|
[656] Ein leer von vergebung d'sünden, daß wir vnsere sündhafft natur erkennen, vmb gnad bitten, vnd vergebung der sünd durch Christum hoffen sollen.
1.
Wol dem menschen, dem sünden vil
vnd missethat vergeben
Vnn dems Got nit zu rechnen wil,
für den todt gibt das leben!
Dann da ich wolt
mein sünd vnd schuldt
vor dir, Herr, nicht bekennen,
Verdorrt mein safft
vnd all mein krafft,
must mich einn sünd' nennen.
2.
Dann deine hand war vber mir
vnd truckt mich tag vnd nachte,
Macht mir die Sünd so groß vnd schwer,
daß all mein gbein verschmachte,
Da sprach ›Ich muß
mich kern zur buß,
bekennen mein gebrechen‹:
Dein zorn ließ ab,
bald sünd vergab,
wilt mir kein schuld zurechnen
3.
Dafür dich auch von anbegin
all Heilgen han gebetten,
Daß du auß gnad vergabest jn
jr schuld vnd vbertretten,
Dadurch sie sein
gantz frei vnd reyn
von sünd vnd Hellschem schrecken,
Wirst sie on klag
am jüngsten tag
zur herrligkeyt erwecken.
4.
Du bist, Herr Got, mein schirm vnd schutz,
wöllst mich für angst behüten,
Daß mir nit schad der sünden trutz,
der Hell vnd Teuffels wüten:
Zeyg mir dein weg
vnd deine steg
vnd mach mich, Herr, verstendig,
Daß ich nit werd
gleich wie ein pferd
wild, fräch vnd gar vnbendig.
5.
Der gotloß wirt für seine Sünd
beyd hie vnd dort geplaget,
Der glaubig stedts gnad bei dir sindt,
wie vns dein Wort zusaget:
Drumb dancken wir,
daß deine leer
thut vnser hertz vernewen.
In deinem rhum
gerecht vnd frumm
wölln wir vns Ewig frewen.
Buchempfehlung
Das Trauerspiel um den normannischen Herzog in dessen Lager vor Konstantinopel die Pest wütet stellt die Frage nach der Legitimation von Macht und Herrschaft. Kleist zeichnet in dem - bereits 1802 begonnenen, doch bis zu seinem Tode 1811 Fragment gebliebenen - Stück deutliche Parallelen zu Napoleon, dessen Eroberung Akkas 1799 am Ausbruch der Pest scheiterte.
30 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro