[261] Nachdem Kutusow den Oberbefehl über die Armee übernommen hatte, erinnerte er sich auch an den Fürsten Andrei und sandte ihm den Befehl, nach dem Hauptquartier zu kommen.
Fürst Andrei traf in Zarewo-Saimischtsche gerade an dem Tag und gerade zu der Tageszeit ein, als Kutusow die erste Truppenschau[261] abhielt. Fürst Andrei hielt im Dorf bei dem Haus des Geistlichen an, vor welchem die Equipage des Oberkommandierenden stand, setzte sich auf ein Bänkchen am Torweg und wartete auf den Durchlauchtigen, wie Kutusow jetzt von allen genannt wurde. Auf dem Feld außerhalb des Dorfes ertönten bald die Klänge der Regimentskapellen, bald das Geschrei einer gewaltigen Menge von Stimmen, die dem neuen Oberkommandierenden Hurra zuriefen. Ebendort am Torweg, etwa zehn Schritt vom Fürsten Andrei entfernt, standen, die Abwesenheit des Durchlauchtigen sich zunutze machend und das schöne Wetter genießend, zwei Offiziersburschen sowie ein Kurier und ein Haushofmeister. Ein schwarzhaariger, kleiner Husarenoberstleutnant mit starkem Schnurr- und Backenbart kam zum Torweg geritten und fragte, indem er den Fürsten Andrei anblickte, ob hier der Durchlauchtige wohne und ob er bald kommen werde.
Fürst Andrei antwortete ihm, er gehöre nicht zum Stab des Durchlauchtigen und sei selbst soeben erst gekommen. Der Husarenoberstleutnant wandte sich an einen der eleganten Burschen, und der Bursche des Oberkommandierenden sagte ihm mit jener besonderen Art von Geringschätzung, mit welcher die Burschen hoher Chefs mit Offizieren reden:
»Was? Der Durchlauchtige? Er wird wahrscheinlich gleich kommen. Was wünschen Sie denn?«
Der Husarenoberstleutnant lächelte über diesen Ton des Burschen in seinen Schnurrbart hinein, stieg vom Pferd, gab es seiner Ordonnanz und trat zu Bolkonski, dem er eine leichte Verbeugung machte. Bolkonski rückte auf der Bank zur Seite. Der Husarenoberstleutnant setzte sich neben ihn.
»Warten Sie auch auf den Oberkommandierenden?« fragte der Ankömmling. »Es heißt ja, daß niemandem der Zutritt zu[262] ihm versagt wird. Gott sei Dank! Bisher, bei den Wurstmachern, war das ein reines Elend! Es hatte schon seinen guten Grund, wenn Jermolow darum bat, zum Deutschen befördert zu werden. Jetzt wird es vielleicht auch den Russen möglich sein, ein Wort zu reden. Weiß der Teufel, was die Herren für Geschichten gemacht haben: immer haben wir zurückgehen müssen, immer zurückgehen! Haben Sie den Feldzug mitgemacht?« fragte er.
»Ich hatte nicht nur das Vergnügen, an dem Rückzug teilzunehmen«, antwortete Fürst Andrei, »sondern es war mir auch beschieden, bei diesem Rückzug alles zu verlieren, was mir teuer war: abgesehen von meinen Gütern und meinem Vaterhaus auch meinen Vater selbst, der vor Gram gestorben ist. Ich bin aus dem Gouvernement Smolensk.«
»Ah ...! Sie sind Fürst Bolkonski? Ich freue mich sehr, Sie kennenzulernen. Oberstleutnant Denisow, bekannter unter dem Namen Waska«, sagte Denisow, drückte dem Fürsten Andrei die Hand und blickte ihm aufmerksam und mit einem außerordentlich gutherzigen Ausdruck ins Gesicht. »Ja, ich habe davon gehört«, sagte er teilnahmsvoll. Und nachdem er ein Weilchen geschwiegen hatte, fuhr er fort: »Da haben wir nun den Skythenkrieg. Alles ganz schön, nur nicht für diejenigen, die den Schaden davon persönlich zu spüren bekommen. Also Sie sind Fürst Andrei Bolkonski?« Er wiegte den Kopf hin und her. »Sehr erfreut, Fürst, sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen«, fügte er nochmals mit trübem Lächeln hinzu und drückte ihm noch einmal die Hand.
