14. Gott allein ist g'nug

[346] Mel.: Jesu, meine Freude ... oder: Hirte deiner Schafe ...


1.

Allgenugsam Wesen,

Das ich mir erlesen

Ewig hab' zum Schatz,

Du vergnügst alleine

Völlig, innig, reine

Meines Geistes Platz.[346]

Wer dich hat Ist still und satt,

Wer dir kann im Geist anhangen,

Darf nichts mehr verlangen.


2.

Wem du dich gegeben,

Kann in Frieden leben,

Er hat, was er will;

Wer in seinem Grunde

Dich, den Schatz, hat funden,

Liebet und ist still.

Bist du da Und innig nah,

Muß das Schönste bald erbleichen

Und das Beste weichen.


3.

Höchstes Gut der Güter,

Ruhe der Gemüter,

Trost in aller Pein,

Was Geschöpfe haben,

Kann den Geist nicht laben,

Du vergnügst allein.

Was ich mehr Als dich begehr',

Mein Vergnügen in dir hindert

Und den Frieden mindert.


4.

Was genannt kann werden

Droben und auf Erden,

Alles reicht nicht zu,

Einer kann mir geben

Freude, Ruh und Leben,

Eins ist not, nur du;[347]

Hab' ich dich Nur wesentlich,

So mag Leib und Seel' verschmachten,

Will ich's doch nicht achten.


5.

Ehre, Lust samt Schätzen

Und was kann ergötzen,

Will ich missen gern,

Freude, Trost und Gaben,

Die sonst andre haben,

Will ich auch entbehrn;

Du sollst sein Mein Teil allein,

Der mir soll statt andrer Dingen,

Ruh und Freude bringen.


6.

Mein' Gesellschaft seie,

Die mich stets erfreue,

Und mein Trost nur du,

Meine Lust alleine,

Mein Schatz, den ich meine,

Meines Geistes Ruh,

Meine Stärk' In allem Werk,

Mein erquickend Licht und Sonne,

Einzig meine Wonne!


7.

Komm, vergnügend Wesen,

Das ich mir erlesen,

Werd mir offenbar,

Meinen Hunger stille,[348]

Meinen Grund erfülle

Mit dir selber gar,

Komm, nimm ein Mein Kämmerlein,

Daß ich allem mich verschließe

Und nur dich genieße!


8.

Laß mich, Herr, mit Freuden

Mich von allem scheiden,

Tot der Kreatur,

Innig an dir kleben,

Kindlich in dir leben,

Sei mein Himmel nur;

Bleib nur du Mein Gut und Ruh,

Bis du wirst in jenem Leben

Dich mir völlig geben!


Quelle:
Gerhard Tersteegen: Geistliches Blumengärtlein. Stuttgart 1956, S. 346-349.
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