Anmärkungen des sechsten Buches.

[594] Zur 15 Einteilung.


Kein Herkules vermag sich für den Liebesblikken einer Omfale.] Von der Zahl derer / die den Nahmen Herkules geführet / seind unterschiedliche Meinungen. Diodor der Sikuler zehlet ihrer drei: Tullius / im 3 Buche von der Götter Natur / sechse. Der erste sol derselbe gewesen sein / der mit dem Apollo üm den güldenen Tisch gestritten; wie Pausanias meldet: der zweite vom Berge Ida: der dritte / Jupiters / und der Asterie / die eine Schwester der Latone war / und in eine Wachtel / ja endlich gar in eine Klippe sol verwandelt sein / Sohn / den fürnähmlich die Tirer geehret: der vierde / ein Egipter / aus dem Niele gebohren / der die Frigischen Buchstaben erfunden / und einer von den zwölf Egiptischen Göttern gewesen / von dem die Griechen den Nahmen entlehnet / und ihrem Herkules / des Amfitruons Sohne / wie Herodotus schreibet / gegeben: der fünfte / ein Indier / der sonst auch Belus geheissen: der sechste / von Tehbe / des dritten Jupiters / und der Alkmene / die des Amfitruons Fraue / und des Elektrions Tochter war /Sohn; dem die Griechen aller der andern Tahten zugeeignet. Ja Varro rechnet derer wohl drei und vierzig her; die aber alle diesen Nahmen vom Griechischen Herkules / dem Sohne der Alkumene / welche Jupiter / in Gestalt ihres Ehmannes / des Amfitruons / geschwängert / wie Plautus meldet / bekommen. Makrobius hingegen wil behaupten / daß die Sonne der rechte Herkules sei: weil sie / unter andern / wie Herkules zwölferlei Arbeit solte verrichtet haben / also in einem Jahre die zwölf Himlischen Zeichen durchzulauffen pflegte. Daß aber der Griechische oder Tehbische Herkules den Nemeischen Leuen / der /durch Zutuhn des Mohnes / aus einem Schaume / wie Griserm in[595] seinem 2 Buche / und Demodokus / in den Herakleischen Geschichten aufgezeichnet / gebohren worden / und eine undurchdringbare feste Haut / die Herkules nachmahls / an Schildes oder Pantzers stat /stähts getragen / gehabt / mit seiner mit Eisen stark beschlagenen / oder gar eisernen Keule / wie sie Sokrates an den Jodoteus / und Pisander beschreiben / in seiner ersten Jugend / da er / auf des Amfitruons Befehl / zwischen Filunt / und Kleone das Vieh gehühtet / zu seinem ersten Meisterstükke gefället und erschlagen / bezeuget / unter andern / Euripides / in seinem Rasenden Herkules / wie auch Seneka. Ja daß er die Omfale / des Lidischen Königes Tochter / und des Tmolus Gemahlin / dermaßen geliebet / daß er ihr seine Leuenhaut überlaßen / und unter ihren Zofen / in Frauenkleidern / als eine Spinnerin / drei Jahre lang gedienet / ja gar ihr Leibeigner geworden / bezeuget er selbsten / bei dem Propertz / wan er also redet:


IDEM EGO SIDONIÂ FECI SERVILIA PALLÂ

OFFICIA, & LYDA PENSA DIURNA COLO.

MOLLIS & HIRSUTUM CEPIT MIHI FASCIA PECTUS,

& MANIBUS DURIS APTA PUELLA FUI.


Eben dasselbe verweiset und rechnet es ihm / als eine große Schande / zu seine Deianire / bei dem Ovidius /wan sie folgender Gestalt spricht:


NON PUDET, ALCIDE, VICTRICEM MILLE LABORUM

RASILIBUS CALATHIS IMPOSUISSE MANUM?

CRASSAQUE ROBUSTO DEDUCIS POLLICE FILA,

ÆQUAQUE FORMOSÆ PENSA REPENDIS HERÆ.

DICERIS INFELIX SCUTICÆ TREMEFACTUS HABENIS

ANTE PEDES DOMINÆ PERTIMUISSE MINAS.


Malide war eine von der gemeldten Omfale Zofen oder Hofjungfrauen / mit welcher er den Azelus / von dem die Lidische Stadt Azele / diesen Nahmen bekommen / gezeuget.

