Germania

[109] Land des Rechtes, Land des Lichtes,

Land des Schwertes und Gedichtes,

Land der Freien

Und Getreuen,

Land der Adler und der Leuen,

Land, Du bist dem Tode nah',

Sieh Dich um, Germania!


Dumpf in Dir, o Kaiserwiege!

Gärt der Keim der Bürgerkriege,

Tausend Zungen

Sind gedungen,

Tausend Speere sind geschwungen,

Fieberträumend liegst Du da,

Schüttle Dich, Germania!


Lautes Zürnen, leises Munkeln,

Lüge, die da würgt im Dunkeln,

Zucht und Glaube

Tief im Staube,

Und der Zweifel würgt die Taube,

Immer: nein! Und nimmer: ja!

Sage: ja! Germania!


Auf den Knien bete, bete,

Daß der Herr Dich nicht zertrete,

Vor dem Zaren

Der Tataren

Er Dich möge treu bewahren,

Denn Sibirien ist gar nah',

Sieh Dich um, Germania!


Daß sich Fürst und Volk vertraue,

Dir kein Pfaff' das Licht verbaue,

Daß kein Marat

Dich verführe

Und Dich dann septembrisiere,

Denn die Marats sind schon da,

Wahre Dich, Germania!
[110]

Daß Dich Gott in Gnaden hüte,

Herzblatt Du der Weltenblüte.

Völkerwehre,

Stern der Ehre,

Daß Du strahlst von Meer zu Meere,

Und Dein Wort sei fern und nah'

Und Dein Schwert, Germania!

Quelle:
Moritz von Strachwitz: Sämtliche Lieder und Balladen, Berlin 1912, S. 109-111.
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