II

[104] »Wenn ich nicht irre, habe ich das Vergnügen, mit dem Grafen Besuchow zu sprechen«, sagte der Reisende langsam mit lauter Stimme.

Pierre schwieg und blickte den Redenden durch die Brille fragend an.

»Ich habe von Ihnen und von dem Unglück, das Sie betroffen hat, gehört, mein Herr«, fuhr der Reisende fort. (Er legte einen besonderen Ton auf das Wort »Unglück«, wie wenn er sagen wollte: »Jawohl, ein Unglück ist es, mögen Sie es nennen, wie Sie wollen; ich weiß, daß das, was Ihnen in Moskau begegnet ist, ein Unglück war.«) »Ich bedauere Sie sehr deswegen, mein Herr.«

Pierre wurde rot; er nahm hastig die Beine vom Bett herunter und beugte sich mit einem gezwungenen, schüchternen Lächeln zu dem Alten hin.

»Ich habe das nicht aus Neugier Ihnen gegenüber erwähnt, mein Herr, sondern aus sehr wichtigen Gründen.«

Er schwieg eine Weile, ohne seinen Blick von Pierre wegzuwenden, und rückte auf dem Sofa zur Seite, indem er durch diese Bewegung Pierre einlud, sich neben ihn zu setzen. Diesem war es unangenehm, gerade hierüber mit dem alten Mann ein[104] Gespräch zu führen; aber doch gehorchte er ihm unwillkürlich, ging zu ihm hin und setzte sich neben ihn.

»Sie sind unglücklich, mein Herr«, fuhr der Alte fort. »Sie sind jung, und ich bin alt. Ich möchte Ihnen gern hilfreich sein, soweit es in meinen Kräften steht.«

»Sie sind sehr gütig«, erwiderte Pierre mit gezwungenem Lächeln. »Ich bin Ihnen sehr dankbar ... Von wo kommen Sie jetzt?«

Das Gesicht des Fremden war nicht freundlich, vielmehr im Gegenteil kalt und streng; aber trotzdem übten die Worte und die Miene dieses neuen Bekannten auf Pierre eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus.

»Aber wenn Ihnen das Gespräch mit mir aus irgendwelchen Gründen unangenehm ist«, sagte der Alte, »so bitte ich Sie, es offen zu sagen, mein Herr.«

Und auf einmal überzog ganz überraschend ein väterlich freundliches Lächeln sein Gesicht.

»Ach nein, durchaus nicht; im Gegenteil, ich freue mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen«, antwortete Pierre. Dabei blickte er noch einmal nach den Händen seines neuen Bekannten und betrachtete den Ring aus größerer Nähe. Er erblickte auf ihm die Alraunwurzel, ein Emblem der Freimaurerei.

»Gestatten Sie mir die Frage«, sagte er, »sind Sie Freimaurer?«

»Ja, ich gehöre zu dieser Bruderschaft«, antwortete der Reisende und schaute seinem Gegenüber immer tiefer und tiefer in die Augen. »Und sowohl in meinem eigenen Namen als auch im Namen der Bruderschaft strecke ich Ihnen die Bruderhand entgegen.«

»Ich fürchte nur«, erwiderte lächelnd Pierre, welcher zwischen dem Vertrauen, das ihm die Persönlichkeit des Freimaurers einflößte,[105] und der Gewohnheit, über die Glaubenssätze der Freimaurer zu spotten, schwankte, »ich fürchte nur, daß ich gar zu weit von einem richtigen Verständnis entfernt bin ... wie soll ich mich ausdrücken ... ich fürchte, daß meine Anschauungsweise in bezug auf das Weltall der Ihrigen so schroff entgegengesetzt ist, daß wir einander nicht werden verstehen können.«

»Ihre Anschauungsweise ist mir wohlbekannt«, erwiderte der Freimaurer, »und diese Ihre Anschauungsweise, die Sie für ein Produkt Ihrer Geistesarbeit halten und als solche ausgeben, ist die Anschauungsweise der allermeisten Menschen, das bei allen gleiche Resultat des Stolzes, der Trägheit und der Unwissenheit. Nehmen Sie mir das nicht übel, mein Herr; aber wenn ich diese Ihre Anschauungsweise nicht kennen würde, hätte ich gar kein Gespräch mit Ihnen angeknüpft. Ihre Anschauungsweise ist eine traurige Verirrung.«

»Mit demselben Recht kann ich glauben, daß Sie sich im Irrtum befinden«, sagte Pierre mit einem schwachen Lächeln.