Melite / des Egäus Tochter / und des Hillus Mutter / den sie dem Herkules gebahr / von welcher die im Sizilischen Meere gelegene Insel / als auch die Stadt auf derselben / derer Plinius[596] im 3 Buche gedenket /den Nahmen Melite oder Malte bekommen.

Pirene / von welcher das Pirenische Gebürge zwischen Spanien und Frankreich / wie Silius / in seinem 3 Buche meldet / den Nahmen empfangen; weil Herkules auf diesem Gebürge die Pirene geschwängert /und sie selbsten alda nachmahls begraben worden: wiewohl Diodor / in seinem 6 Buche / eine andere Uhrsache beibringet / warüm dieses Gebürge / das Plinius im 3 Hauptst. des 3 Buches / und Strabo gleichmäßig im 3 Buche beschrieben / gemeldten Nahmen führet.

Jole war des Etolischen Königes Euritus Tochter /den Herkules / weil er ihm die zu erst versprochene Jole nachmahls zu geben geweigert / bekriegte; wie Menekrates aufgezeichnet.

Hebe / der Juno Tochter / ohne Vater / die dem nunmehr unter die Götter gezehletem Herkules vermählet worden; wie Plato / der ihre Hochzeit beschrieben / als auch Apollodor im 2 Buche / und Pausanias in den Attischen Begäbnissen aufgezeichnet. Aber hiervon / wie auch von der Jole / kan unser Dichterischer Sternhimmel / und was wir droben bei der 23 Einteilung des 1 Buches unsers Simsons angemärket / gelesen werden.

Filone / des Alzidemons eines Arkadischen Heldens Tochter; welche dem Herkules den Echmagoras gebohren / und mit ihm / den wilden Tieren zum Raube / auf einem Berge an einem Baum angebunden / aber vom Herkules aus solcher Gefahr erlöset worden.

Megare / des Königes zu Tehbe Kreons Tochter /die er dem Herkules / wie die Jokaste dem Oedipus /vermählete / aber nachmahls Herkules selbst / als er tolsinnig worden / wie Seneka / in seinem Schauspiele vom Rasenden Herkules / bezeuget / ümbrachte.

Astidamie war des Ormenus Tochter / welche Herkules / nachdem er ihren Vater entleibet / entführete.

Astiochie / die Herkules / aus der Lakonischen Stadt Efire / gleichmäßig entführet / und den Tlepolemus mit ihr gezeuget; wie Bokatz aufgezeichnet. Dieser Tlepolemus ward nachmahls[597] der Rodier König /den Sarpedon / im Kriege vor Trojen / ümbrachte; wie Homerus / im andern Buche seines Heldengedichtes von Trojen / meldet.

Deianire / den Etolischen Königes Eneus Tochter /welche zuerst dem Könige Achelous versprochen /aber nachmahls dem Herkules / als er jenen seinen Mitbuhler überwunden / zu Teile ward; wie Perottus aufgezeichnet. Diese unterstund sich Nessus am Ufer eines Etolischen Flusses zu nohtzüchtigen. Aber Herkules durchschos ihn mit Pfeilen / die er mit Schlangengifte bestrichen. Weil nun Nessus seinen Tod /den er itzt vor Augen sahe / rächen wolte; so gab er der Deianire sein Kleid mit Gift und Bluhte besudelt /und sagte darbei / wan sie es ihren Ehman anziehen ließe / daß es alsdan ein guhtes Artzneimittel wider die Liebe der Huhren sein würde. Deianire nahm dieses zu Ohren / bewahrete das Kleid / und als Herkules / mit der entführten Jole / nachdem er die Feinde besieget / bei einem Euböischen Vorgebürge angelanget / auch den Licha seinen Knecht voran geschikt der Deianire seinen Sieg / samt seiner Ankunft / ansagen zu laßen; da schikte sie dem Herkules solches Kleid zu; damit es ihm zum Gegengifte wider die Liebe der Jole / die ihr verdächtig war / dienen möchte. Sobald nun Herkules dieses Kleid anzog / da begunte sein Leib von stunden an heftig zu jükken / und mit hitzigen Blattern auszuschlagen. Auch ward er so rasend /daß er seinen Knecht / der ihm das Kleid gebracht /von einem Felsen ins Wasser stürtzte. Ja er sprang endlich für unerleidlichen Schmertzen / auf dem Berge Eta / selbst in das angezündete Tohtenfeuer. Und hiernach erhing sich die Deianire / sobald sie des Herkules unglüklichen Tod erfahren / aus Verzweifelung / mit eigenen Händen: wie Euripides / und Seneka / in ihren Schauspielen vom Rasenden Herkules / wie auch Apollodor / Luzian / Filip von Bisantz /und viel andere weitleuftig beschrieben.

