einen nicht allzuverschwiegnen Diener des peinlichen Stuhls ruchtbar geworden, daß heute der hundertjährige Jude und sein Sohn vor dem Oberstrichter im stillen Verhöre erscheinen würden. Dem Gesindel war es schon ein Fest, diejenigen von Angesicht zu sehen, gegen welche schon der Name ihres Volks den allgemeinen Hohn, die gräßlichste Erbitterung rege machte. Seit Wochen bereits lagen die Juden im Thurm, und noch war die Art und Gattung ihres Frevels nicht laut[67] geworden unter dem Volke. Ursache genug, die grausame Neugier zu verdoppeln, und den Wunsch zu erhöhen, bald ein blutiges Urtheil aussprechen zu hören, vollstrecken zu sehen. Denn; todeswürdig, – so vernünftelte das Volk – todeswürdig müßte ihr Vergehen seyn, und unmenschlich die Strafe. – Mit Ungeduld harrte die Menge auf ihre Opfer, um ihnen schon diesen ersten sauern Weg durch Verwünschungen und Schmähungen noch schrecklicher zu machen. Plötzlich lief ein Gemurmel durch die Reihen. »Seht ihr den Rothkopf..?« flüsterten sie unter einander: »Kennt ihr den Juden, der sich taufen ließ? Dort schleicht er die Treppe hinan. Was will der hier?« – Scheuen Blicks schritt Zodick durch das murmelnde Volk, grüßte hier demüthig einen ihm begegnenden Vornehmen, der vor ihm ausspuckte; warf dort einem bösen Schuldner, der ihm auswich, einen drohenden Wink zu; zog vor dem Kruzifix der Vorhalle andächtig kriechend den Hut, und berührte darauf furchtsam die Zizis, die er streng verborgen unter seinem Taufschilde und unter dem faltigen Wams auf der bloßen Brust trug, um den hochgelobten Gott der Sünde wegen, daß er den Sabbat entheiligen müsse, um Vergebung zu bitten. –

