a.

[418] Es war ein Bauer, der hatte eine Frau, welche eine Hexe sein sollte. Der Bauer hörte davon, wollte es aber erst nicht glauben. Nun war einst sein Knecht des Nachts nach seinem Mädchen gewesen. Als er wieder zurückkam erblickte er auf einem kleinen Berge ein Licht. Er schlich leise hinzu, um zu sehen, was da sein möchte, da sah er einen Tisch und um denselben mehrere Katzen. Er wollte leise wieder wegschleichen, da sah er ein Tuch liegen. Er ergriff dasselbe und machte sich davon. Als er das Tuch nachher besah, war in demselben ein Ring und eine Schere, welche der Frau gehörten. Er erzählte nun die ganze Geschichte seinem Bauern und sagte ihm, er möge des Nachts achtgeben, ob die Frau auch wohl weg ginge. Er müsse sich stellen, als wenn er schliefe, so könne er es erfahren. Denn wenn sie weg sei, liege der Körper wie ein Sack bei ihm. Der Bauer merkte sich dies. Abends legte er sich zum Schein hin und fing auch an zu schnarchen. Da glaubte er, das Bett rühre sich, und als er es untersuchte lag die Frau regungslos neben ihm. Den andern[418] Tag stellte er sich, als wolle er verreisen. Seine Frau fragte ihn, wohin er wolle; er wollte es ihr aber nicht sagen. Da drang sie so lange in ihn, er solle es ihr doch mitteilen, bis er zuletzt sagte: dann solle sie ihm versprechen, daß sie es nicht weiter erzählen wolle. »Ach,« erwiderte sie, »du weißt ja, ich kann schweigen.« Da sagte der Mann, er wolle hin und das Hexen lernen. Sie wollte es ihm erst ausreden, aber er sagte: »Dafür hilft nichts mehr, ich habe es mir fest vorgenommen und lasse mich nicht davon abbringen; ich will das Hexen lernen, es mag kosten, was es will, und müßte ich zehn Stunden darum gehen; auch will ich es recht aus dem Grunde lernen, denn ich will ein Gewitter aufsteigen lassen können.« Da sagte die Frau: »Ich glaube doch nicht, daß es dir ernst ist.« »Was ernst,« erwiderte der Mann, »ich will es nun lernen.« Da sagte die Frau: »Wenn du es dir recht bedacht hast, so will ich es dich wohl lehren.« »Was?« sagte der Mann, »du willst mich hexen lehren? du kannst nichts mehr als ich!« Da erwiderte sie: »Ich habe es dir vorher nur nicht sagen wollen, aber ich kann es und kann es dir auch wohl lehren.« Aber der Mann stellte sich, als wolle er es garnicht glauben. Da sagte die Frau, dann wolle sie's ihm zeigen; er habe gesagt, er wolle ein Gewitter aufsteigen lassen können, und auch das könne sie, und er solle gleich sehen. Sie ging in die Kammer und da dauerte es nicht lange, so hörte man es schon donnern. Da fragte der Mann, ob sie es denn auch einschlagen lassen könne? Ja, sagte sie. Aber, entgegnete er, wenn sie es einmal bestimmt habe, da es da und da einschlagen solle, ob sie es dann auch noch abändern könne? »Nein,« sagte sie, »das kann ich nicht; wenn ich es einmal bestimmt habe, dann muß es auch geschehen; daran ist nichts zu ändern.« Da sagte der Mann, sie solle einmal in den alten Birnbaum einschlagen lassen. »Das soll geschehen,« entgegnete sie. Als nun das Gewitter recht nahe kam, rief der Bauer seinen Knecht und nahm eine starke Kette, die schlugen sie um die Frau: »Ich will dir alten Hexe nichts zuleide tun,« sagte der Bauer, »aber du sollst es nun selbst tun!« und band mit Hülfe des Knechts seine Frau an den alten Birnbaum. Wie das Gewitter nun da war, schlug der Blitz in den alten Baum, und die Frau war auf der Stelle tot. Der Bauer aber war froh, daß er sie los war. (Visbek. Der letzte Teil von dem Gewitter ähnlich auch im Saterland.)

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CDXVIII418-CDXIX419.
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