Noch auch der funfzig königlichen Töchter des Tespius.] Dieser Tespius / oder Tespis / wie ihn andere nennen / der in Beozien König / und des Erichteus /Königes zu Atehn / Sohn war / nachdem er des Herkules tapfere Tahten vernommen / vermeinte / daß es ein großes Glük für ihn sein würde / wan er[598] von einem solchen Helden aus seinen funfzig Töchtern /die er hatte / gleich so viel tapfere Söhne bekommen möchte. Und darüm baht er den Herkules auf ein köstliches Gastmahl / und trank ihm so tapfer zu / daß Herkules berauschet alle Töchter / bis auf eine / welche / wie Pausanias / in seinen Beotischen Geschichten / bezeuget / in ewiger Jungfrauschaft zu leben geschworen / in einer Nacht beschlief.


Zur 17 Einteilung.


Diese wohnete zu Gaza / in einer von den damahligen drei Riesenstädten.] Hiervon redet der Verfasser des Buches der Richter / straks im Anfange des 16 Hauptstükkes / also: Simson ging hin gen Gaza / und sahe daselbst eine Huhre / und schlief bei ihr. Von der Stadt Gaza schreibet Stefanus / in seinem Buche von den Städten / folgender Gestalt: sie wird auch Aza genennet / und die Sirer nennen sie noch itzund Aza /vom Azon / des Herkules Sohne. Dieses Nahmens zweierlei Aussprache rühret vom Ebräischen עזה her; da der erste Buchstab / nähmlich das Ajin / von etlichen wie ein g gelesen / von andern gar weggelaßen wird. Und weil dieses Ebräische Wort feste / befestiget / oder eine befestigte Stadt bezeichnet / so ist es nur ein Mährlein / daß gemeldte Stadt den Nahmen Gaza oder Aza / welches einerlei ist / vom Azon / des Herkules Sohne / solte bekommen haben. Daß sie aber in der Taht so wohl / als dem Ebräischen Nahmen nach / eine feste Stadt oder Festung gewesen /bezeuget Mela / wan er spricht: im Filisterlande befindet sich Gaza / die eine gewaltige und sehr befestigte Stadt ist. Und eben daher durfte Batis / ihr Befehlhaber / wie Arrianus in seinem 2 Buche bezeuget /sich dem Großen Alexander so lange widersetzen: welches auch Kurtz / in seinem 4 Buche / meldet.


Zur 24 Einteilung.


Dem die heilige Schrift den allerschändlichsten Nahmen giebet.] Diesen Nahmen hat uns eben itzund der Verfasser[599] des Buches der Richter / da er kein Blat vor den Mund nimt / ungescheuet genennet.


Zur 25 Einteilung.


Ach! wie wenig Joseffe findet man.] Von der unvergleichlichen Keuschheit des Josefs ist zu lesen im 39 Hauptstükke des Buches der Schöpfung / wie auch in unserer Assenat / und in Jakob Katsens Selbstreite.


Zur 27 Einteilung.


Sei eine Gastgäberin gewesen.] Dieses meldet Valerius Herberger / im 61 Hauptst. seines 11 Teiles von den Großen Tahten Gottes. Auch findet man bei dem Flavius Josef / im 10 Hauptst. seines 5 Buches von den Altheiten der Jüden / diese Worte: nach dieser Schlacht / indem er nunmehr die Filister nichts achtete / kahm er nach Gaza / und hielt sich alda in einem öffendlichen Würtshause auf. Von der itzigen Liebe des Simsons aber schweiget dieser Geschichtschreiber gantz stil. Ja er gedenket der Würtin selbst; oder eines andern Weibesbildes / darein sich Simson solte verliebt haben / mit keinem einigen Worte / gleich als hette er diesen Fehler eines solchen Helden mit Vorbedachte verschweigen wollen.


Zur 31 Einteilung.


Die bei den Röhmern von den Verdiensten.] Eine Huhre heisset auf Lateinisch MERETRIX, das ist QUÆ MERET ÆRE SIVE PECUNIÂ, die üm Geld dienet / oder Geld verdienet / QUÆ CORPUS SUUM AD TURPEM QUÆSTUM PROSTITUIT, die üm einen schändlichen Verdienst oder Gewin ihren Leib aussetzet / feil bietet / MULIER MERITORIA SIVE MERCENARIA IMPUDICA, QUÆ MERCEDE CONDUCITUR, eine unzüchtige / unverschähmte Mietfraue / die man üm Lohn dinget oder mietet /QUÆ TURPISSIMAM EXERCET MERCATURAM. Welche die allerschändlichste Kaufmanschaft treibet.

Bei den Griechen von den Verkauffungen.] Eben dieselbe nennen die Griechen πόρνην, von περάω, wan es so viel heisset / als VENDO ich verkauffe /oder IN ULTERIORE REGIONE VENDO[600] ich verkauffe es auf der andern Seite; oder IN ULTERIORA LOCA TRANSFERO, UT VENDAM, ich bringe es über auf die andere Seite zu verkauffen; wie es Eustatius erklähret: oder vielmehr von περνάω oder πέρνημι, welche beide gleichmäßig verkauffen bezeichnen. Daher ist bei den Griechen das Wort πόρνη; das ist eine Huhre / so viel gesagt / als eine /die ihren Leib gleichsam zu kauffe setzet / oder verkauffet. Und πορνειον heisset bei eben denselben ein Ort / da die Huhren sich feil bieten / GANEA, LUPANAR, ein Huhrenhaus / BORTHELHUSE, wie es die Engelländer von BORTHEL, das ist Huhre / nennen. Die Franzosen sagen auch / wan sie von einem solchen unzüchtigen Orte reden / BORDEAU, die Niederteutschen BORDEEL, die Wälschen BORDELLO, die Spanier BURDE: welche letztere Wörter alle sechse dem Griechischen πορνή oder πορνειον sehr nahe kommen; wiewohl sie sonsten aus dem Niederdeutschen BORDELEN, das ist ÆSTUARE, übersich / oder über den Bord oder Rand steigen / wie ein siedendes Wasser / hitzig / feurig / und brünstig sein /gebildet zu sein scheinen. Ja das Wort δημιουργός damit die Griechen zuweilen ebenmäßig eine Huhre bezeichnen / bedeutet nicht viel anders / als ihr πόρνη; weil es sonst so viel heisset / als einer / dessen Werk oder Arbeit öffendlich und iedermanne zu Kauffe stehet; wie der Huhren ihre Werke / Schönheit /oder Leiber zu tuhn pflegen. Auch wird δῆμος oder δημός selbsten / daraus δημιουργός zusammen gesetzt und gebildet ist / bei dem Archiloch für eine Huhre /ich wil sagen Allemanshuhre / gemeine öffendliche Mätze / die sich dem gantzen Volke / welches das Wort δημός; eigendlich bezeichnet / dar- oder zu kauffe bietet / genommen.

Und bei uns von den Vermietungen oder Verheurungen ihrer Leiber.] Das Wort Huhre bedeutet bei den Deutschen eigendlich anders nicht / als ein Heuerweib / ein geheuertes oder gehüertes / das ist gemietetes Weib / ein Mietweib / das man zur Unzucht mietet / hüert / dinget / oder das seinen Leib darzu verhuert oder vermietet / und ein gewisses Geld bedinget / ja sich also auf eine Zeitlang einem ieden / dem sie anstehet / gleichsam verkauffet: Daher dan Ovidius saget:


STAT MERETRIX CERTO CUIVIS MERCABILIS ÆRE.[601]


Zur 37 Einteilung.