»Ich werde nie zu behaupten wagen, daß ich die Wahrheit kenne«, entgegnete der Freimaurer, über dessen bestimmte, feste Redeweise Pierre immer mehr in Erstaunen geriet. »Niemand kann für sich allein zur Wahrheit gelangen; nur Stein auf Stein, unter Mitwirkung aller, durch Millionen von Geschlechtern seit dem Urvater Adam bis auf unsere Zeit, wird jener Tempel errichtet, der eine würdige Stätte Gottes des Allerhöchsten sein soll«, sagte der Freimaurer und schloß die Augen.

»Ich muß Ihnen sagen, ich glaube nicht ... ich glaube nicht an Gott«, erwiderte Pierre mit Anstrengung und einem gewissen Bedauern; aber er fühlte die Notwendigkeit, die ganze Wahrheit zu sagen.

Der Freimaurer blickte Pierre aufmerksam an und lächelte, wie ein Reicher, der Millionen besitzt, einem armen Menschen zulächeln[106] würde, der ihm gestände, daß er, der arme Mensch, nicht fünf Rubel habe, die doch zu seinem Glück ausreichend sein würden.

»Ja, Sie kennen Ihn nicht, mein Herr«, sagte der Freimaurer. »Sie können Ihn nicht kennen. Sie kennen Ihn nicht, und darum sind Sie unglücklich.«

»Ja, ja, ich bin unglücklich«, bestätigte Pierre. »Aber was soll ich denn tun?«

»Sie kennen Ihn nicht, mein Herr«, erwiderte der Freimaurer, »und daher sind Sie so unglücklich. Sie kennen Ihn nicht, und doch ist Er hier, Er ist in mir, Er ist in meinen Worten, Er ist in dir und sogar in den frevelhaften Äußerungen, die du soeben tatest!« Seine Stimme hatte einen strengen Klang und bebte.

Er schwieg einen Augenblick und seufzte, sichtlich bemüht, seine Ruhe wiederzugewinnen.

»Wenn Er nicht wäre«, fuhr er dann leise fort, »so würde ich mit Ihnen nicht von Ihm haben reden können, mein Herr. Wovon und von wem haben wir geredet? Wessen Dasein hast du bestritten?« sagte er plötzlich mit schwärmerischem Ernst und gewaltigem Nachdruck. »Wer könnte Ihn erdenken, wenn Er nicht existierte? Woher rührt in deiner Seele die Ahnung, daß es ein solches unbegreifliches Wesen gibt? Wie bist du und die ganze Welt überhaupt zu der Vorstellung von der Existenz eines solchen unbegreiflichen Wesens gekommen, eines allmächtigen, ewigen, in allen seinen Eigenschaften unendlichen Wesens ...?«

Er hielt inne und schwieg lange. Pierre konnte und wollte dieses Stillschweigen nicht unterbrechen.

