Abschied

[424] Glück und Segen und alles Gute

Gieß dir hernieder ein schützender Stern;

Könnt ich's erkaufen mit meinem Blute,

Oh, wie erkauft ich es dir so gern.


Freu dich sorglos der sonnigen Tage!

Klarblauer Himmel verkläret den Blick;

Aber mit weicher melodischer Klage

Dämpfe die Schmerzen im Mißgeschick.


Durch die Täler und über die Höhen

Wandr ich indessen die steinige Bahn;

Fernher winkendes Wiedersehen

Spornt die ermüdeten Schritte an.


Breitet sich abends dann mir zu Füßen

Reich die herrliche Lenzesflur,

Drüben die dunklen Berge grüßen

Und der Flüsse leuchtende Spur.


Seh ich's alles weit übergossen

Von der sinkenden Sonne Glut,

Oh, wie wird mir das Herz erschlossen,

Dein gedenkend mit neuem Mut.


Dein gedenkend, steig ich zu Tale,

Nacht umfängt mich mit düstren Wehn;

Aber im Morgensonnenstrahle

Weiß ich ein freudiges Wiedersehn.[424]


Quelle:
Frank Wedekind: Werke in drei Bänden. Band 2, Berlin und Weimar 1969, S. 424-425.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die vier Jahreszeiten
Die vier Jahreszeiten: Gedichte (insel taschenbuch)