Die Zintokbeume.] Diese wachsen in etlichen / wiewohl sehr wenigen Oertern im Ostindien / und seind unsern Aertzten in Europa bisher gantz unbekant gewesen. Der erste / der sie / indem er ein überaus starkes und kräftiges Oehl / aus ihrer Rinde gezogen / zu nützen gesuchet / war der nunmehr durch den Tod uns vielzufrüh entzogene Vielerfahrne Preusse / Johan von Kempen: welcher mir solches Oehl / zusamt der Rinde / und dem Holtze / selbsten aus Ostindien mitgebracht. Das Oehl pflegte er denen / die einen übelvertauenden erkälteten Magen hatten / als ein heilsames Artzneimittel / in etwan einer Brühe einzugeben. Ein Tropfen darvon ist so stark und so kräftig / daß er seinen Geschmak einem gantzen Maße warmen Weines oder Bieres kräftiglich mitteilet. Das Holtz / welches / schier wie das alte Brasilienholtz / dunkelbraun ist / rieb er gantz klein / und gebrauchte dasselbe / zur Hertzstärkung / im Weine; der darvon straks einen gantz lieblichen Geschmak und Geruch bekahm. Wan es angezündet / und straks wieder ausgeleschet wird /giebet es den alleranmühtigsten Geruch / der in der Welt zu finden. Auch stärket dieser Geruch das Gehirn auf eine gantz sonderliche Weise. Die Borke / die fast eines kleinen Fingers dikke ist / und was graulicht aussiehet / ist so kräftig / daß ein Stüklein darvon / als ein Nahtelknöpflein groß / in den Mund genommen / und zerkauet / eben einen solchen Geschmak giebet / als hette man allerlei Gewürtze von Näglichen / Zimmet / Muskatenbluhmen und Nüssen genossen.


Zur 54 Einteilung.


Daß es in der Danae Schoß Gold regnen müste.] Die Geschicht der Danae / des Argischen Königes Akrisius Tochter / und nachmahliger Gemahlin des Königes Pilumnus / welcher das Brohtbakken / wie sein Bruder Pitumnus die Aekker zu misten / sol erfunden haben / wird in meinem Güldenen Regen / den ich des dreimahl Großen Ferdinandens des Dritten Keiserlicher Majestäht / auf dem im 1653 Jahre zu Regensburg[602] gehaltenem Reichstage / untertähnigst gewiedmet / unter den Anmärkungen / folgender gestalt erzehlet: Nachdem Akrisius / der Argische König / der ein Sohn des Abas war / seinem Bruder dem Prötus /wie Eusebius / und Laktantz melden / im Reiche gefolget / und seinen Stuhl in der Königlichen Hauptstadt Argos befestiget / hat er die Götter oder vielmehr Götzen gefraget: was er für Glük in seinem angeträhtenem Reiche haben würde? Weil er nun zur Antwort bekommen; daß er von der Hand desselben /den seine Freulein Tochter / die Danae / gebähren würde / sterben solte: so hat er sie in einen Turn gesetzt / und so stark und fleissig zu bewachen befohlen / daß ja niemand zu ihr gelangen möchte. Jupiter aber / oder ein ander König / der in die Zahl der Heidnischen Götter aufgenommen / und zum Obersten unter ihnen erkohren worden / durch das Gerüchte von ihrer übermenschlichen Schönheit angereitzet / verwandelte sich in einen Güldenen Regen / und lies sich / durch das Dach desselben Turnes / in der schönen Danae Schoß / herunter. Ich wil sagen / er bestach die Wächter solches Turnes mit Golde / daß er zur Königlichen Fürstin gelangen / und sich mit ihr in Liebeslust ergötzen konte. Als sich nun die Danae / aus solchem Güldenen Regen / oder vielmehr aus solcher Liebesergetzung / geschwängert befand; da ward der Königliche Vater Akrisius überaus zornig / und lies sie in einen Kasten setzen / und in das Meer werfen. Die Armsälige schwebete so lange auf dem Meere herüm /bis sie endlich an das Apulische Seeufer angetrieben /und alda von einem Fischer von ohngefähr aufgefangen ward. Dieser brachte sie / samt dem Knaben Perseus / den sie im Kasten gebohren / zum Könige Pilumnus; den die Bäkker nachmahls / weil er sie das Brohtbakken gelehret / für ihren Gott aufwarfen. Pilumnus fragte von stunden an / wer sie sei / und von wannen sie were; und als er ihr Vaterland / und Königliches Herkommen verstanden / entschlos er sich sie ohne Verzug zu ehligen. Nach dieser Vermählung erwuchs Perseus / und verrichtete viel tapfere Heldentahten. Unter andern überwand er die drei ungeheuren Gorgonen / die Stenno / Euriale / und die Meduse. Diese waren Jungfrauen in Afriken / bei dem Berge Atlas;[603] die alle drei nur ein Auge / oder / wie andere melden / einerlei Schönheit gehabt; dadurch alle dieselben / welche sie angesehen / sich in Steine verwandelt / oder vielmehr aus heftiger Liebe erstarret: wie Servius über diese des Virgiels / im 6 Buche seines Heldengedichtes vom Eneas / ausgelaßene Worte /