Er verlor sich in den schwach erhellten Gang, der zu der Thüre der peinlichen Kammer führte. Während dessen entstand eine lebhaftere Unruhe unter dem in den Säulengewölben harrenden Pöbel. Von starker Wache geleitet, schleppten sich in schwerer, schwerer Eisenlast zwei lebende Bilder des Leidens über die Stufen des Gebäudes: Der Greis[68] Jochai und sein Sohn. Das Elend einer kurzen, aber entsetzlichen Haft hatte Wunder des Jammers an Beiden gewirkt; aber dennoch waren jetzo ihre todtenfahlen Wangen geröthet, ihre im Moderduft des Kerkers erloschnen Augen in flackernde Flämmchen verkehrt, denn vor einigen Augenblicken erst hatten sie sich wiedergesehen, die Nichts mehr von einander wußten. Sie hatten die schmerzliche Freude empfunden, sich in gleichem Leide als Genossen zu finden, und von halb menschlichen Wächtern begünstigt, des Glücks genossen, sich zu umarmen im Schmuck der Verbrecher. Sie durften zwar kein Wort wechseln, aber ihre Blicke sagten sich genug, hatten auch ihre Augen das Weinen verlernt. – Dieses Paar, in unscheinbare Überreste feiner Gewänder gehüllt, Haar und Bart triefend von Nässe, starrend von Schimmel und Moder, wankenden Fußes einherschreitend, niedergezogen von schleifenden Ketten, dieses Paar des Erbarmens, wurde mit Hohngelächter und Geschrei bewillkommt. Nicht die Leiden der Seele und des Körpers, die in unverkennbaren Zügen auf Ben Davids Gesichte verzeichnet waren, – nicht des höchsten Menschenalters rührende Ehrwürdigkeit auf Jochai's Antlitz rührte das unbarmherzige Volk. Die Wächter hatten zu wehren, daß nicht im Hause der Gerechtigkeit Frevel an den Gefesselten verübt wurden. Den Schmähworten konnten sie indessen nicht steuern, und beladen mit Drohungen und Flüchen aller Art erreichten die Gefangenen die Höhe der Treppe; hier begegnete ihnen ein bekanntes Gesicht. Der Judenarzt Joseph war's, der gerade von einem,[69] während der Sitzung unpäßlich gewordnen Rathsgliede kam. Kaum hatte er jedoch der Unglücklichen gewahrt, so wendete er scheu und verdrießlich den Kopf hinweg, übersah den Gruß Ben David's und schob sich, so schnell es seine Wohlbeleibtheit verstattete, die Stiege hinunter, tobend und scheltend gegen den Pöbel, der dem, wenn gleich vornehmern und höher gehaltnen Juden den giftigsten Spott nicht schenkte. Erst nachdem sich die Thüre der Kanzlei des peinlichen Gerichts hinter Ben David und seinem Vater geschlossen, waren sie dem schadenfrohen Getümmel entronnen, und nur die Zielscheibe der unziemlichen Scherze, welche sich Schreiber und Diener gegen sie erlaubten, bis sie auf das Zeichen einer Glocke in die Verhörkammer gebracht wurden, woselbst der Oberstrichter, umgeben von dem düstern Gepränge des Blutgerichts, ihrer harrte, sammt dem vereideten Geheimschreiber. – Nachdem der gestrenge Herr die Kettenbelasteten eine Weile mit finstern Augen gemessen, befahl er dem anwesenden Rathsknecht, ihnen die Bande abzunehmen, und sich zurückzuziehen. – Sobald dem Befehle gehorcht worden war, lehnte sich der Richter in den breiten Sessel zurück, winkte dem Schreiber, die Feder zur Hand zu nehmen, und wendete sich mit den hergebrachten Eingangsfragen an die Juden. Auf die Frage nach Namen und Stand erwiederte der hundertjährige Greis: »Gewaltiger Herr! Ich nenne mich David Ben Jochai; mein Sohn, Jochai Ben David, was so viel heißt, als: Sohn des David. Unsre Leute haben sich aber gewöhnt, uns zu nennen, der Kürze halber,[70] mich Jochai; meinen Sohn Ben David. Wir sind von jeher gewesen arme aber fleißige Leute im Handel und Wandel, Trödel und Schacher, und ehrliche Darleiher in guter Münze gegen billige Zinsen. Ich habe zurückgelegt das hundertste Jahr mit der Hülfe des barmherzigen Gottes, welcher zählt die Haare und die Tage des Menschen; mein Sohn ist gewesen funfzig Jahre, wenn mich nicht trügt mein altes Gedächtniß. Der Herr in Israel hat uns auch gesegnet in der Fremde, bis wir sind gekommen in so viel Leid und Trübsal, als wir hier vor Euch stehen. Man hat uns gebunden mit Ketten; man hat uns geworfen in fürchterliche Löcher, wo wir müssen waten bis an den Knöchel im Wasser, wo unser Angesicht bleich wird und unser Auge blöde; und noch hat man uns nicht gesagt, wessen wir beschuldigt sind, und unser Herz ist doch rein wie das Ei, wenn es glatt und zu rechter Zeit aus der Schale geht.« – »Schweig!« unterbrach ihn der Oberstrichter streng: »Deine Zunge rührt sich ungemessen zur unrechten Zeit. Die Ursache Eurer Haft sollt Ihr heute noch erfahren, ihr Ketzer, wenn ihr nicht vorziehen solltet, Euer Verbrechen reuig zu bekennen.« – »Wie können wir doch bekennen, was wir nicht wissen?« fragte Ben David mit ängstlichen Geberden: »Wir wissen uns rein, und können auf die Thora, auf welcher Gottes Herrlichkeit ruht, beschwören, daß wir unschuldig sind an jedem Fehl. Der hochgelobte Fürst und Herr in Israel wird's uns sogar nicht anrechnen, daß wir jetzo den Sabbat entheiligen durch Zeugniß und Verantwortung vor Gericht; denn Noth[71] kennt kein Gebot.« – »Stille!« rief der Oberstrichter ihnen auf's Neue zu: »Wer wird sich darum bekümmern? Macht ihr's mit eurem Götzen aus. Wir wissen nichts von Eurem Baalsdienste. Eine Frage an Euch insgesammt, Vater und Sohn. Was ist aus dem Christenkinde geworden, das Einer von Euch vor fünf Monden etwa in Euern Schlupfwinkel in der Judengasse geschleppt hat?« – Jochai, besonders aber Ben David stutzte heftig. – »Nun?« fuhr der Richter barsch fort: »Wird's bald mit der Antwort? Wahrheit oder Lüge! Wo kam das Kind hin?« – »Ich weiß doch von keinem Kinde,« antwortete Ben David schnell, ehe der zweifelnde Jochai durch ein schwankendes Wort das Gegentheil verrathen konnte. Der Greis, in dessen Augen schon Ängstlichkeit sichtbar geworden war, zögerte indessen nicht, wörtlich die Aussage des Sohns zu wiederholen. »Ihr wißt also nichts?« fragte der Richter bitter lächelnd weiter: »Ihr habt wohl noch nie ein Christenkind in Eurem Hause gesehen?« – »Als uns Gott soll helfen,« erwiederte Ben David ausweichend: »Wir wissen nicht, von welchem Kinde Ihr sprecht.« – »Mein Alter macht vergeßlich;« fügte Jochai bei, welcher nicht bejahen, doch auch nicht ganz verneinen wollte: »Ich wüßte mich nicht zu besinnen, ob jemals ....« – » Ihr läugnet?« sprach der Oberstrichter drohend: »Desto strenger wird das Urtheil fallen.« – »Gott soll uns helfen, und sich Israels erbarmen!« klagten Vater und Sohn: »Wir sind unschuldig, man mag uns zeihen, wessen man begehrt. Wir haben stets gezahlt als redliche[72] Leute unsre Abgaben, den Opferpfenning, die Kronsteuer, des Kaisers Hof- und Kesselgeld. Wir haben richtig eingeliefert Pfänder und Briefe von Herren und Edeln, als der König Wenzel es befohlen. Wir haben nicht beschnitten das Geld, noch böse gemünzt. Wir haben nicht betrogen, nicht geschunden; wir haben vom ehrsamen Rath nur geringe Zinsen genommen, und ihm unser bischen Armuth immer offen gehalten.« Wir finden keine Schuld an uns, und sollten unsre Brüder gefrevelt haben, so kümmerts doch uns nicht, denn der heilige Gott, spricht: »Indem Einzelnen soll gethan werden nach seinen Werken.« – »Spricht Euer Götze so?« erwiederte der Oberstrichter mit hartem Hohne: »Wohlan, so sey es auch also. Es ist hier nicht die Rede von Euern Ketzerbrüdern; von Euch selbst, verworfnes Gelichter; und da ihr nicht gestehen wollt, was Ihr begangen, so will ich's Euch beweisen lassen, von unverwerflichen Zeugen.« –