Fürst Andrei kannte Denisow aus Nataschas Erzählungen von ihrem ersten Freier. Diese zugleich süße und traurige Erinnerung[263] führte ihn wieder zu jenen schmerzlichen Empfindungen zurück, die ihm schon lange nicht mehr zum Bewußtsein gekommen waren, aber immer noch in seiner Seele lebten. In der letzten Zeit hatten so viele andere, so ernste Eindrücke auf ihn eingewirkt (die Preisgabe von Smolensk, sein Besuch in Lysyje-Gory, die tags zuvor erhaltene Nachricht von dem Tod seines Vaters) und er hatte so viele schmerzliche Empfindungen durchmachen müssen, daß ihm diese Erinnerungen schon lange nicht mehr gekommen waren und jetzt, wo sie kamen, bei weitem nicht mit ihrer früheren Stärke auf ihn wirkten. Auch für Denisow gehörte diese Reihe von Erinnerungen, die der Name Bolkonski bei ihm wachrief, einer fernen, romantischen Vergangenheit an, als er nach dem Abendessen und nach Nataschas Gesang, ohne selbst recht zu wissen, wie es zuging, dem fünfzehnjährigen Mädchen einen Heiratsantrag gemacht hatte. Er lächelte bei der Erinnerung an jene Zeit und an seine Liebe zu Natascha und ging sofort zu dem Gegenstand über, der ihn jetzt leidenschaftlich und ausschließlich beschäftigte. Es war dies ein Feldzugsplan, den er sich beim Vorpostendienst während des Rückzuges ausgesonnen hatte. Er hatte diesen Plan Barclay de Tolly vorgelegt und wollte ihn jetzt zu Kutusows Kenntnis bringen. Der Plan gründete sich darauf, daß die Operationslinie der Franzosen zu weit ausgedehnt sei, und lief darauf hinaus, wir müßten, statt in der Front zu operieren und den Franzosen den Weg zu versperren (oder gleichzeitig mit diesen Operationen), gegen ihre Verbindungen operieren. Er begann dem Fürsten Andrei seinen Plan auseinanderzusetzen.
»Sie können diese ganze Linie nicht halten. Das ist unmöglich; ich stehe dafür, daß ich sie durchbreche. Geben Sie mir fünfhundert Mann, und ich durchbreche sie; das ist ganz sicher. Streifkorps, das ist das einzige hier zweckmäßige System.«[264]
Denisow stand auf und erläuterte dem Fürsten Bolkonski seinen Plan unter lebhaften Gestikulationen. Mitten in seine Darlegungen hinein ertönte von dem Platz der Truppenschau her das Hurrarufen des Heeres. Es klang jetzt noch unharmonischer und über einen weiteren Raum ausgedehnt als vorher und floß mit der Musik und dem Gesang von Liedern zusammen. Im Dorf hörte man Pferdegetrappel und Schreien.
»Jetzt kommt er selbst!« rief ein Kosak, der am Tor stand. »Er kommt!«
Bolkonski und Denisow traten an das Tor, wo eine Abteilung Soldaten, die Ehrenwache, Aufstellung genommen hatte, und erblickten Kutusow, der auf einem kleinen Braunen die Dorfstraße entlanggeritten kam. Eine gewaltige Suite von Generalen ritt hinter ihm, Barclay fast an seiner Seite; eine Menge von Offizieren lief hinter ihnen und um sie her und schrie Hurra.
Ihm voraus sprengten mehrere Adjutanten in den Hof hinein. Kutusow stieß ungeduldig sein Pferd in die Weichen, einen Paßgänger, der in weichem Gang seinen schweren Reiter trug, und legte unaufhörlich, mit dem Kopf nickend, die Hand an die weiße Chevaliergarde-Mütze (mit rotem Besatz und ohne Schirm), die er trug. Als er zu der salutierenden Ehrenwache gekommen war, prächtigen, strammen, großenteils mit Orden geschmückten Grenadieren, musterte er sie ein Weilchen schweigend mit dem aufmerksam prüfenden Blick des Vorgesetzten und wandte sich dann zu der ihn umgebenden Schar der Generale und Offiziere. Sein Gesicht nahm auf einmal einen feinen, klugen Ausdruck an; er zuckte mit einer Gebärde der Verwunderung die Achseln.
