[2] Abbau. Unter Abbauen [1], Verhauen oder Verhieben werden diejenigen bergmännischen Baue verstanden, die der unmittelbaren Gewinnung nutzbarer Mineralien dienen. Dem Betriebe der Abbaue gehen Ausrichtung (s.d.) und Vorrichtung (s.d.) der Lagerstätte vorher, wodurch letztere in für den Abbau geeignete Abschnitte (Abbaufelder) geteilt wird. Zur Sicherung einer gleichmäßigen Förderung muß stets eine größere Anzahl von Abbaufeldern vorgerichtet sein, doch erfordert die Uebersichtlichkeit des Betriebes, daß nur in wenigen Abbaufeldern abgebaut wird; die übrigen bilden eine Reserve gegen Betriebsstörungen, wie Wasseraufgang, Grubenbrand oder dergl. Abgebaute Räume, die entweder durch Einbringen von Bergeversatz oder durch Niedergehen des Daches (vgl. Pfeilerbau) unzugänglich geworden sind, werden Alter Mann, Altung, auch Bruch oder Wüstung genannt.
Die Abbauweisen oder Abbaumethoden sind nach der Eigenart der Lagerstätte und örtlicher Gewohnheit verschieden; sie tragen folgenden Gesichtspunkten Rechnung:
1. Der Form der Lagerstätte entsprechend, werden für plattenförmige Lagerstätten angewendet: Firstenbau, Strossenbau, Strebbau oder Pfeilerbau; dagegen für solche von unregelmäßiger Form: Querbau, Stockwerksbau und Weitungsbau, Etagenbruchbau.
2. Das räumliche Verhalten, d.h. das Einfallen und die Mächtigkeit der Lagerstätte sind ebenfalls von Einfluß. Bei geringem Einfallen ist schwebender, bei etwas stärkerem Einfallen diagonaler Abbau möglich; der streichende Abbau kann allen verschiedenen Fallwinkeln einer Lagerstätte angepaßt werden; bei kleinerer und mittlerer Mächtigkeit wird die ganze Lagerstätte auf einmal gewonnen, während bei größerer Mächtigkeit abteilungsweiser und zwar stroßweiser oder firstweiser Abbau (vgl. Pfeilerbau) angewendet wird. Auch die Lage der Lagerstätte zur Erdoberfläche ist von Wichtigkeit. Am Ausstrich der Lagerstätten, bei aufgelagerten oder wenig bedeckten Lagerstätten kann Tagebau (s. Tag) betrieben werden, alle tiefer liegenden Lagerstätten sind durch Grubenbetrieb abzubauen (s. weiter unten).
3. Die mineralogische Zusammensetzung der Lagerstätte kommt deshalb in Betracht, weil bei reiner Lagerstätte, d.h. wenn dieselbe nur nutzbare Mineralien enthält, wie gewisse Kohlenflötze, Berge (s.d.) nicht gewonnen werden, während bei unreiner und auch bei wenig mächtiger Lagerstätte Berge mit ausgehauen werden müssen; im ersteren Falle muß eine Abbaumethode ohne Bergeversatz (s. weiter unten) angewendet, oder es müssen Berge künstlich beschafft werden; im zweiten Falle werden die mitgewonnenen Berge tunlichst wieder in den abgebauten Räumen untergebracht, d.h. versetzt: es wird mit Bergeversatz abgebaut. Hierbei kommt das Schüttungsverhältnis (s.d.) der Massen in Betracht. Kleinere Räume, die in der Lagerstätte nur für die Unterbringung von Bergen hergestellt werden, nennt man auch Bergesack. Künstlich können Berge beschafft werden durch Hineinfördern in die Grube von über Tage her (vgl. Schlammversatz) oder durch Gewinnung in Bergemühlen, d.h. Weitungen im tauben Gestein, die nur zu diesem Zwecke hergestellt werden (vergl. die Figur unter Querbau).