Er zog die Glocke, und flüsterte dem eintretenden Diener ein Wort in's Ohr. Kurze Weile nachdem sich dieser wieder entfernt hatte, schlich Ben David's Sabbatmagd, die stumme Grete, herein; mit gefalteten Händen, in welchen der Rosenkranz hing; mit thränenden Augen und blassem Angesichte. Sie verneigte sich demüthig vor dem Richter und dem Bilde des Erlösers, das über dessen Stuhle hing, und schlug, seitwärts auf die Beklagten blickend, ein verstohlnes Kreuz. – »Die Schwörfinger in die Höhe!« gebot der Richter: »Du schwörst vor der heiligen Dreifaltigkeit und bei dem Gedächtniß an[73] unsers Heilands bittres Leiden die Wahrheit, sofern sie Dir bewußt, zu bekennen durch unverdächtige Zeichen? Nicke mit dem Kopfe!« – Die Alte that, wie man ihr hieß, und zitterte vor andächtiger Furcht an allen Gliedern. – Nachdem sie der Oberstrichter über ihren Namen, Gewerb und die Zeit, während welcher sie bei den Beklagten in Diensten gestanden, befragt, ging er zur weitern Untersuchung über, und auf seine dringenden Ermahnungen gestand nach und nach das arme Weib, so deutlich es nur aus seiner Zeichensprache anging, daß vor einiger Zeit Ben David einen Christenknaben in sein Haus gebracht, von einer fernen Wanderung zurückkommend; daß sie selbst den Knaben zwei Nächte hindurch in ihrer Kammer beherbergt; daß er aber in der dritten verschwunden, und nicht mehr zum Vorschein gekommen sey. – »Hast Du nicht wahrgenommen,« fuhr der Oberstrichter in seinem Verhör fort, »ob nicht Einer von diesen anwesenden Juden gegen den Knaben einen besondern Widerwillen und Haß bezeigt?« – Grete nickte nach einigem Nachsinnen mit dem Haupte, und deutete auf den Greis Jochai. – »Nun denn, ihr schändliches Gesindel,« fuhr der Richter die Juden an: »Gesteht Ihr bis hieher ein, was die Alte angedeutet?«