»Er ist; aber Ihn zu begreifen, ist schwer«, begann der Freimaurer von neuem; er blickte jetzt nicht Pierre ins Gesicht, sondern vor sich hin, und seine alten Hände, die sich vor innerer Erregung nicht ruhig halten konnten, schlugen die Blätter des[107] Buches um. »Wenn es sich um einen Menschen handelte, dessen Existenz du in Zweifel zögest, so würde ich diesen Menschen zu dir führen, ihn an der Hand fassen und dir zeigen. Aber wie kann ich, ein armseliger Sterblicher, Seine ganze Allmacht, Seine ganze Ewigkeit und Seine ganze Güte jemandem zeigen, der blind ist oder die Augen schließt, um Ihn nicht zu sehen und nicht zu begreifen, und um sich nicht der eigenen Schändlichkeit und Lasterhaftigkeit in ihrem ganzen Umfang bewußt zu werden?« Er machte eine Pause. »Wer bist du? Was bist du? Du bildest dir ein, weise zu sein, weil du jene frevelhaften Äußerungen hast tun können«, sagte er mit finsterem, verächtlichem Lächeln; »aber in Wirklichkeit bist du einfältiger und unverständiger als ein kleines Kind, das mit den Teilen einer kunstvoll gearbeiteten Uhr spielt und sich erdreistet zu sagen, da es die Bestimmung dieser Uhr nicht verstehe, so könne es auch nicht an einen Meister glauben, der sie gemacht habe. Ja, Ihn zu erkennen ist schwer. Jahrtausendelang, vom Urvater Adam bis auf unsere Zeit, arbeiten wir daran, Ihn zu erkennen, und sind noch immer unendlich weit von der Erreichung dieses Zieles entfernt; aber in Seiner Unbegreifbarkeit sehen wir nur unsere Schwachheit und Seine Erhabenheit.«

Mit bebendem Herzen und leuchtenden Augen blickte Pierre dem Freimaurer ins Gesicht und hörte ihm zu; er unterbrach ihn nicht und fragte ihn nicht; aber er glaubte mit ganzer Seele das, was ihm dieser fremde Mann sagte. Glaubte er nun den Vernunftbeweisen, die in den Worten des Freimaurers enthalten waren, oder glaubte er, wie es Kinder tun, dem Ton der festen Überzeugung, dem herzlichen Klang seiner Rede, dem Zittern der Stimme, das ihn mitunter beinahe am Weitersprechen hinderte, oder diesen blitzenden Greisenaugen, die in derselben unwandelbaren Überzeugung alt geworden waren, oder dieser[108] Ruhe, dieser Festigkeit, diesem Bewußtsein der eigenen Bestimmung, Eigenschaften, die aus dem ganzen Wesen des Freimaurers hervorleuchteten und auf Pierre im Gegensatz zu seiner eigenen Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit einen besonders imponierenden Eindruck machten; jedenfalls hegte er von ganzem Herzen den Wunsch, zu glauben, und empfand ein freudiges Gefühl der Beruhigung, der geistigen Wiedergeburt und der Rückkehr zum Leben.

»Er wird nicht mit dem Verstand begriffen, sondern durch das Leben«, sagte der Freimaurer.

»Ich verstehe nur nicht ...«, erwiderte Pierre, der voll Beklommenheit fühlte, daß ein Zweifel in seiner Seele rege wurde. Er fürchtete, daß die Beweise des Freimaurers sich als unklar und unzulänglich herausstellten und er dann nicht imstande wäre, ihm zu glauben. »Ich verstehe nur nicht«, sagte er, »warum der menschliche Verstand nicht fähig sein soll, zu der Erkenntnis zu gelangen, von der Sie reden.«

Der Freimaurer lächelte in seiner milden, väterlichen Weise.

»Die höchste Weisheit und Wahrheit ist gleichsam eine ganz reine Flüssigkeit, die wir in uns aufzunehmen wünschen«, sagte er. »Wenn ich nun ein unreines Gefäß bin und diese reine Flüssigkeit in mich aufnehme, kann ich dann über ihre Reinheit urteilen? Nur durch innere Reinigung meiner selbst kann ich die aufgenommene Flüssigkeit bis zu einem gewissen Grad rein erhalten.«

»Ja, ja, so ist es«, rief Pierre freudig.

