Psalm. 32. Beati quorum

[656] Ein leer von vergebung d'sünden, daß wir vnsere sündhafft natur erkennen, vmb gnad bitten, vnd vergebung der sünd durch Christum hoffen sollen.


1.

Wol dem menschen, dem sünden vil

vnd missethat vergeben

Vnn dems Got nit zu rechnen wil,

für den todt gibt das leben!

Dann da ich wolt

mein sünd vnd schuldt

vor dir, Herr, nicht bekennen,

Verdorrt mein safft

vnd all mein krafft,

must mich einn sünd' nennen.


2.

Dann deine hand war vber mir

vnd truckt mich tag vnd nachte,

Macht mir die Sünd so groß vnd schwer,

daß all mein gbein verschmachte,

Da sprach ›Ich muß

mich kern zur buß,

bekennen mein gebrechen‹:

Dein zorn ließ ab,

bald sünd vergab,

wilt mir kein schuld zurechnen


3.

Dafür dich auch von anbegin

all Heilgen han gebetten,

Daß du auß gnad vergabest jn

jr schuld vnd vbertretten,

Dadurch sie sein

gantz frei vnd reyn

von sünd vnd Hellschem schrecken,

Wirst sie on klag

am jüngsten tag

zur herrligkeyt erwecken.


4.

Du bist, Herr Got, mein schirm vnd schutz,

wöllst mich für angst behüten,

Daß mir nit schad der sünden trutz,

der Hell vnd Teuffels wüten:

Zeyg mir dein weg

vnd deine steg

vnd mach mich, Herr, verstendig,

Daß ich nit werd

gleich wie ein pferd

wild, fräch vnd gar vnbendig.


5.

Der gotloß wirt für seine Sünd

beyd hie vnd dort geplaget,

Der glaubig stedts gnad bei dir sindt,

wie vns dein Wort zusaget:

Drumb dancken wir,

daß deine leer

thut vnser hertz vernewen.

In deinem rhum

gerecht vnd frumm

wölln wir vns Ewig frewen.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Band 3, Leipzig 1874, S. 656-657.
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