GORGONES, HARPYIÆQUE & FORMA TRICORPORIS UMBRÆ, ETC.


angemärket / u.a.m. Der letzten dieser Jungfrauen hieb der tapfere Königliche Fürst Perseus den Kopf herunter / und lies ihn / als ein Zeichen seines Sieges /auf sein Schild mahlen: damit er seine Feinde freilich in Schrökken / Furcht / und ewige Erstarrung gebracht / wan er sie durch seine Waffen und sein Schild / darauf der Medusen Heupt entworfen stund /in eine ewige Unbewöglichkeit / ich wil sagen / in den Tod selbsten / versetzet. Und also verstehen wir auch dasselbe / was uns die Scheinwahrheit der alten Dichtmeister vormahlet / daß Perseus seinen Großvater den Akrisius / indem er ihm der Medusen Kopf vorgehalten / in einen Stein verwandelt / und sich seines Reichs / daraus er ihn / samt seiner Mutter / der Danae / vertrieben / bemächtiget: wie Bokatz / Virgiel / Ovidius / Herodotus / Natalis Komes / als auch Eusebius in seinen Zeitgeschichten / und viel andere mehr aufgezeichnet. Gleichwohl wird der Danae / von ihrem Vater dem Akrisius / noch der Zunahme Akrisioneis gegeben; wie aus folgenden Virgilischen Worten zu sehen:


PROTINUS HINC FUSCIS TRISTIS DEA TOLLITUR ALIS

AUDACIS RUTILI AD MUROS: QUAM DICITUR URBEM

ACRISIONEIS DANAË FUNDASSE COLONIS

PRÆCIPITI DELATA NOTO.


Ja es hat auch dieser tapfermühtige Perseus die Königliche Etiopische Fürstin Andromede nicht allein von ihren Fesseln / sondern auch aus dem Rachen eines ungeheuren Walfisches / aus Liebe so wohl / als aus Mitleiden / erlöset / und sich nachmahls mit ihr vermählet. Diese Andromede war des Mohrenköniges Zefeus / und der Kassiope Freulein Tochter / eine[604] überaus schöne Fürstin / aber ihrer Frau Mutter Hofart wegen / weil sie mit den Nereinnen üm den Preis der Schönheit zu streiten sich unterfangen / deswegen sie auch unter das Gestirn gesetzt worden / wohl recht armsälig; indem sie / auf Befehl der Götter / an einen Steinfels / bei der Stadt Joppe gebunden / und obgemeldtem Walfische zum Raube dargestellet ward; wie Euripides / in seiner Andromede / Ovidius im 4 seiner Verwandlungsbücher / als auch Perottus hiervon / mit mehren Umständen / können gelesen werden. Endlich ward auch üm solcher des Perseus Tapferkeit willen /seine liebe Andromede / aus Gunst der Weisheit Göttin Minerve / zugleich mit ihm unter das Gestirne gestellet. Hierbei kan auch nachgelesen werden / was wir droben / in der 23 Einteilung des ersten Buches /bei dem Nahmen Andromede angemärket / wie auch was wir hiervon / in unserem Dichterischen Sternhimmel / unter dem Sternzeichen des Zefeus / Perseus /der Kassiope / und Andromede / gemeldet. Nun wollen wir diese Geschicht vom Perseus / und seiner Mutter der Danae mit den Worten des Horatz / aus dem 16 Leierliede seines 3 Buches / schlüßen / da er also singet:


INCLUSAM DANAËN TURRIS AËNEA

ROBUSTÆQUE FORES, & VIGILUM CANUM

TRISTES EXCUBIÆ MUNIERANT SATIS

NOCTURNIS AB ADULTERIS;

SI NON ACRISIUM, VIRGINIS ABDITÆ

CUSTODEM PAVIDUM JUPITER, & VENUS

RISISSENT: FORE ENIM TUTUM ITER, & PATENS,

CONVERSO IN PRETIUM DEO.

AURUM PER MEDIOS IRE SATELLITES,

& PERRUMPERE AMAT SAXA POTENTIUS

ICTU FULMINEO.


