Pensionärinnen

[113] Die eine fünfzehn Jahr, die andere sechzehn, rüsten

Blauäugig-schlank, zum Schlafe sich. Beklommen

Und schwül ist die Septembernacht gekommen.

Die Wangen färbt ein zärtliches Gelüsten.


Die feinen Hemden gleiten von den Büsten

Und hauchen holden Duft, süss und verschwommen,

Es dehnt die Jüngre sich, die Freundin lustentglommen

Küsst sie, die Hände auf der andern Brüsten.


Dann sinkt sie in die Knie, vom Wahnsinn fortgezogen,

Und taucht den Mund in der Erregung Wogen

In Schatten unter goldnem Lockenglanze.


Und während der Umarmung regt die Kleine

Die Fingerchen, als spiele sie zum Tanze,

Und rosig lächelt sie in süsser Reine.

Quelle:
Verlaine, Paul: Ausgewählte Gedichte. Leipzig 1983, S. 113-114.
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