»Ben David läugnete frisch weg die ganze Sache, und Jochai, der es erwartet hatte, wie sein Sohn sich benehmen würde, stimmte, ohne zu zögern, in das Läugnen ein. Der Oberstrichter wurde braunroth im Gesichte, zog zum Zweitenmale die Glocke, und nach einer kurzen von den Beklagten bang durchathmeten[74] Stille trat, keck wie die sichre Wahrheit selbst, Zodick in die Kammer, achtete nicht des Schrecks, mit welchem Jochai und Ben David bei seinem Anblick zusammenfuhren, sondern näherte sich furchtlos dem Richter, dessen Gewand er unterthänig berührte, und vor dessen Gerichtstafel er sich mit erhobener Hand stellte, die frechen Augen auf das Kruzifix und den Verhörenden gerichtet, wie einer, der schon oft dabei gewesen. Die Geberde, die er machte, kam jedoch den Juden so unerwartet und so gräßlich vor, daß Jochai, seinen Unmuth vergessend, dem Menschen mit ängstlicher Stimme zurief: Zodick! ach Zodick! ist es denn wahr, was von Dir gesagt haben unsre Leute? Hast Du abgeschworen den einzigen Gott, um zu opfern dem fremden?« – »Zodick, was thust Du?« setzte der von Nichts wissende Ben David überrascht hinzu. Der Oberstrichter rief aber dazwischen: »Schweigt, ihr Hundsjuden, sonst lasse ich euch stäupen zum Lohne für eure verfluchte Schwatzhaftigkeit. Laß Dich's nicht kümmern, Friedrich, setzte er gemäßigter bei, und schwöre vor der heiligen Dreifaltigkeit und ihren Heiligen, und bei dem kostbaren Blute unsers gekreuzigten Erlösers, den Du hast erkennen gelernt durch der heiligen Mutter Fürbitte und ihres barmherzigen Sohns unendliche Gnade, die Wahrheit zu sprechen, sonder Furcht und Mitleid.« – »Ich schwöre,« entgegnete Zodick kurz und fest, und nachdem er auf Befehl des Oberstrichters den Glauben gebetet und das Kreuz vor Stirn und Brust geschlagen hatte, – wobei Ben David unruhig den Kopf schüttelte, und Jochai mit geschloßnen[75] Augen der jüdischen Schulen Bannformel zwischen den Zähnen murmelte, – begann er ein Zeugniß, oder besser, eine Klage abzulegen, während welcher die Stille des Grauens also eintrat mit ihren Schauern in das unheimliche Verhörgemach, daß auch keine Sylbe aus des Klägers Munde einem der Anwesenden entging. –

»Es sind fünf Monden etwa verflossen,« sprach Zodick, – »und es war so gegen das Ende des Monds Monchesran, da die Juden, wie mich dünkt, den letzten Shabbat des Monds feierten, als Ben David, der hier steht in billiger Haft, – mein damaliger Herr, dieweil ich noch bin gewandelt im Finstern, – heimkehrend von einem Gang über Feld, wie er öfters zu thun pflegt, des Handels wegen, – ein Kind mit sich brachte, einen Knaben, und von christlicher Geburt.« Am Abend des eingehenden, so wie am Abend des ausgehenden Festes sah ich den Knaben nicht, denn ich lag darnieder an einer Wunde, die mir böse Menschen geschlagen hatten. Ben David sagte mir mit keinem Worte von dem Kinde, und nicht Esther, seine Tochter, und Jochai war der Einzige, dem in der Geschwätzigkeit seines Alters die Kunde entschlüpfte gegen mich, es befinde sich im Hause ein Knabe, den der Herr geführt habe, man wisse nicht von wannen, und bringen wolle, man wisse nicht, wohin. Von dem Schmerz meiner Wunde geplagt, achtete ich auch nicht auf des Alten Geplauder. Da aber nach dem Habdalah mein Leib wundersam schnell wieder genesete, und ich am folgenden Tage blos um zu ruhen, zu Bette lag in meiner[76] einsamen Kammer, da trat dieser Greis Jochai, als es schon wieder zu dämmern begann, zu mir, und sprach: »Steh auf, Zodick, so Du ein guter Knecht meines Sohns bist, und Deines Leibes Schmerzen er vertragen, und folge mir eiligst mit Schaufel und Haue.« – »Sogleich, Raaf,« antwortete ich dem Alten gehorsam, denn zu der Zeit ehrte ich ihn, wie alle Juden zu thun pflegen, da er das Gesetz kennt und auslegt. Ich stand auch alsobald auf, nahm nach seinem Willen Schaufel und Haue, und folgte ihm, der trotz seinen blöden Augen rüstig voranschritt über die dunkeln Stiegen zu dem Keller; in dessen Gewölbe, das unter dem Hinterhause fortläuft, und durch einen Verschlag geschieden ist, von dem Vordern, wo man Holz und Wintergemüse aufbewahrt, rastete der Alte, und befahl mir, Feuer anzuschlagen und die Leuchte anzuzünden, die er unter seinem Rocke hervorzog. Dieses geschah. Run setzte sich der Alte auf einen Stein, und sprach: »Jetzo, mein guter Knecht, nimm die Werkzeuge zur Hand, und haue hier vor meinen Füßen eine Grube von anderthalb Schritten in der Länge, und von der Breite eines Ellbogenmaaßes.« Ich zögerte nicht, mich an die Arbeit zu machen, in der Meinung, man wollte hier Kostbarkeiten vergraben, wie die Juden gar oft zu thun pflegen, denn sie hegen Verdacht gegen Alles, was sie umgibt, und besitzen gar häufig Dinge, die nicht kommen dürfen sobald an den Tag. Da mir nun aber Jochai ferner gebot, die Tiefe von zwei Ellbogenlängen zu nehmen, und säuberlich geräumig zu machen die Grube, ward ich doch stutzig.[77] »Raaf!« sagte ich, kopfschüttelnd: »Ihr müßt viel köstliche Habe zusammenbringen, um dies Loch nur zur Hälfte auszufüllen.« – Er hieß mich jedoch einen fürwitzigen Mancher, und befahl mir, zu fördern die Arbeit. Ich that es nun auch, und während dessen begann der Alte eitel verdächtige und seltsame Reden, und fragte mich, ob ich etwas verstände von Zauberei und geheimen Mitteln. »Gott soll hüten!« versetzte ich hierauf, und fluchte den Zauberern. Der Raaf sah mich, schnell an, und sprach: »Verflucht seyen die Schedim, aber heilig die Zauberer, die den Schemhamphorath verstehen, und damit die Sprache der Thiere, der Teufel und die Kenntniß der Mittel, die groß machen Israel in Edom. ›Hast Du nie davon gehört,‹ fuhr er fort, ›daß eines unmündigen, vom Berge Seir1 stammenden Knaben Herz, in der Nacht des Amalekitischen Sabbats von gesegneten Händen ausgerissen, zu Staub verbrannt, und am Abend des Festes Haman in geheiligtem Weine genossen, Glück, bringt und großen Reichthum?‹ Ich schaute dem Raaf bestürzt in's Gesicht, und habe nicht erwiedert ein Wort. Nachdem ich aber die Grube vollendet, und den Grund geschaufelt auf einen Haufen, mußte ich noch verstopfen mit Stroh und Holz die Luftlöcher des Gewölbes, und wurde von dem Alten angewiesen, mich zu begeben hinauf, und dem Herrn zu sagen; es sey geschehen im Namen des Propheten Elias.« – So wie ich nun aber an des[78] Kellers Thüre gelange, kommen mir Schritte entgegen, und herab steigt bereits der Herr, und trägt auf der Schulter einen Knaben, in Schlummer versunken. Er stutzte sehr, da er mein wurde ansichtig, und der Raaf sprach zu ihm wie im Zorne: »Warum kommst Du geschlurft zur Unzeit? Der Knecht sollte Dir erst sagen, war's beschlossen ....« – »Ben David stotterte ein Paar unverständliche Worte, und hieß mich gehen von bannen mit der Lampe, so er mit sich gebracht; und mich legen zu Bette, ohne zu verweilen. Ich ging, und hinter mir schlossen sie die Thüre zu mit allen Riegeln. Da ich nun aber die Stiege emporging, ließ mir's nicht Rast und nicht Ruh, und ich mußte sehen, was da unten vorging, und hätte ich fürchten sollen, zu werden blind, wie Einer, der die Scheching, das heißt, die Herrlichkeit Gottes anschaut, wenn sie gerade auf den Fingernspitzen des Cohen's sitzt, welcher segnet. Ich zog daher aus die Schuhe, und blies aus die Lampe, und tappte in finstrer Nacht in das Höflein, und sah hinunter in den Keller durch eine Ritze, die ich mit Vorbedacht gelassen hatte in einer der Fensterverkleidungen. Ich muß geworden seyn kalt wie Eis, da ich gewahrte, was vorging im Gewölbe. Ben David hatte den Knaben entkleidet, und die Kälte den Armen geweckt. Zu dem leise Wimmernden trat der Raaf, und fragte ihn, wie die Juden zu fragen pflegen am Feste Jom Kippur2, das da fällt im Monde[79] Tisri: Jüngelchen, über welches der Mohel3 nicht gekommen. Willst Du seyn mein Kappora?4 – Das Büblein machte Ben David nicken mit dem Haupte, und plötzlich stopfte ihm der Raaf einen Knebel in den Mund, daß es nur leise und dumpf stöhnen konnte, während dessen seine Augen hervortraten aus den Höhlen, wie die eines Lamms, das man schächtet. Und herbei aus dem Winkel schleppte der Raaf ein roh gezimmertes Kreuz; Ben David streckte darauf den Gepeinigten aus, und voll zitternder Begierde, mit vor Alter bebenden Händen, nagelte ihn der Raaf auf das Leidensholz, indem er das Gebet murmelte, das leider unter den Juden heimisch ist, und also lautet: Dies Opfer soll mir dienen als Wechsel und Tausch; es komme an meine Statt; es gehe in den Tod und ich mit allem Volke! Israel in's ewige Leben! Furcht und Angst komme über die Gojim! Verflucht, seyen die Wohnungen des Berges Seir! Verflucht und vertilgt die Hütten Amaleks! Verflucht und vertilgt Ammon, Edom und Moab Offenbart und endlich geschenkt deinem Volke seine Erlösung!« –

