In der Stille

[35] In Waldes Dämmerschein

Lass unter Zweig und Strauch

Uns tief durchdrungen sein

Von dieses Schweigens Hauch.


Dass unsrer Herzen Drang

Hinschmilzt und zärtlich schweigt

Im Duft, der sehnsuchtsbang

Von Busch und Fichte steigt.


Schliess' deine Augen du,

Die Händ' kreuz' auf der Brust,

Aus deines Herzens Ruh

Vertreibe Leid und Lust.


Die Seelen neigen wir

Dem Weh'n, das lind sich regt

Und sanft zu Füssen dir

Das braune Gras bewegt.


Und wenn der Abend kam

Und schwarz von Bäumen sinkt

Leiht Stimme unserm Gram

Die Nachtigall – und singt.

Quelle:
Verlaine, Paul: Ausgewählte Gedichte. Leipzig 1983, S. 35-36.
Lizenz: