Scena tertia.

[221] Eva. Adam.


EVA.

Sich, die schlange saget auch recht,

Mit Adam mus nicht sein so schlecht,

Und denck auch itzt selbest daran,

Er mus nicht recht vorstanden han.


Adam, kom her auch bald zu mir,

Auch eins hab ich zu sagen dir:

Die schlang ist itzt bey mir gewest,[221]

Die saget standhafftig und vest,

Das wir auch werden sterben nicht,

Wie du mich hievor hast bericht,

So wir essen von dem geschlecht.

Du werst nicht han vorstanden recht.

Das ist der allerschönste baum

An allen wandel auff dem rawm,

Darzu sein frucht lieblich gestalt,

Weil er klug macht gantz manichfalt.

Ey sich, ein schöne frucht ist das,

Süs und lieblich an alle mas,

Nim hin und ys, dieweil es mir,

Des gleich wert es nicht schaden dir.

Adam, was sagstu auch hierzu?

ADAM.

Ey, wie wacker bin ich auch nu!

EVA.

Ich auch, mir ist seltzam bey dir.

ADAM.

Des gleich bey dir, das glaub du mir.

Sich, bistu doch auch nacket gar,

Des gleichen ich, sag ich vorwar,

Darzu mich dünckt inn meinem mut,

Das ich nu ken das böse und gut

Und das sich in mir thu regen

Böse lust, begir zu dir liegen,

Du gefelst mir anders dann vor,

Das sag ich dir auch gantz vorwor,

Mich thut itzt noch dir vorlangen.

EVA.

Mit lust mein hertz ist gefangen.

Sich, wer seint die, welch komen dorth?[222]

ADAM.

O Eva, las uns fliehen nort.

Ich seh wol, das seind unser veindt,

Die werden uns erwürgen heint.

EVA.

Adam, ich geb dir guten radt,

Du solt uns itzt auch machen drat

Vom laub schurtz, das wir uns decken,

Darzu woln wir uns vorstecken,

Wir wollen ihn wol entfliegen,

Das sie uns nicht sollen kriegen.


Quelle:
Dramen von Ackermann und Voith. Tübingen 1884, S. 221-223.
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