»Während dieses Gebets hat Ben David dem zuckenden Würmlein gespieen in's Angesicht, und gerufen mit Hohn: Gegrüßt seyst Du uns, König in Israel! Herrlich und gesegnet seyst Du, Fürst der Juden! – Darauf hat er die Lampe ergriffen und bedeutet dem Raaf, er möge ein Ende machen denn[80] der Knabe drohe schon jetzo zu verscheiden. Und der Raaf ergriff ein blank geschliffen Messer, und heiligte es in den von den Gliedern des Opfers rinnenden Tropfen, und näherte sich damit her Stelle, wo das ängstliche Herzlein pickte, und zeichnete hier ein blutiges Kreuz ......«

»Ersticke, und verdammt seyst Du, verfluchter abtrünniger, Sohn des Leviathan!« kreischte hier der alte Jochai, und sank unter Zuckungen zur Erde nieder. Ben David stand ihm, obwohl selbst kraftlos taumelnd, bei, und wandte zum Himmel die trocknen Augen, in welchen eine wilde, verzweiflungsvolle Frage an das Verhängniß lag. Der Oberstrichter nahm jedoch keinen Antheil an Jochai's Zustand, und gebot dem fürchterlichen Kläger zu enden. Mit tückischer Behaglichkeit ging auch Zodick zu Ende. »Das Büblein ist verschieden unter dem Messer des Raaf, und sein weitres Schicksal weiß ich nicht;« schloß er. Ob sie das Körperlein vergraben, – ob sie es geworfen in den Fluß, weiß ich nicht, da ich mich entfernte, während sie noch darüber gestritten. Der Raaf war für das Erstere, und Ben David für das Zweite; denn er hat mir nicht getraut, da ich ihn kommen gesehen mit den Knaben. Ich aber konnte nicht mehr aushalten in Ben Davids Nähe, und habe benützt die erste Gelegenheit, um aus der Gemeinschaft zu treten mit dem Raaf und seinem Sohne. Das ist, so wahr mir helfe der Barmherzige, der mich gerettet von der Ketzerei, die reine, lautre Wahrheit; Amen. –[81]

Ein tiefes Schweigen beherrschte den düstern Schauplatz. Jochai lag bewußtlos, Ben David war zu Stein geworden, – Grete betete in Gedanken ihren Rosenkranz zum Heil der hingeopferten Seele; – Zodick rastete von der Anstrengung seiner Rede, und selbst der Oberstrichter und sein Gehülfe, gewöhnt an Schrecknisse und Frevelklagen, erholten sich von den unerhörten Gräueln, die sie vernommen. – Endlich faßte sich der Richter, und wendete sich mit donnernder Stimme an Ben David: »Du hast gehört, Abscheulicher,« sprach er: »wessen man dich anklagt. Ein Genosse Deines Hauses, Dein ehemaliger Glaubensbruder, Dein getreuer Knecht ist es, der den Schleier von dem ungeheuern Verbrechen zieht, das Du mit Deinem Vater begingst. Wirst Du ferner läugnen, und dadurch das Schwert der Vergeltung schärfen? Wirst Du verharren in dem giftigen Groll Deiner irrgläubigen Verstocktheit?«

