Windstille

[163] Fest liegt im Blauen die Fregatt',

So fest als wie ein Berg,

Und spiegelt in dem Wasser glatt

Ihr schlankes Spierenwerk.


Die hügellose Spiegelflut,

Sie dehnt sich unbewegt,

Drum zirkelrund die Abendglut

Den güldnen Rahmen schlägt.


Du Meeresspiegel fleckenfrei,

Wie bist du flach und platt!

Dich und dein grünes Einerlei

Hab' ich von Herzen satt.


O Sturm, mit deinem Wogenhaß

Erwach' und komm gebraust,

Und schlage in das Spiegelglas

Mit zorngeballter Faust!


Recht mitten drauf mit Donnerhall,

Daß Glas und Rahmen klirrt,

Und der zersplitterte Kristall

In feuchten Scherben schwirrt!


Langweil'ge Ruhe, schwül und schwer,

Wann hat dein Reich ein Ende?

Ich ging wahrhaftig nicht aufs Meer,

Damit ich dich hier fände!

Quelle:
Moritz von Strachwitz: Sämtliche Lieder und Balladen, Berlin 1912, S. 163-164.
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