Tiefer Friede

[489] Die Tage verblassen, die Stunden zergehn,

Die Waffen rasten und rosten;

Ich bin von vorn und von hinten besehn

Ein armer verlorener Posten.


Es kreisen die Dohlen, es kriecht das Gewürm,

Die Menschen hassen und lieben;

Ich bin wie ein alter Regenschirm

In Gedanken stehen geblieben.


Staub deckt meine Falten, es wackelt der Knauf,

Es wankt das Skelett unterm Knaufe;

Ich wollte, des Schicksals Hand spannte mich auf

Und hielte mich unter die Traufe.[489]


Quelle:
Frank Wedekind: Werke in drei Bänden. Band 2, Berlin und Weimar 1969, S. 489-490.
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