»Die höchste Wahrheit beruht nicht auf dem Verstand allein, nicht auf den weltlichen Wissenschaften, wie Physik, Geschichte, Chemie usw., in welche das Verstandeswissen zerfällt. Die höchste Weisheit ist eine einheitliche. Die höchste Weisheit umfaßt nur eine Wissenschaft, die Wissenschaft des Alls, diejenige Wissenschaft,[109] die den ganzen Weltenbau erklärt und den Platz, den darin der Mensch einnimmt. Um diese Wissenschaft in sich aufzunehmen, ist es notwendig, seinen inneren Menschen zu reinigen und zu erneuern, und darum muß man, ehe man zu wissen versucht, vorher glauben und sich vervollkommnen. Und damit wir diese Ziele erreichen können, ist in unsere Seele ein göttliches Licht gelegt, welches Gewissen genannt wird.«

»Ja, ja«, stimmte Pierre bei.

»Betrachte mit den Augen des Geistes deinen inneren Menschen und frage dich selbst, ob du mit dir zufrieden bist. Was hast du dadurch erreicht, daß du dich durch den Verstand allein führen ließest? Was für ein Mensch bist du? Sie sind jung, mein Herr, Sie sind reich, klug, gebildet. Was haben Sie mit allen diesen Ihnen verliehenen Gütern gemacht? Sind Sie mit sich und mit Ihrem Leben zufrieden?«

»Nein, ich hasse mein Leben«, sprach Pierre mit zusammengezogenen Augenbrauen vor sich hin.

»Du haßt es; so ändere es denn, reinige dich, und in gleichem Maß mit der fortschreitenden Reinigung wirst du die Weisheit erkennen. Werfen Sie einen Blick auf Ihr Leben, mein Herr. Wie haben Sie es verbracht? In tollen Orgien und arger Sittenlosigkeit, indem Sie alles von der Gesellschaft empfingen und ihr nichts zurückgaben. Es ist Ihnen Reichtum zuteil geworden: wie haben Sie ihn benutzt? Was haben Sie für Ihren Nächsten getan? Haben Sie an die vielen Tausende Ihrer Knechte gedacht, ihnen leiblich und geistig geholfen? Nein. Sie haben den Ertrag ihrer Arbeit dazu benutzt, ein ausschweifendes Leben zu führen. Das ist's, was Sie getan haben. Haben Sie sich eine Stelle im Staatsdienst gesucht, wo Sie Ihrem Nächsten Nutzen bringen könnten? Nein. Sie haben Ihr Leben in Müßiggang hingebracht. Dann haben Sie geheiratet, mein Herr; Sie haben die Verantwortung[110] auf sich genommen, ein junges Weib zu leiten; und was haben Sie getan? Sie haben ihr nicht geholfen, mein Herr, den Weg der Wahrheit zu finden, sondern haben sie in den Abgrund der Lüge und des Unglücks hinabgestürzt. Es hat Sie ein Mensch beleidigt, und Sie haben ihn schwer verwundet. Und da sagen Sie nun, daß Sie Gott nicht kennen, und daß Sie Ihr Leben hassen! Dabei ist nichts verwunderlich, mein Herr!«

Nach diesen Worten legte sich der Freimaurer, wie von dem langen Reden ermüdet, wieder an die Sofalehne zurück und schloß die Augen. Pierre betrachtete sein ernstes, unbewegliches, altes, fast leichenartiges Gesicht und bewegte lautlos die Lippen. Er wollte sagen: »Ja, mein Leben ist ein schändliches, träges, sittenloses gewesen«; aber er wagte nicht, das Stillschweigen zu unterbrechen.

Der Freimaurer hustete heiser und in greisenhafter Art und rief seinen Diener.

»Wie steht's mit Pferden?« fragte er, ohne Pierre anzusehen.