4. Mit Rücksicht auf nachhaltigen Ertrag des Betriebes ist in der Regel der vollständige (reine) Abbau der nutzbaren Mineralien zu erstreben; man läßt gewöhnlich nur solche Teile einer Lagerstätte oder selbst ganze Lagerstätten unabgebaut, welche die Betriebskosten nicht decken würden. Sehr arme Massen werden nur dann abgebaut, wenn besondere Rücksichten, wie die Regelmäßigkeit des Abbaues, oder beim Kohlenbergbau z.B. die Vermeidung von Grubenbrand es erheischen; dagegen müssen nicht selten zur Sicherung der Grubenbaue oder der Gegenstände auf der Oberfläche Teile der Lagerstätte als Sicherheitspfeiler (s. Vorrichtung), auch Bergfesten genannt, stehen gelassen werden. Ferner kommt es beim Abbau minderwertiger Mineralien (z.B. des Steinsalzes) durch Weitungsbau (s.d.) oder beim Abbau sehr mächtiger Braunkohlenflötze durch Pfeilerbau (s.d.) vor, daß durch reinen Abbau die Betriebskosten zu sehr wachsen würden; in solchen Fällen werden zuweilen mehr als 50% der Lagerstätte geopfert. Eine Abbauweise, die nur den schnellen Gewinn im Auge hat, nennt man Raubbau, eine solche, bei der die Lagerstätte vollständig abgebaut wird, Preßbau.
5. Endlich können besondere Eigentümlichkeiten der Lagerstätte oder des Nebengesteins und damit zusammenhängend die Sicherheit des Betriebes die Abbauweise wesentlich beeinflussen. So ist die Gewinnung von Lagerstätten, in denen zahlreiche Ablösen, d.h. Klüfte, in bestimmter Richtung vorhanden sind, am leichtesten, wenn senkrecht zu diesen abgebaut wird; dadurch kann die Wahl zwischen streichendem, schwebendem und diagonalem Verhiebe beeinflußt werden. Es sind ferner beim Auftreten von Schlagwettern steigende Betriebe zu vermeiden, dagegen bei Entwicklung von Schwaden, d.h. von kohlensäurereichen Wettern, fallende Betriebe, auch der Unterwerksbau, d.h. Abbau unter der tiefsten Sohle. Auch das Verhalten des Nebengesteins, namentlich des Hangenden oder Daches ist von Einfluß; bei gutem Dache können größere Flächen desselben freigelegt werden, bei schlechtem (besonders kurzklüftigem) Dache dagegen wird man dasselbe möglichst wenig berühren, indem z.B. eine Kohlenschicht daran belassen (angebaut) wird. Soll der Abbau leicht von statten gehen, so ist ein gewisser mittlerer Gebirgsdruck erwünscht. Bei an und für sich druckhaftem Gebirge hält man zweckmäßig die Baue eng, da sonst der Druck zu stark wird; bei an und für sich schwachem Gebirgsdruck dagegen führt man die Baue weit, um den Gebirgsdruck rege zu machen [2].[2]
Die Abbaumethoden werden wie folgt eingeteilt:
1. Mit Bergeversatz:
a) Firstenbau.
b) Strossenbau.
c) Querbau.
d) Strebbau.
2. Ohne Bergeversatz:
a) Pfeilerbau.
b) Stockwerksbau und Weitungsbau.
c) Bruchbau, Etagenbruchbau.
3. Mit Zuhilfenahme des Wassers: Sinkwerksbau.
4. Lokale Abbaumethoden: Tummelbau, Duckelbau, Stoppelbau, Zementation, Gewinnung aus Bohrlöchern (s. Tiefbohren).
a) Oberflächlicher Tagebau, Gräberei, Bingenbau.
b) Aufdeckarbeit.
c) Spritzbetrieb.
d) Gewinnung vom Grunde der Gewässer.
Die verschiedenen Abbaumethoden s. unter den Einzelartikeln.
Literatur: [1] Köhler, Bergbaukunde, 6. Aufl., 3. Abschn., 5. Kap., Leipzig 1903. Treptow, Grundzüge der Bergbaukunde, 3. Aufl., S. 140, Wien 1903. [2] Mansfeldsche Kupferschieferbauende Gewerkschaft, Festschrift z. 4. Allgem. deutsch. Bergmannstage, Eisleben 1889.
Treptow.
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