»Und mit solchen Prachtkerlen geht man immer nur rückwärts und rückwärts!« sagte er. »Nun, auf Wiedersehen, General«, fügte er hinzu und trieb sein Pferd ins Tor, an dem Fürsten Andrei und Denisow vorüber.[265]
»Hurra! Hurra! Hurra!« schallte es hinter ihm her.
Seit Fürst Andrei ihn zum letztenmal gesehen hatte, war Kutusow noch dicker, fetter, schwammiger geworden. Aber das ihm bekannte weiße Auge und die Narbe und der Ausdruck von Müdigkeit in seinem Gesicht und in seiner ganzen Gestalt waren unverändert geblieben. Er trug einen Uniform-Oberrock; über der Schulter hing an einem dünnen Riemen die Peitsche. Schwerfällig zusammengesunken und hin und her schwankend saß er auf seinem munteren Pferdchen. »Fü ... fü ... fü ...«, pfiff er ganz leise, während er auf den Hof ritt. Auf seinem Gesicht prägte sich die Freude aus, die man empfindet, wenn man lästigen Repräsentationspflichten genügt hat und sich nun auszuruhen und zu erholen gedenkt. Er zog den linken Fuß aus dem Steigbügel, bog sich mit dem ganzen Oberkörper nieder, brachte, vor Anstrengung die Stirn runzelnd, das linke Bein mit Mühe auf den Sattel, stemmte sich mit dem Knie auf, ächzte und ließ sich in die Arme der Kosaken und Adjutanten sinken, die ihn auffingen.
Er richtete sich gerade und blickte mit seinen zusammengekniffenen Augen um sich; den Fürsten Andrei sah er an, aber offenbar ohne ihn zu erkennen; dann schritt er mit seinem gleitenden Gang der Freitreppe zu. »Fü ... fü ... fü ...«, pfiff er wieder und sah sich noch einmal nach dem Fürsten Andrei um. Der Eindruck, den er von dem Gesicht des Fürsten Andrei empfangen hatte, verband sich, wie das bei Greisen oft vorkommt, erst nach einigen Sekunden mit der Erinnerung an seine Persönlichkeit.
»Ah, guten Tag, Fürst; guten Tag, mein Lieber. Komm nur mit ...«, sagte er mit müder Stimme, indem er sich umsah, und stieg schwerfällig die Freitreppe hinan, die unter seinem Gewicht knarrte.
Er knöpfte sich den Rock auf und setzte sich auf ein Bänkchen, das auf der Plattform stand.[266]
»Nun, was macht der Vater?«
»Gestern habe ich die Nachricht von seinem Tod erhalten«, antwortete Fürst Andrei kurz.
Kutusow blickte den Fürsten Andrei mit erschrockenen, weitgeöffneten Augen an; dann nahm er die Mütze ab und bekreuzte sich:
»Sei ihm das Himmelreich beschieden! Gottes Wille geschehe an uns allen!« Er seufzte schwer aus tiefster Brust und schwieg eine Weile. »Ich habe ihn herzlich geliebt und geschätzt und teile deinen Schmerz von ganzer Seele.«
Er umarmte den Fürsten Andrei, drückte ihn an seine fette Brust und hielt ihn lange fest. Als er ihn dann losließ, sah Fürst Andrei, daß Kutusows aufgeschwemmte Lippen zitterten und ihm die Tränen in den Augen standen. Kutusow seufzte und faßte mit beiden Händen nach der Bank, um aufzustehen.
»Komm zu mir, komm, wir wollen noch miteinander reden«, sagte er.
