[346] Mel.: Jesu, meine Freude ... oder: Hirte deiner Schafe ...
1.
Allgenugsam Wesen,
Das ich mir erlesen
Ewig hab' zum Schatz,
Du vergnügst alleine
Völlig, innig, reine
Meines Geistes Platz.[346]
Wer dich hat Ist still und satt,
Wer dir kann im Geist anhangen,
Darf nichts mehr verlangen.
2.
Wem du dich gegeben,
Kann in Frieden leben,
Er hat, was er will;
Wer in seinem Grunde
Dich, den Schatz, hat funden,
Liebet und ist still.
Bist du da Und innig nah,
Muß das Schönste bald erbleichen
Und das Beste weichen.
3.
Höchstes Gut der Güter,
Ruhe der Gemüter,
Trost in aller Pein,
Was Geschöpfe haben,
Kann den Geist nicht laben,
Du vergnügst allein.
Was ich mehr Als dich begehr',
Mein Vergnügen in dir hindert
Und den Frieden mindert.
4.
Was genannt kann werden
Droben und auf Erden,
Alles reicht nicht zu,
Einer kann mir geben
Freude, Ruh und Leben,
Eins ist not, nur du;[347]
Hab' ich dich Nur wesentlich,
So mag Leib und Seel' verschmachten,
Will ich's doch nicht achten.
5.
Ehre, Lust samt Schätzen
Und was kann ergötzen,
Will ich missen gern,
Freude, Trost und Gaben,
Die sonst andre haben,
Will ich auch entbehrn;
Du sollst sein Mein Teil allein,
Der mir soll statt andrer Dingen,
Ruh und Freude bringen.
6.
Mein' Gesellschaft seie,
Die mich stets erfreue,
Und mein Trost nur du,
Meine Lust alleine,
Mein Schatz, den ich meine,
Meines Geistes Ruh,
Meine Stärk' In allem Werk,
Mein erquickend Licht und Sonne,
Einzig meine Wonne!
7.
Komm, vergnügend Wesen,
Das ich mir erlesen,
Werd mir offenbar,
Meinen Hunger stille,[348]
Meinen Grund erfülle
Mit dir selber gar,
Komm, nimm ein Mein Kämmerlein,
Daß ich allem mich verschließe
Und nur dich genieße!
8.
Laß mich, Herr, mit Freuden
Mich von allem scheiden,
Tot der Kreatur,
Innig an dir kleben,
Kindlich in dir leben,
Sei mein Himmel nur;
Bleib nur du Mein Gut und Ruh,
Bis du wirst in jenem Leben
Dich mir völlig geben!
Ausgewählte Ausgaben von
Geistliches Blumengärtlein
|
Buchempfehlung
Grabbe zeigt Hannibal nicht als großen Helden, der im sinnhaften Verlauf der Geschichte eine höhere Bestimmung erfüllt, sondern als einfachen Menschen, der Gegenstand der Geschehnisse ist und ihnen schließlich zum Opfer fällt. »Der Dichter ist vorzugsweise verpflichtet, den wahren Geist der Geschichte zu enträtseln. Solange er diesen nicht verletzt, kommt es bei ihm auf eine wörtliche historische Treue nicht an.« C.D.G.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro