Münstersage

[187] Am Münsterturm, dem grauen,

Da sieht man, groß und klein,

Viel Namen eingehauen;

Geduldig trägt's der Stein.


Einst klomm die luft'gen Schnecken

Ein Musensohn heran,

Sah aus nach allen Ecken,

Hub dann zu meißeln an.
[187]

Von seinem Schlage knittern

Die hellen Funken auf;

Den Turm durchfährt ein Zittern

Vom Grundstein bis zum Knauf.


Da zuckt in seiner Grube

Erwins, des Meisters, Staub,

Da hallt die Glockenstube,

Da rauscht manch steinern Laub.


Im großen Bau ein Gären,

Als wollt er wunderbar

Aus seinem Stamm gebären,

Was unvollendet war! –


Der Name war geschrieben,

Von wenigen gekannt;

Doch ist er stehngeblieben

Und längst mit Preis genannt.


Wer ist noch, der sich wundert,

Daß ihm der Turm erdröhnt,

Dem nun ein halb Jahrhundert

Die Welt des Schönen tönt?1

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Auf der Plattform des Straßburger Münsters steht unter vielen auch Goethes Name, von seinen akademischen Jahren her, eingehauen.

Quelle:
Ludwig Uhland: Werke. Band 1, München 1980, S. 187-188.
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