Erfüllung

[215] Im Dämmer glommen die gemalten Wände.

Ich sah dich an vom großen Schweigen trunken:

Und bebend fühlt ich deine weichen Hände

und stammelnd sind wir uns ans Herz gesunken.


Wie Kinder die in weißen Frühlingskleidern

hinlaufen durch die knospenhellen Hecken

und zwischen Büscheln lichtumschäumter Weiden

und braunen Halmen spielend sich verstecken


in Baches Silber wundernd sich beschauen

und jubelnd folgen bunter Falter Glänzen

und Knospen brechen von besternten Auen

und singend sich mit Blütenkronen kränzen


bis glühend sie in seligem Ermatten

zur Quelle steigen leichten Spiels vergessen

und zitternd unter schwanker Birken Schatten

die zarten Lippen ineinander pressen.

Quelle:
Ernst Stadler: Dichtungen, Band 2, Hamburg o.J. [1954], S. 215-216.
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