»Herr!« antwortete Ben David mit frostklappernden Zähnen: »Ich soll reden, und kann kaum finden ein Wort auf meiner Zunge. Ich könnte Euch zuschwören unsre Unschuld bei dem heiligen, hochgelobten Gott, den Gräbern unsrer Voreltern, und Allem, was uns heilig ist in Israel, – Ihr würdet uns aber nicht glauben, denn wir sind schlechte Juden, – ich könnte herbeibringen das Zeugniß meiner unschuldigen Tochter Esther, – aber Ihr würdet sagen, es gelte nicht, weil es meine Tochter gab. – Warum jedoch glaubt Ihr dem abtrünnigen Knecht, der gegen uns zeugt, warum der Magd, die in ihrer Stumpfheit Alles bejaht, was man ihr vorsagt?[82] Unschuldig sind wir, unschuldig, unschuldig an dem gräßlichen Frevel, den man uns auflügt. Fünf Monden sollen seyn verflossen seither, und nun erst kommt der gottlose Bube hier vor Eure Bank, und schreit Zeter über uns? Warum hat er nicht alsobald aufgerufen zur Rache Himmel und Erde, nachdem, – wie er lügt – die Unthat geschehen?« – »Wirst Du schweigen, verfluchter aussätziger Jude!« zürnte der Oberstrichter, indem er heftig aufsprang: »Sollte sich der arme Mann Eurer Rache aussetzen? Ihr Judengeschmeiß klebt an einander wie Kletten, und dieser hier wäre nicht der Erste, den ihr erschlagen habt, um seine Geständnisse zu verhindern, oder zu bestrafen. Ehe er mit Euch in's verdiente Gericht ging, mußte er aufhören in Eurer höllischen Mitte zu leben. Er that's, er hat sich dem Himmel, dem allbarmherzigen Schooß des wahren Glaubens zugewendet, und kann nun offen gegen Euch auftreten, von unsrer Macht geschützt. Noch mehr, die Seele des unschuldigen Knäbleins, das Ihr unserm Heilande zu schmählichem Spott zu Tode gemartert habt, ist diesem neuen Christen zu wiederholten Malen im Traume erschienen, und hat ihn aufgefordert bei seiner eignen Seele Heil und Frieden, die Gräuelthat offenkundig zu machen, und zu rächen schon, in dieser Welt. Blutdürstiges Schelmenvolk! Deine Bosheit liegt am Tage, und noch in dieser Stunde lasse ich euch Beide in Eures Hauses Keller führen, der noch bis jetzt mit meinem Siegelring verpetschirt liegt. Ich will mir ein Fest daraus machen, durch eigne Untersuchung des Klägers Angaben zu beglaubigen,[83] und am letzten Tage der Leidenswoche unsres Herrn zwei Mörder und Gotteslästerer zu entlarven, die mit seinem Namen und seinem Erlösungswerke todeswürdigen Spott getrieben.«

Die Schelle erklang von Neuem, und Rathsdiener erschienen. »Reißt den alten Bösewicht von der Erde auf;« befahl der Oberstrichter, dessen blinde Hitze im Steigen war: »es ist eitel Lug und Trug mit seiner Hinfälligkeit. Die Wahrheit, die er nicht läugnen kann, hat ihn umgeworfen. Schleift ihn an Stricken mit euch. Den andern Höllenhund werft wieder in seine Fesseln. Der Stöcker soll herbei mit seinen Knechten, und das Gezücht nach der Judengasse bringen, denn keinem ehrlichen Manne steht's zu, seine Hand an den Ungeheuern hier zu verunreinigen. Ich folge alsobald.«

Der gestrenge Herr warf den Mantel über, winkte dem Schreiber, dem Zodick und der stummen Magd, ihm nachzukommen, und ging aus der Kammer. Ben David hatte keine Augen für das tückische Lächeln, mit welchem Zodick an ihm vorüberstrich, sondern lauschte sorgsam auf die Athemzüge seines sich erholenden Vaters, von welchem er sich nicht trennte, obgleich man ihn neben demselben in Ketten schlug.

Einer der Rathsknechte lief, befohlnermaßen, nach dem Stöcker und seinem Geleite, der Andre ging vor die Thüre, um den Wachen und neugierigen Gaffern redselig zu beschreiben, in welcher Wuth der Oberstrichter von dannen gegangen, und welche Worte er drohend und zürnend gesprochen. Die Gefangnen[84] blieben einige Augenblicke allein, und Ben David küßte mit Entzücken die Hände seines erwachenden Vaters. »Ach!« seufzte dieser ermattet: »so war es kein Traum! O Herr in Israel! wie kannst Du dulden solche Nichtswürdigkeit! Ich bin zu alt, um machen zu können Anspruch auf's Leben, denn ich habe gelebt für zwei Menschen auf der Erde, aber ... Du – mein Sohn – und Esther, das Enkelchen! Weh mir! was soll das noch werden, wenn Du bestehst darauf, zu schweigen, und nicht zu sagen, wo Du hingeführt den Knaben aus Edom.« –

