Dritter Auftritt

[10] Die Vorigen. Töffel kömmt singend, ohne daß er sie gleich gewahr wird.


TÖFFEL.

Wenn mich nur mein Röschen liebt,

Bin ich schon geborgen:

Wem das Glücke Reichthum giebt,

Dem giebt es auch Sorgen.


Hätt' ich Silber auch wie Heu,

Gold in allen Säcken:

Arbeit hätt' ich nicht dabey,

Aber Furcht und Schrecken.


Hätt' ich täglich Bier und Wein,

Braten auch nicht minder:

Fetter könnt ich dann wohl seyn,

Aber nicht gesünder


Nein, wenn mich mein Röschen liebt,

Bin ich schon geborgen:[10]

Wem das Glücke Reichthum giebt

Dem giebt es auch Sorgen.

MICHEL. Das hab' ich gedacht, daß der von Röschen schwatzen muß, wenn die von Töffeln redt. Das geht beständig Töffel und Röse, Röse und Töffel.

TÖFFEL. Nu Nu, Michel; Ihr seyd ein viel zu guter Mann, als daß Ihr darüber böse seyn könntet. Ihr gebt mir eure Tochter lange noch Er läuft zu Röschen, und drückt ihr die Hand, Michel zieht ihn weg, Röschen und Töffel suchen sich immer wieder einander zu nähern; Michel jagt sie aber stets wieder an ihren Ort.

MICHEL. Töffel, tretet Ihr auf die Seite, und Du Röse, auf jene! – Wir haben itzt wichtigere Dinge, als von solchen Narrenspöschen zu reden.[11]

RÖSCHEN auf die Seite. Ich möchte wissen, obs mein Vater auch für Narrenspöschen gehalten hätte, als er bey meiner Mutter auf die Freyte gieng.

MARTHE. Nu, knorre nicht, wenn der Vater redt!

MICHEL. Röse, halts Maul! – Töffel, der König wird hier jagen.

TÖFFEL. Der König?

MICHEL. Ja, hört Ihrs nicht? der König; und da soll ich als Richter etliche Bauren zusammen nehmen, die das Wild ein bischen treiben, und auf die Wilddiebe Achtung geben – – Töffel sieht immer nach Röschen, und[12] macht ihr Gesichter – – Nu, Töffel, ich rede itzt, ich, der Richter.

TÖFFEL. Ich hörs wohl.

MICHEL. Nu, was hab' ich geredt?

TÖFFEL. Daß – daß – daß – Ihr der Richter hier seyd, – daß – daß – daß – die Wilddiebe kommen werden, und – daß wir auf den König Achtung geben sollen, daß das –

MICHEL. Daß Ihr ein dummer Kerl seyd. Der König, sage ich, wird hier jagen, und Ihr sollt ein bischen das Wild treiben, und –

TÖFFEL. Ja, ja, ich weiß nun schon.[13]

MICHEL. Nu habe ich Euch ausersehen – Röse, sieh mir nicht nach Töffeln! – daß Ihr ein bischen dabey sollt Achtung geben, ein bischen Anstalt machen, daß die Bauern an den Orten Lärmen machen, wo es was aufzutreiben giebt, das lüderliche Gesindel, das etwan ein Stück Wildpred dabey wegzuschnappen denkt, aufhaschen, und dergleichen. Ich will dabey seyn, ich und Ihr. Seht Ihrs? Es ist unsre Schuldigkeit, daß wir mit für unsers Herrn Vergnügen sorgen, da er für unsre Ruhe sorgt.

TÖFFEL. Das kann ich wohl thun, ich kenne ihn zwar nicht, er soll aber ein guter Mann seyn.

MICHEL. Nu, seht Ihrs; ich verhelfe euch vielleicht zu der Ehre, daß Ihr ihn zu sehen[14] kriegt. Ich halt' Euch noch für den Klügsten nach mir und meinem Christel.

TÖFFEL. Und wollt mir doch Eure Tochter nicht geben?

MICHEL. Kommt mir nur itzt nicht, wenn man Staatsgeschäffte im Kopfe hat. Ja, Christel sollte hier seyn. Ich gäbe die beste Kuh im Stalle drum! Vielleicht könnt' er dem König einen Fußfall thun, daß er ihm zu seinem Hannchen verhülfe.

TÖFFEL. Geht mir doch mit Eurer Hanne. Wenn ich an Christels Stelle wäre; der Henker müßte mich plagen, daß ich des Mädchens wegen in die Stadt lief, und dem König einen Fußfall thäte.[15]

MARTHE. Und warum denn nicht, Töffel? Hannchen, unsers verstorbenen Pachters Tochter, ist ein fein Mädchen; unser Christel hat sie lieb, und sie hat ihn lieb.

RÖSCHEN. Ja wohl, hat sie ihn lieb, so lieb – Heimlich zu ihm. wie ich dich! Wenn der verzweifelte Graf nicht wäre –

TÖFFEL. Ja freylich, wenn der verzweifelte Graf nicht wäre. Glaubt mir nur, dem Mädchen steckt der Junker im Kopfe: da ist sie immer bey ihrer Palhe seeliger, der verstorbnen Edelfrau gewesen; da ist Euch das Mädchen so galant, so vornehm geworden, – kein Bauer ist ihr gut genug.[16]

MICHEL. O ho! Töffel, vermengt mir nur auch Christeln nicht mit den Bauren: er könnte alle Augenblick für einen Städter paßiren, wenn er einen vornehmen Rock anhätte.

MARTHE. Ja, er sollte nur einen Haarbeutel einmachen, und sich ein bischen pudern, wir wollten sehn, wir wollten sehen.

RÖSCHEN. Ja, Töffel, und einen Degen anstecken, und einen Tressenhut aufhaben, wir wollten sehen, ob er nicht eine so gute Figur machte, als Riepel der Furier.

TÖFFEL. Er ist deswegen doch noch kein Graf. Glaubt mir nur: es heißt, der Graf hat sie entführt? Ich behaupte, daß sie mit ihm entlaufen ist.[17]

MICHEL. Das glaube ich nicht, Töffel!

MARTHE zu Töffeln. Ihr seyd nicht gescheut! das Mädchen war Christeln viel zu gut.

RÖSCHEN. Töffel, du redst dumm Zeug. Der Graf heurathet sie einmal nicht, und zur Schökerey dünkt sich unser einer zu gut.


Und käm ein Graf mit einem Band

Und Stern an seiner Seite,

Und spräch: da Rösel, ist die Hand,

Dich Mädchen nehm ich heute!

So spräch ich: nein, ich bin kein Schaaf:

Sie nehmen mich zum Spaße,

Und das taugt nichts; nein, nein, Herr Graf!

Gehn sie nur ihrer Straße!

TÖFFEL. Je nu, höre nur Röse: Du bist auch noch keine Hanne; die ist schon ein bischen[18] vornehmer. Die Bauermädchen halten immer noch eher auf Ehre und Reputation: und im Vertraun, ich wollte doch nicht, daß ein Graf zu dir käme. So lange man keinen sieht, so denkt man immer: ich spräche das, ich spräche jenes: aber er mag immer wegbleiben.


Ich traue keinem Mädchen nicht,

Ein schönes Kleid, ein weiß Gesicht


Mit einer dreusten Stirne,

Verrückt leicht ihr Gehirne.

Der Teufel wird nicht aufgedeckt,

Der unterm schönen Kleide steckt.

Ist es von jungen Herrchen voll:

Wie leicht wird da das Köpfchen toll!

MICHEL. Ich glaube, meiner Treu, Töffel hat so gar Unrecht nicht. Und wenn Christel nur einmal wieder bey uns ist, so werde ich sagen: Christel ihn' dich nach einen andern[19] Mädchen um, es giebt ja mehr hübsche Mädchen.

MARTHE. Ach! das arme Hannchen!

TÖFFEL. Nein, nein Michel, Ihr habt Recht.

RÖSCHEN spottet ihm erbittert nach. Ihr habt Recht, ja Ihr habt Recht, Michel – Warte nur, du Dieb!

TÖFFEL. Sey nicht böse, Röse, ich sage nur so –

MICHEL. Haltets Maul! Ich bin ganz von meiner Historie abgekommen. – – Also Du, Töffel, wirst hier warten. Ich will noch etliche von unsern Bauren zusammen rufen, die Du mit kommandiren sollst. Daß wir aber doch ein bissel Figur und Respekt machen,[20] so geh Du, Marthe, und hole die paar alten Pistolen, die ich oben in unsrer Kammer habe. Sie liegen unterm Bette; Du wirst sie schon finden.

TÖFFEL. Ja, habt Ihr denn auch Pulver?

MICHEL. Ach, wir brauchen keines. Es ist blos des Respekts wegen. Du, Röse, mache eine Laterne zurechte. Man weiß nicht, wie lange die Historie werden möchte, und ich sage immer: man muß ein bischen politisch seyn und sich in Zeiten vorsehen.


Beym schönsten Sonnenschein

Nimm deinen Mantel um,

Und laß die Narren schreyn:

Der Kerl ist roll und tumm!

Denn kömmt ein Wetter drein:

Was kümmerst du dich drum?[21]

Du kannst gar ruhig seyn:

Du nimmst den Mantel um.


Geht ab.


Quelle:
Johann Adam Hiller: Die Jagd. Leipzig 1770, S. 10-22.
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