Scena 9.

[106] Tulia, Emilia und Bromia von vorne.


EMILIA. Nun sind wir allein, geliebte Tulia, entschütte dein Hertz aller Betrübnus und entdecke mir dein fehrneres Anligen; vergesße der Rache des unschuldigen Julii. (Daraus will ich ihr Hertz erforschen.)

TULIA. Deine trostreiche Zusprechung solte mich billichermasßen erquicken, doch kan ich mich einer heimlichen Furcht und Quall nicht entschitten. (Ach Julius, du Ursach meiner Pein!)

EMILIA. Und waß ist es dann, das dich noch verwihret?

TULIA. (Ich will ihrs nur zu verstehen geben.) Emilia – ia, ia, an deiner Schönheit besorge ich ein Siegeszeichen – – –

EMILIA. An meiner?

TULIA. Ja, doch will ich ihm verschweigen, den mein Hertz vermeinet.

EMILIA. Ô du hast dich nichtes zu besorgen, meine Schönheit wird nicht mächtig sein, ein Herz an sich zu locken, weillen ich in einen allzu unglückseelichen Stern gebohren bin.[106]

TULIA. (Ich will sie noch besßer erforschen.) Liebstu dann nicht den Cecina?

EMILIA. Ich gestehe es, ihme geliebt zu haben, nachdem aber seine Kaltsinigkeit gegen mir allzu scheinbahr, hab ich ihm leicht verlasßen könen. Nun aber bin ich entschlosßen denjenigen zu lieben, den du verfolgest, und hab nicht geringe Hoffnung seine Gegenliebe zu erhalten.

TULIA. (Ich bin des Todtes!) Du wilst den Verräther, den Lasterhaften lieben und wilst meine Freundin seyn?

EMILIA. Also will mein Geschick, also erfordert es meine Liebe.

TULIA. Emilia, sofehrne du in voriger Freundschafft mit mir zu leben verlangest, lasße ab den Sohn meines Vattermörders zu lieben, sondern verfolge ihm nebst mir bis in den Todt. (Also saget es der Mundt.)

JULIUS. (Schöne Tyrannin!)

EMILIA. Ich kan nicht.

LUCIUS SCIPIO. (Unbarmherzige Gottheit!)

TULIA. Du kanst nicht? So entweiche dann meinen Angesicht, welches mir gehäsiger sein wird als ein Basilisk.

EMILIA. Warumb verlangestu, daß ich jenen verfolge, der mich niemahles beleidiget? Warumb soll ich jenen nicht lieben, der mich gefeslet? Gefallet es dir, so deine Liebe beglückseelichet wird, so lasße dann zu, daß auch die meine erfreuet werde.

TULIA. Meine Liebe ist nur allzu bitter vor ein betrübtes Herz.

EMILIA. Wie kan es dir bitter seyn, da dir von dem Kayser selbst noch heute die geheiligten Fackl angeflammet werden; es wird für dich der Altar und das Ehbethe schon mit Rosen bestreuet und du wirst eine Brauth des Cecina sein.

JULIUS. (Ô Schmertz! ich vergehe.)

TULIA. (Ach Erinnerung, die du mich ertödtest!) Julius, ach Julius, was hastu gethan!

EMILIA. Seuffzestu nach ihm, und dannoch wilst ihm verfolgen?

TULIA. Meine ihm geschworene Treu verlanget, daß ich ihm liebe, der Mord seines Vatters aber verdamet ihm zum Todt oder Ewigen Verfolgung.

JULIUS. (So mus ich sterben; ach grausame Liebste!)

EMILIA. Aus deinen Reden werde ich nimermehr klug.[107]

TULIA. Die Zeit wird dich alles lehrnen. Genuch daß ich ihm auch als meinen Feind liebe.

LUCIUS SCIPIO. (Gehe, Freund, bringe ihr dein sehnliches Seuffzen für, villeicht kanstu sie bewegen.)

JULIUS. (Ich fürchte dero Zorn, doch ich will es wagen; entweder mus sie mir den Todt oder ihre Gegenliebe ertheilen – – –) Gehet hinzu. Schönste Tulia – – –

TULIA. Ô Himmel! Julius allhier?

JULIUS. Ja, meine schöne Verfolgerin, ich bin allhier, und zwar vor Eueren Füßen Kniet. sehet hier ein bis in den Todt betrübtes Hertz; entweder erquicket solches durch Euere Gegengunst, oder nemet dieses mein Gewöhr und vollzihet in meiner getreuen Brust Euere brennende Rache, dann viel eher will ich des Todtes seyn als ohne Euerer Wohlgewogenheit fehrner leben.

TULIA. (Was soll ich thun? Ich kan nicht, doch ich mus.) Gehe hin, verächtlicher Mensch, wohin dich deine Mißethat verdamet, bey mir hastu noch Gnad, noch Liebe zu hoffen. Will abgehen.

JULIUS. Verbleibe, Unbarmherzige, verbleibe Sie haltend. und erhöre doch mein Flehen!

TULIA. Lasße mich, Schnöder, oder ich werde umb Hilff ruffen!

JULIUS. Diese ist vergebens, vergebet meinen Fähler, daß ich also rede, nur so vil verlanget mein überdrüsiches Leben von Euch, daß ihr es wollet durch Euere Handt vollenden.

TULIA. Dieses wird nicht geschehen, vil einen grausameren Todt hastu zu gewarten. Ab.

EMILIA. (Seine Beschwerden machen mich auser mir komen.) Ab. NB. Hanß Wurscht haltet Bromiam.

JULIUS. Wohlan dann, so komet, ihr Henkersknechte, und löset Stück vor Stück aus diesen Leib, ich werde mich nicht im geringsten wiedersetzen.


Quelle:
Wiener Haupt- und Staatsaktionen. 2 Bände, Band 1, Wien 1908 und 1910, S. 106-108.
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