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[244] Dalton und Julie.
JULIE mit einem Portrait in der Hand. Ach Dalton – sachte – ist niemand da – niemand der mich sehen kann, Sieht sich in allen Ecken sorgfältig und furchtsam um. ich bin eine Gefangene, wenn man mich außer meinem Gefängniß erwischte, so würde man grausam mit mir umgehen.
DALTON. Es ist niemand da, liebstes Fräulein.
JULIE. Ach sieh hier, Dalton, sieh, so habe ich ausgesehen – es wird mir ganz übel.
Lehnt sich an sie.
DALTON rückt einen Stuhl herbey. Setzen Sie sich, gutes Kind – reden Sie nicht zu viel, wenn es Ihnen nicht wohl ist.
Weint.
JULIE setzt sich. Ja, ich muß viel reden, Dalton – ich habe recht viel mit Dir zu reden – Du kennst also dieses Bild nicht mehr? – Es ist mein Bild, ich hatte es ihm selbst gegeben.
DALTON. An Belmont? und er hat es nicht mehr?[245]
JULIE. Ach er will es nicht mehr – er hat es mir zurück geschickt –
DALTON. Heute? wie, Fräulein? durch wen? mit einem Briefe?
JULIE. In meiner Stube fand ich es, und keinen Brief, Dalton – auf dem Einschlag war geschrieben: Ich bin nahe bey Ihnen gewesen.
DALTON. Ich begreife das nicht; Er ist also in der Nähe, warum keinen Brief? nur zwey Worte!
JULIE. Merkst du es nicht? seine Liebe hört auf, er ist es müde; Sie wird Woldemar nehmen müssen, denkt er – auch Er – Er – ach seine Liebe belohnte mein Leiden – ich hätte Marter für Ihn erduldet, auch er reißt sich los von mir, von seiner Julie, nicht von seiner Julie. Ach! ich gehöre niemand mehr zu, hast du so eine Verlassene schon gesehen, Dalton? mit Ihrem Elend allein gelassen.
DALTON. Nicht doch, liebste Julie, wie scharfsinnig Sie sind, einem jeden Vorfall die schlimmste Erklärung zu geben. Er sollte Sie nicht mehr lieben, glauben Sie[246] das nicht, ich dächte gerade das Gegentheil, wenn er in der Nähe ist, so muß Ihm Ihr Widerstand nicht unbekannt seyn. Wenn Er nun aus Ungeduld hergekommen wäre? Wenn er Sie durch das Portrait zu mehrerer Standhaftigkeit ermuntern wollte?
JULIE. Denkst du das, Dalton? O du gießest Balsam in meine Wunden! Aber ich zittere, wenn Er hier ist, du kennst seine Heftigkeit, die Grausamkeit des – o wie soll ich Ihn nennen, ich habe meinem Vater geschworen, ohne seinen Willen nicht zu heirathen, was würden das für neue Auftritte des Unglücks werden?
DALTON. Soll ich mich bemühen, ob ich Ihn ausfragen kann? ich könnte –
JULIE. Nein, nein um Gotteswillen, die Folgen sind entsetzlich. Man würde mir seine Ankunft Schuld geben. Ihm bürdet mein Vater die Zerrüttung seines Hauses auf; man würde vor mich neue Qualen ausdenken – O Dalton, meine Angst ist unaussprechlich. Rette mich, rette mich, ich habe einen Anschlag – Du liebst mich doch, Dalton? – ach ja, du allein liebst mich, denn ich bin ja deine Tochter nicht.
Weint.
[247]
DALTON. Ihr Vater liebt Sie auch, Julie –
JULIE. Vielleicht nach meinem Tode – wenn ich bey der Asche meiner Mutter ruhe, dann wird ihm vielleicht eine Thräne entrinnen. Du siehst, Dalton, wie ich alles in diesem Hause verwüstet habe; ich könnte meinem Vater den Wunsch noch abdringen, daß ich nicht geboren seyn möchte – Stille, hier kommt Woldemar, du sollst alles erfahren – er gehört mit zu dem Geheimniß.