[272] 1787.
Odi profanum vulgus et arceo.
Horat.
Wie hehr im Glase blinket
Der königliche Wein!
Wie strömt sein Duft! O trinket,
Und laßt uns fröhlich sein!
Doch fälscht ein Rebenhasser
Den Feuertrank mit Wasser;
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Und reicht ihm klares Wasser!
[272]
Der edle Wein erweitert
Des edlen Mannes Herz,
Erhellt den Geist, und läutert
Des Wortes Ernst und Scherz.
Will jemand einen Sparren
Zu viel ins Dach uns narren;
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Und laßt ihm seinen Sparren!
Es strahlt, wie Gottes Sonne,
Die Wahrheit allgemein;
Nicht Kirche, Log' und Tonne
Des Denkers schließt sie ein.
Wenn etwa Schält' im Dunkeln
Von eigner Wahrheit munkeln;
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Und lacht der Schälk' im Dunkeln!
Kocht thöricht Gold im Tiegel,
Und blast den Diamant;
Raubt Salomonis Siegel,
Der Geister Graun, und bannt!
Doch wird zum Trank der Jugend
Gebraut der Sterne Tugend;
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Nur Wein ist Trank der Jugend!
[273]
Wer Messe liebt zu plärren
Am hellen Fronaltar,
Der spiel' auch Tempelherren
In weißem Amtstalar!
Doch trennt man uns vom Bunde
Der feuchten Tafelrunde;
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Und fei'rt die Tafelrunde!
Beim Trunk gehört ein König,
(So war's in alter Zeit!)
Der, trinkt ein Gast zu wenig,
Ihm Dreimaldrei gebeut!
Doch raunt man von Sankt Petern,
Und unbekannten Vätern;
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Trotz unbekannten Vätern!
Wir zechen gern in Frieden,
Und glauben, was man kann!
Im Osten auch und Süden
Wohnt mancher Biedermann,
Doch rühmt ein Schalk uns Kloster,
Tonsur und Paternoster;
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Und schickt ihn heim ins Kloster!
[274]
Auf! füllt das Glas, ihr Lieben,
Und trinkt den lieben Wein;
Sei's Dreimaldrei, sei's Sieben,
Die bös', auch Dreimalneun!
Doch sperrt ein Schalk den Schnabel
Zu Pfaffentrug und Fabel;
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Frisch!
Trommelt auf den Tisch!
Und schlagt ihm auf den Schnabel!
Buchempfehlung
Der junge Königssohn Philotas gerät während seines ersten militärischen Einsatzes in Gefangenschaft und befürchtet, dass er als Geisel seinen Vater erpressbar machen wird und der Krieg damit verloren wäre. Als er erfährt, dass umgekehrt auch Polytimet, der Sohn des feindlichen Königs Aridäus, gefangen genommen wurde, nimmt Philotas sich das Leben, um einen Austausch zu verhindern und seinem Vater den Kriegsgewinn zu ermöglichen. Lessing veröffentlichte das Trauerspiel um den unreifen Helden 1759 anonym.
32 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro