Dreizehnter Auftritt

[81] Gadshill und Scrop rechts, Green und Blunt links.


BLUNT. Kommt hierher, hier sind wir ungestört.

SCROP. Im Saal ist's so heiß.

GREEN. Und solch ein Lärm, daß man nicht einmal in Ruhe trinken kann.

Alle Vier setzen sich an den Tisch rechts.


GADSHILL. Hier ist's angenehm kühl, und der klare Mondenschein –

BLUNT.

Ach, Bruder, die Welt ist so schön!

Hast du auch eine Flasche bei dir?

GADSHILL zieht eine Flasche aus der Tasche. Das versteht sich!

SCROP ebenso. Ich auch!

GREEN ebenso. Ich auch!

BLUNT ebenso. Siehst du, ich habe auch eine bei mir – und zwei hab' ich noch in der Tasche; denn Trinken, Bruder, siehst du, Trinken, das ist: Trinken! Es giebt viel Annehmlichkeiten in der Welt, aber doch nur drei Hauptvergnügungen.

GADSHILL. Ah, ich weiß schon, du meinst: Wein, Weiber und Gesang.

BLUNT. Du bist ein guter Christ, aber du hast's nicht getroffen. Siehst du, Bruder, das erste ist: Trinken! und das Zweite ist: Trinken! und das dritte ist: Trinken!

Alle lachen.


BLUNT. Hahaha! Nicht wahr, ich habe recht? Denn seht: Singen? Singen ist gut, ich singe auch, aber man kann doch nicht immer singen, man kriegt's satt. Und Weiber? O ja! o ja! – Aber – na, davon wollen wir nicht reden, das weiß ich und meine Suse am besten. Aber Trinken? Seht ihr, Trinken, das ist: Trinken!

ALLE DREI. Ja, Bruder, du hast recht, Bruder! Sie trinken, stehen auf und treten vor.

[81] Nr. 17. Trinklied und Quintett mit Chor.


BLUNT.

Im Herbst, da muß man trinken!

ALLE.

Im Herbst, da muß man trinken!

Das ist die rechte Zeit;

Da reift uns ja der Traube Blut

Und dabei schmeckt der Wein so gut;

Im Herbst, da muß man trinken!

BLUNT.

Im Winter muß man trinken!

ALLE.

Im Winter muß man trinken!

Im Winter ist es kalt;

Da wärmet uns der Traube Blut

Und dabei schmeckt der Wein so gut;

Im Winter, ja, da muß man trinken!

BLUNT.

Im Sommer muß man trinken!

ALLE.

Im Sommer muß man trinken!

Im Sommer ist es heiß;

Da kühlet uns der Traube Blut

Und dabei schmeckt der Wein so gut;

Im Sommer muß man trinken, trinken!

BLUNT.

Im Frühling muß man trinken!

ALLE.

Im Frühling muß man trinken!

Da ist's nicht heiß, noch kalt!

Da labt uns erst der Traube Blut,

Da schmeckt der Wein erst doppelt gut;

Im Frühling muß man trinken, trinken! – –


Juch! Das ist 'ne Fröhlichkeit,

Alles schwimmt in Seligkeit!

Alles bricht in Jubel aus,

So ist's recht beim Hochzeitsschmaus!

Juch! Das ist 'ne Fröhlichkeit,

Alles schwimmt in Seligkeit!


In größter Ausgelassenheit.


Juch!


Sie setzen sich wieder.


Frau Suse Blunt kommt eilig von rechts vor der Terasse.
[82]


Quelle:
Heinrich Marschner: Der Vampyr. Dichtung von Wilhelm August Wohlbrück, Leipzig [o. J.], S. 81-83.
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