Und also heisset es wohl recht / wie wir in unserer Horazischen Sittenlehre / bei dem 49 Sinbilde des 1 Teiles / geschrieben:


Gold dringt durch Stahl und Eisen hin /

schlägt Mauren / Wal / und Turn zu trümmern.

Das Schlos springt auf / nach unsrem Sin /[605]

wan güldne Schlüssel vor ihm schimmern.


Gold macht / daß niemand standfest ist /

ein Weiser seinen Witz vergist /

das Recht die Pflicht / der Mensch die Lehre /

die Wach' ihr Amt / die Frau ihr' Ehre.


Zur 64 und 67 Einteilung.


Kaum war er in dieses Haus eingekehret.] Hiervon redet das Buch der Richter im 16 Hauptst. mit kurtzen Worten also: da ward denen von Gaza gesagt: Simson ist herein gekommen. Und sie ümgaben ihn / und liessen auf ihn lauren die gantze Nacht / in der Stadt Tohre. Und sie waren die gantze Nacht stil / und sprachen: harre! morgen / wan es liecht wird / wollen wir ihn erwürgen. Simson aber lag bis zur Mitternacht.


Zur 73 und 85 Einteilung.


Zu dem Ende stund er dan mitten in der Nacht auf.] Die Worte des Buchs der Richter lauten hiervon also: da stund er auf zur Mitternacht / und ergrif beide Tühren am Stadttohre / samt den beiden Pfosten / und hub sie aus mit den Riegeln / und legte sie auf seine Schultern / und trug sie hinauf auf die Höhe des Berges vor Hebron. Hierbei kan auch gelesen werden /was Valerius Herberger im 41 Hauptst. seines 11 Teiles von den Großen Tahten Gottes / angemärket.


Zur 96 Einteilung.


Als ein zweiter Jason.] Dieser Jason / der zuvor Diomedes hies / war des Kreteus Enkel / und Esons / des damahligen Tessalischen Königes Pelias Bruders /und der Polimede / die etliche Polimelen / oder auch Polifemen nennen / des Autolikus Tochter Sohn; wie Apollonius / Valerius Flakkus / Herodotus / und andere melden: wiewohl dieser des Jasons Mutter Ferezides den Nahmen der Alzimede / die des Filax Tochter war / Andronis der Teogenete / Stesichor der Eteoklimene / Demetrius der Röus oder Rius zu geben pflegen[606] Gemeldter Pelias / seines Vaters Bruder /schikte ihn von Jolk / welches Jasons Großvater Kreteus zur Königlichen Hauptstadt gebauet / nach Kolch / das ihm durch List dahin entführete Güldene Fel wiederzuhohlen: welches er auch glüklich erhielt /und nach überstandenen vielen Gefährligkeiten auf solcher Seereise / mit sich nach Jolk brachte; da er den Pelias endlich erwürget / und sich seines Väterlichen Königreichs bemächtiget. Dieses Güldene Fel /meinet Plutarch / sei eine Goldschacht / oder ein verborgener Schatz in Kolch unter der Erde gewesen. Justien aber / der des Jasons Reise weitleuftig beschreibet / in seinem 42 Buche / daß das Mährlein des Güldenen Felles von den durchbohreten und mit wollichten Fellen überzogenen Bretern / damit die Kolcher den Goldsand aus den Flüssen zu fischen pflegten /entsprossen sei. Hingegen erzehlen andere / daß Frixus des Tehbischen Königes Atamas aus der Nefele Sohn / und der Helle / davon der Hellespont / das ist der Helle Meer / den Nahmen bekommen / Bruder /als er der Nachstellung seiner Stiefmutter der Ino /samt seiner Schwester / entflühen wollen / auf einem güldenen Wider / durch die Luft hin / in Kolch geführet worden: da er den Wider geschlachtet / und sein güldenes oder mit güldener Wolle bewachsenes Fel dem Mars zu Ehren an einen Baum aufgehänget. Und hierher zielet Ovidius / wan er / in einem Sendeschreiben des Leanders / also spricht:


FLUCTIBUS IMMODICIS ATHAMANTIDOS ÆQUORA CANENT,

VIXQUE MANET PORTU TUTA CARINA SUO.

HOC MARE CÙM PRIMÙM DE VIRGINE NOMINA MERSÂ,

QUÆ TENET, EST NACTUM, TALE FUISSE PUTO.

EST SATIS AMISSÂ LOCUS HIC INFAMIS AB HELLE,

UTQUE MIHI PAREAT, NOMINE CRIMEN HABET.