»Es sind Relaispferde gebracht worden«, antwortete der Diener. »Aber wollen Sie sich nicht noch ein Weilchen erholen?«

»Nein, laß anspannen.«

»Er wird doch nicht wegfahren und mich hier alleinlassen, ohne seine Auseinandersetzung völlig zu Ende geführt und mir Hilfe zugesagt zu haben?« dachte Pierre; er stand auf und begann mit gesenktem Kopf, ab und zu nach dem Freimaurer hinblickend, im Zimmer hin und her zu gehen. »Ja, ich habe darüber nicht nachgedacht; aber ich habe in der Tat ein verachtungswürdiges, ausschweifendes Leben geführt. Jedoch gern habe ich dieses Leben nicht gehabt, und ich habe eigentlich nicht so leben wollen«, dachte er. »Aber dieser Mann kennt die Wahrheit, und wenn er wollte, könnte er sie mir enthüllen.«

Pierre wollte dies dem Freimaurer sagen, wagte es aber nicht.[111] Der Reisende packte mit seinen alten Händen, denen diese Tätigkeit offenbar geläufig war, seine Sachen zusammen und knöpfte seinen Schafspelz zu. Als er damit fertig war, wandte er sich an Besuchow und sagte zu ihm in gleichgültig höflichem Ton:

»Wohin reisen Sie jetzt, mein Herr?«

»Ich ...? Ich fahre nach Petersburg«, antwortete Pierre; seine Stimme klang kindlich unsicher. »Ich danke Ihnen. Ich bin in allen Stücken Ihrer Ansicht. Aber glauben Sie nicht, daß ich ein so schlechter Mensch bin. Ich wünsche von ganzer Seele, so zu sein, wie ich nach Ihrer Weisung sein soll. Aber ich habe bisher bei niemand Beihilfe dazu gefunden ... Übrigens bin ich selbst in erster Linie daran schuld. Helfen Sie mir; unterweisen Sie mich; und vielleicht werde ich ...«

Pierre konnte nicht weitersprechen; es folgten nur unartikulierte Töne der Nase, und er wandte sich ab.

Der Freimaurer schwieg lange und schien etwas zu überlegen.

»Volle Hilfe kann nur Gott gewähren«, sagte er dann; »aber dasjenige Maß von Hilfe, welches unser Orden zu erweisen vermag, wird er Ihnen zukommen lassen, mein Herr. Sie fahren nach Petersburg; übergeben Sie dies dem Grafen Willarski.« (Er zog ein Taschenbuch heraus und schrieb einige Worte auf ein großes, vierfach zusammengefaltetes Blatt Papier.) »Gestatten Sie mir, Ihnen noch einen Rat zu geben. Wenn Sie nach der Residenz kommen, so widmen Sie die erste Zeit der Einsamkeit und der Selbstprüfung, und begeben Sie sich nicht auf Ihre früheren Lebenswege. Und nun wünsche ich Ihnen glückliche Reise, mein Herr«, schloß er, da er bemerkte, daß sein Diener ins Zimmer trat, »und gutes Gelingen.«

Der Reisende war, wie Pierre aus dem Buch des Postmeisters ersah, Osip Alexejewitsch Basdjejew, einer der bekanntesten Freimaurer und Martinisten, noch aus der Zeit Nowikows her. Noch[112] lange nach der Abreise desselben ging Pierre in dem Passagierzimmer auf und ab: er legte sich nicht schlafen, er fragte nicht nach Pferden, er überdachte seine lasterhafte Vergangenheit, und von dem Gedanken an seine bevorstehende geistige Wiedergeburt begeistert, malte er sich seine glückselige, vorwurfsfreie, tugendhafte Zukunft aus, deren Herbeiführung ihm so leicht schien. Er war seiner Anschauung nach nur deshalb lasterhaft gewesen, weil er gewissermaßen zufällig vergessen gehabt hatte, wie gut es war, tugendhaft zu sein. Von den früheren Zweifeln war in seiner Seele auch nicht die Spur zurückgeblieben. Er glaubte fest an die Möglichkeit eines Bundes, in welchem sich Menschen mit der Absicht vereinigten, sich gegenseitig auf dem Weg der Tugend zu unterstützen, und als ein solcher Bund erschien ihm der Freimaurerorden.

Quelle:
Tolstoj, Lev Nikolaevic: Krieg und Frieden. 4 Bde., Leipzig 1922, Band 2, S. 104-113.
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