»Ich darf nicht, Vater,« versetzte Ben David fest: »ich würde machen unglücklich, die jetzt glücklich sind. Ich habe versprochen, zu schweigen, und will halten, was ich versprochen.«

»Und wenn Du hättest geschworen,« fiel Jochai eifrig ein: »so gilt der Schwur nichts, da es geht an den Hals. Ich will Dich entbinden Deines Gelübdes, wie ein rechter Lehrer in Israel. Ungültig soll seyn der Schwur, den man geleistet an die Männer und Frauen von Amalet. Wir wollen beten das Gebet Col niddre, und Dein Schwur soll Dir erlassen seyn.«

»Vater;« antwortete Ben David ernst: »Du magst mich entbinden des Eids, doch nicht der Zusage, so ich geleistet als redlicher Mann. Wenig Gewinn würde entstehen aus meinem Bekenntniß; es würde mir kosten den Kopf, und Estherchen Hab und Gut, und Dir Schande bringen und den Bettelstab.«[85]

»Weh mir!« jammerte der Alte: »In welchen Handel hast Du Dich begeben? unbesonnener Mann; Geld ist gut, doch besser das Leben. So Du aber sterben mußt, und Esther verarmen, begehre ich auch nicht länger zu athmen. Denn mehr als todt ist ein Alter von hundert Jahren, das in Kummer und Hunger versiegt.« –

»Beruhige Dich, Vater;« versetzte David: »wir werden nicht sterben, Du sollst nicht hungern. Die Leute, die da wissen, daß ich reden könnte, werden schon helfen, ehe es seyn wird zu spät. Verlasse Dich darauf!«

»Und wenn sie uns peinigen?« klagte der Greis mit wachsendem Eifer: »Wenn sie uns tödten, schnell wie die Hand des Herrn? Sohn, Sohn! traue nicht auf der Gojim Hülfe und Versprechen! traue nicht auf das Wort, es komme aus der Erde, oder falle vom Himmel! Beten wir nicht täglich: Herr, bau Zion wieder, die Gottesstadt und ihren Tempel? Laß ihn geboren werden und kommen den Messias, den man nennen wird gleich Dir, den Sohn Davids? Und noch ist Zion nicht gebaut, und noch der Messias nicht gekommen; und also werden wir von bannen genommen seyn, ehe Hülfe kommt und Rath; als Opfer Deines unseligen Handels, und Deines Eigensinns.«

»Verzagst Du denn so ganz an der Hülfe des hochgelobten Gottes?« fragte Ben David, den Alten, der zwischen Wahn, Glaube und Unglaube ängstlich schwankte, wehmüthig bei der Hand ergreifend: »Vertraust Du denn nicht auf unsre Unschuld selbst,[86] deren Stimme endliche uns frei sprechen wird von dem teuflischen Lügengewebe?«

»Ach,« seufzte der Alte, zweifelnd und befangen: »fünf Stimmen gibt's, die nicht hörbar von einem Ende der Welt zum andern gehen; aber die Stimme der Unschuld ist nicht darunter. Sie ist nicht die Stimme des fruchtbaren Baums, den man fällt, – nicht die Stimme der Schlange, die man schindet, nicht die eines vom Manne erkannten, von einem Manne geschiednen Weibes; nicht die Stimme des neugebornen Kindes ....!«

»Besinne Dich, Raaf!« unterbrach ihn Ben David sanft: »Ist das Kind nicht das Bild der Unschuld? Halte Dich am Glauben, und laß uns vertrauen.« –

Mit vielem Geräusch trat die Wache ein, die ohne Schonung den Greis mit Stricken band, und ihn neben seinem Sohne durch das wilde Volksgedränge hindurch, an die Pforte des Römers führte, wo auf den Stufen der Nachrichter mit seinen Knechten die Ärmsten erwartete, die er im geheiligten Rathhause selbst nicht abholen durfte.

Fußnoten

1 Bezeichnender Name der Christenheit, gleich Edom, Amalek etc.


2 Der lange Tag – Fest der Versöhnung.


3 Der, welcher die Beschneidung verrichtet.


4 Opfer.


Quelle:
Carl Spindler: Der Jude. 3 Bände, Band 2, Stuttgart 1827, S. 87.
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