INVIDEO PHRIXO, QUEM PER FRETA TRISTIA TUTUM

AUREA LANIGERO VELLERE VEXIT OVIS.


wie auch Manilius / im vierden Buche seiner Sternkunst / mit folgenden Worten:


– TESTIS TIBI LANIGER IPSE,

CÙM VITREUM FINDENS AURATO VELLERE PONTUM,[607]

ORBATUMQUE SUÂ PHRIXUM PER FATA SORORE

PHASIDOS AD RIPAS, & COLCHIDA REGNA REVEXIT.


Doch dieser Wider ist kein Schafbok oder Hammel gewesen / sondern ein Bedienter / oder vielmehr Hofmeister des Frixus / der Krius / welches eben so viel als Wider gesagt ist / geheissen / und seines weisen Rahtes wegen / den er dem Frixus gegeben / der Güldene Krius / daraus die Dichtkünstler / durch diesen Nahmen verführet / der eine einen Güldenen Wider oder einen Wider mit güldener Wolle / der andere ein Güldenes Schaf / und dergleichen Dinge mehr gemacht / genennet worden. Aber hiervon kan der Lieb haber in meinem Dichterischen Sternhimmel / unter dem Sternzeichen des Widers / wie auch bei dem Natalis Komes / im 9 Hauptstükke seines 4 Buches von den Lehrdichtereien / mehr zu lesen finden. Darüm wil ich auch alhier weder vom Frixus / der das erdichtete Güldene Fel nach Kolch sol gebracht / noch vom Jason / der es von dar / durch Hülfe der Medee / des Kolchischen Königes Eta Tochter / wieder sol weggeführet haben / keinen weiteren Bericht tuhn: sondern diese Anmärkung mit dem herlichen und märkwürdigem Lobe / das Xenofon dem Jason giebet / schlüßen / wan er im 6 Buche seiner Griechischen Geschichte folgender gestalt schreibet: Er / der Jason / ist so ein behuhtsamer und kluger Kriegsheld / daß ihm sein Anschlag / wan er die Feinde zu überlistigen / oder zu überrumpeln / oder mit Gewalt zu überfallen vorhat /schier niemahls fehl schläget. Er ist so wohl des Nachtes / als bei Tage / stähts bereit; ja selbsten /wan er / in Gastereien / müßig zu sein scheinet. Auch ruhet er eher nicht / als bis er dahin / da er hin gedenket / gelanget / und dasselbe / das ersprüßlich sein kan / verrichtet. Eben also gewöhnet er auch seine Kriegsleute: denen er / wan sie eine tapfere Taht getahn / viel nachgiebet. Daher meinen alle / die ihm üm Sold dienen / daß Wohllust und Muße nur allein durch Arbeit erlanget werde. Er selbst genüßet unter allen / die ich kenne / der Wohllust am allerspaarsamsten. Darüm kan auch diese ihn nicht verhindern seiner Sachen auf das beste wahrzunehmen.[608]


Zur 99 Einteilung.


Ohne Morgenverschub gewan Alexander der Große.] Alhier sehen wir auf die Antwort dieses Großen Alexanders / die er demselben gab / der ihn fragte: wie er in so kurtzer Zeit so viel mächtige Königreiche bezwingen können? Nähmlich diese / μηδὲν ἀναβαλλόμενος, NON PROCRASTINANDO. Etliche schreiben sie auch dem Julius Zesar zu. Hierher gehöret mit / was Hesiodus / in seinem 2 Buche saget:


Ου γὰρ ἐτωσιοεργὸς ἀνὴρ πίμπγησε καλιήν,

ουδ᾽ ἀναβαλλόμενος.


NEQUE HOMO OTIOSUS SUAM IMPLET DOMUM, NEQUE QUI PROCRASTINAT, weder ein Müßiggänger / noch ein Zauderer füllet sein Haus. Αἰεὶ δ᾽ ἀμβολιεργὸς ἀνὴρ ἄταισι παλαίει, SEMPER PROCRASTINATOR VIR LUCTATUR CUM DAMNO, ein Zauderer oder Verzögerer ringet allezeit mit dem Schaden / spricht eben derselbe.

Quelle:
Philipp von Zesen: Sämtliche Werke, 17 Bände, Band 8, Berlin/ New York 1970 ff., S. 594-609.
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