Aber in diesem Augenblick stieg Denisow, der sich vor seinem hohen Vorgesetzten ebensowenig fürchtete wie vor dem Feind, obgleich die Adjutanten an der Freitreppe ihn mit zornigem Flüstern zurückzuhalten suchten, sporenklirrend die Stufen hinan und trat auf die Plattform. Kutusow, der immer noch die Arme auf die Bank gestemmt hielt, blickte ihn unzufrieden an.
Denisow nannte seinen Namen und erklärte, er habe Seiner Durchlaucht eine Sache von großer Wichtigkeit für das Wohl des Vaterlandes mitzuteilen. Kutusow betrachtete ihn mit müdem Blick, nahm mit einer ärgerlichen Gebärde die Hände wieder in die Höhe, legte sie über dem Bauch zusammen und fragte: »Für das Wohl des Vaterlandes? Nun, was denn also? Sprich!« Denisow wurde rot wie ein junges Mädchen (dieses Erröten nahm sich auf dem schnurrbärtigen, alten Trinkergesicht ganz seltsam aus) und begann[267] dreist seinen Plan einer Durchbrechung der feindlichen Operationslinie zwischen Smolensk und Wjasma auseinanderzusetzen. Denisow hatte in diesen Gegenden gelebt und kannte das Terrain genau. Sein Plan schien zweifellos gut zu sein, namentlich nach der Überzeugungsfreudigkeit zu urteilen, mit der er sprach. Kutusow sah auf seine Füße und blickte sich mitunter nach dem Hof des benachbarten Bauernhauses um, als wenn er von dort etwas Unangenehmes erwartete. Wirklich erschien aus dem Bauernhaus, nach dem er hinschaute, während der Auseinandersetzung Denisows ein General mit einer Mappe unter dem Arm.
»Nun?« sagte Kutusow mitten in Denisows Darlegung hinein. »Schon fertig?«
»Jawohl, Euer Durchlaucht«, erwiderte der General.
Kutusow wiegte den Kopf hin und her, als ob er sagen wollte: »Wie kann nur ein einziger Mensch das alles schaffen?« und fuhr fort Denisow zuzuhören.
»Ich gebe mein Ehrenwort als russischer Offizier«, sagte Denisow, »daß ich die Verbindung Napoleons durchbrechen werde.«
»Wie ist der Oberintendant Kirill Andrejewitsch Denisow mit dir verwandt?« unterbrach ihn Kutusow.
»Er ist mein Onkel, Euer Durchlaucht.«
»So, so! Wir waren befreundet«, sagte Kutusow heiter. »Schön, schön, mein Lieber; bleibe nur hier beim Stab; wir wollen morgen weiter darüber reden.«
Er nickte Denisow zu, wandte sich von ihm weg und streckte die Hand nach den Papieren aus, die ihm Konownizyn gebracht hatte.
»Ist es Euer Durchlaucht nicht gefällig, sich ins Zimmer zu bemühen?« fragte der diensttuende General in unzufriedenem Ton. »Es ist erforderlich, daß Euer Durchlaucht Terrainpläne ansehen und einige Papiere unterschreiben.«[268]
Ein Adjutant, der aus der Tür trat, meldete, daß in dem Quartier alles bereit sei. Aber Kutusow, der offenbar erst dann ins Zimmer gehen wollte, wenn er mit allem fertig sein würde, runzelte die Stirn.
»Nein, mein Lieber, laß mir ein Tischchen hierherbringen; ich werde die Sachen hier ansehen«, erwiderte er. »Geh du nicht fort«, fügte er, zu dem Fürsten Andrei gewendet, hinzu.
Fürst Andrei blieb auf der Freitreppe, so daß er den Bericht des diensttuenden Generals mit anhörte.
