Dach [1]

[489] Dach, der oberste, flache oder steil anzeigende Abschluß eines Gebäudes. Es hat den Zweck, das letztere vor schädlichen Einflüssen zu schützen; es soll den Regen ableiten, den Schnee nicht durchlassen, Hitze und Kälte abhalten und wenn tunlich feuersicher sein.

Das Dach zerfällt in zwei getrennte Teile: a) die Eindeckung, die eine undurchlassende Oberfläche zu bilden hat, nebst deren Unterlage (s. Dachdeckung); b) die tragende Konstruktion, den Dachstuhl (s.d.). Die äußere Gestaltung des Daches hängt ab 1. von den Eigenschaften des Deckmaterials, 2. dem Klima, 3. der inneren Benutzung des Raumes, 4. von ästhetischen und 5. stilistischen Gesichtspunkten. Das Deckmaterial bestimmt zunächst die Dachneigung (s.d.) und die Dachform. Hinsichtlich letzterer unterscheiden wir: 1. Das einhängige oder Pultdach mit einseitiger Erhebung, d.i. mit einem Wasserablauf, der Traufe (s.d.), und einer First (s. Fig. 1). Es kommt in einfacher Anwendung vor bei Seitenbauten, an denen dem Nachbar kein Wasser zugeführt werden darf, oder mehrfach nebeneinander bei Fabrikbauten als sogenanntes Shed- oder Sägedach (s. Fig. 2). 2. Das zweiseitige, Sattel- oder Giebeldach, die allgemeinste Form mit zwei Traufen und einer First. Die senkrechte Begrenzung der Dachflächen ist der Giebel (s. Fig. 3). 3. Werden an Stelle der Giebel Dachflächen gesetzt, so entsteht das Walmdach oder holländische Dach mit vier auf gleicher Höhe liegenden Traufen, vier ansteigenden Gräten (s.d.) und einer First (s. Fig. 4). 4. Liegen die Traufen der Walmflächen höher als die der Langseiten, so entsteht das Halbwalmdach (auch Krüppelwalm, s. Fig. 5), eine Form, die für ländliche Gebäude eine charakteristische, auch provinziell, z.B. im Schwarzwald (s. Fig. 6) und der Nordschweiz, die herrschende ist. 5. Bei dem Zeltdach vereinigen sich vier Dachflächen in gemeinsamer Spitze. Das steile Zeltdach nennt man Turm- oder Helmdach (s. Fig. 7). Dieses kommt auch vielseitig vor. Ueber einem runden Grundriß entsteht 6. das Kegeldach. 7. Das gebrochene oder Mansarddach (s. Fig. 8), nachdem[489] Architekten F. Mansard (gest. 1666 in Paris) benannt, hat vier Dachflächen, zwei flache und zwei steile; der Querschnitt ist gleich einem halben Achteck. 8. Das Bogendach, ein Satteldach mit gebogener Dachfläche und segmentartigem Querschnitt. 9. Das Kuppeldach (Haubendach, Dachhaube) mit Dachflächen in gebogener Linie, meist über kreisrundem oder viereckigem Grundriß (s. Fig. 9). 10. Das Kaiserdach mit geschweifter, unten meist ausgebogener Fläche, auch Dachhaube (s. Fig. 10).

Je flacher das Dach ist, eine desto geringere Fläche setzt es den Stürmen entgegen; um so dichter muß dagegen dessen Eindeckung sein, weil ein rascher Abfluß des Wassers verhindert wird und so ein Eindringen der Nässe leichter stattfinden kann. Dabei sind die Belastung durch Schnee und der Seitenschub in den tragenden Hölzern größer, daher sind diese stärker zu halten als bei steilen Dächern. Als ästhetisches Moment ist zu beachten, daß flache Dächer für das Auge leicht und gefällig erscheinen, hohe und steile Dächer aber schwer. Doch kommt noch das stilistische Moment hinzu, das die Form und Neigung des Daches mitbestimmt. Im allgemeinen sind die flachen Dachformen den südlichen regenlosen Ländern und den aus ihnen hervorgegangenen Stilen, der Antike und der Renaissance, eigen; die steilen Dächer entsprechen den mittelalterlichen Stilen der nördlichen Völker. Hierbei bildet das Dach einen integrierenden Teil des Gebäudes, seine Form muß sich daher in charakteristischer Weise den Hauptteilen anschließen.

Es gelten folgende Benennungen: 1. Mittelalterliches, gotisches Dach, wenn die Höhe größer als die Dachweite; 2. Altdeutsches Dach, wenn die Dachhöhe = Weite; 3. Altfranzösisches Dach, wenn Dachseite = Weite; 4. Winkeldach, wenn Höhe = halbe Weite; in diesem Fall ist der Firstwinkel = 90°; 5. Dritteldach, Vierteldach, wenn die Höhe = 1/3, 1/4 der Weite; 6. Italienisches Dach, dessen Höhe = 1/5–1/6 der Weite; 7. Altandach, Plattform, mit einer Höhe = 1/10–1/20 der Weite.

Weinbrenner.

Fig. 1., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 1., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8.
Fig. 2., Fig. 3.
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Fig. 9.
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Fig. 10.
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Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 489-490.
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