Während dieses Berichtes vernahm Fürst Andrei hinter der Haustür das Geflüster von Frauenstimmen und das Knistern eines seidenen Frauenkleides. Bei mehrmaligem Hinblicken nach dieser Richtung bemerkte er hinter der Tür eine volle, rotwangige, hübsche Frau in einem rosa Kleid und einem lila seidenen Kopftuch, die mit einer Schüssel offenbar auf den Eintritt des Oberkommandierenden wartete. Kutusows Adjutant erklärte dem Fürsten Andrei flüsternd, dies sei die Hausfrau, die Gattin des Popen, die Seiner Durchlaucht Brot und Salz zu überreichen beabsichtige; ihr Mann habe den Durchlauchtigen in der Kirche mit dem Kreuz empfangen, und sie wolle ihn nun im Haus begrüßen. »Ein sehr hübsches Frauchen«, fügte der Adjutant lächelnd hinzu. Bei diesen Worten sah sich Kutusow um. Er hörte den Bericht des diensttuenden Generals (der Hauptgegenstand desselben war eine Kritik der Position bei Zarewo-Saimischtsche) in derselben Weise an, wie er soeben Denisow und wie er sieben Jahre vorher die Debatten im Kriegsrat bei Austerlitz angehört hatte. Er hörte augenscheinlich nur deswegen, weil er Ohren hatte, die, obwohl in dem einen von ihnen ein Stückchen Schiffseil steckte, nicht umhin konnten zu hören; aber es war klar, daß nichts von alledem, was ihm der diensttuende General sagen konnte, imstande war, ihn in Verwunderung zu setzen oder sein[269] Interesse zu erregen, daß er vielmehr alles, was ihm gesagt wurde, vorherwußte und es nur deswegen anhörte, weil er es eben anhören mußte, gerade wie man in der Kirche die Liturgie anhören muß. Alles, was Denisow gesagt hatte, war gescheit und vernünftig gewesen; was der diensttuende General sagte, war noch gescheiter und vernünftiger; aber es war klar, daß Kutusow Wissen und Verstand geringschätzte und etwas anderes für wichtiger hielt, wonach er alle Fragen entscheiden zu müssen glaubte, etwas anderes, was mit Wissen und Verstand nichts zu tun hatte. Fürst Andrei beobachtete aufmerksam den Gesichtsausdruck des Oberkommandierenden, und der einzige Ausdruck, den er dabei wahrnehmen konnte, war ein Ausdruck von Langeweile sowie ein Ausdruck von Neugier, was wohl das Geflüster der Frauenstimme hinter der Tür zu bedeuten habe, und der Wunsch, den Anstand zu wahren. Es war augenscheinlich, daß Kutusow Verstand und Wissen und sogar das patriotische Gefühl, das Denisow an den Tag gelegt hatte, geringschätzte, aber nicht etwa gegenüber seinem eigenen Verstand, Gefühl und Wissen (denn diese suchte er gar nicht zu zeigen), sondern einem andern Moment gegenüber. Er schätzte sie gering gegenüber seinem Alter und seiner Lebenserfahrung. Die einzige eigene Willensäußerung, die bei diesem Rapport von Kutusow ausging, erfolgte, als es sich um das Marodieren der russischen Truppen handelte. Der diensttuende General legte gegen Ende seines Rapportes dem Durchlauchtigen ein Schriftstück zur Unterschrift vor, in dem auf die Beschwerde eines Gutsbesitzers hin angeordnet wurde, es sollten mehrere Kommandeure wegen Abmähens grünen Hafers zur Verantwortung gezogen werden.
Nachdem Kutusow den Bericht hierüber angehört hatte, schmatzte er mit den Lippen und wiegte den Kopf hin und her.
»In den Ofen damit ... ins Feuer!« sagte er. »Und ich will[270] dir ein für allemal sagen, mein Lieber: alle solche Beschwerden ins Feuer! Mögen die Soldaten mit Gesundheit das Getreide abmähen und das Holz verbrennen! Ich befehle das weder noch erlaube ich es; aber bestrafen kann ich dafür niemand. Ohne das geht es nun einmal nicht. Wo Holz gehauen wird, fliegen die Späne.« Er blickte noch einmal in das Schriftstück hinein. »O diese deutsche Peinlichkeit!« sagte er kopfschüttelnd.
Buchempfehlung
Die beiden Schwestern Julchen und Lottchen werden umworben, die eine von dem reichen Damis, die andere liebt den armen Siegmund. Eine vorgetäuschte Erbschaft stellt die Beziehungen auf die Probe und zeigt, dass Edelmut und Wahrheit nicht mit Adel und Religion zu tun haben.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro