Aberration des Lichts

[11] Aberration des Lichts. Die astronomische Aberration ist die durch die Bewegung der Erde im Welträume und die Geschwindigkeit des Lichts bewirkte Veränderung der Stellung eines Sterns am Himmel. Nehmen wir die Erdbahn als kreisförmig an, so beschreibt ein genau im Pole der Ekliptik stehender Stern im Laufe des Jahres um diesen Pol als Mittelpunkt einen kleinen Kreis, dessen Radius die Konstante der Aberration = 20,6'' ist. Diese Konstante findet man dadurch, daß man die Geschwindigkeit der Erde in ihrer Bahn durch die Geschwindigkeit des Lichts dividiert; sie ist also von der Entfernung des Sterns unabhängig und für alle Sterne dieselbe. – Ein in der Ekliptik liegender Stern pendelt im Laufe des Jahres auf geradliniger Bahn um den Betrag von 2 · 20,6'' = 41,2'' hin und her; ein an einem beliebigen Punkte des Himmels stehender Stern beschreibt im Laufe des Jahres eine kleine Ellipse am Himmel. – Durch die Aberration werden alle Sterne in der Richtung der Erdbewegung vorwärts geschoben.

Unter der chromatischen Aberration einer Linse versteht man die Abweichung der den verschiedenen Farben des einfallenden Lichts entsprechenden Brennpunkte voneinander Da die Lage des Brennpunkts einer Linse (s. Linsen und Linsensysteme im I. Ergänzungsband) vom Brechungsquotienten des benutzten Glases, dieser aber wieder von der Farbe des Lichts abhängt, ergeben sich für die verschiedenen Farben verschiedene Brennpunkte. Man erhält auf jeder Seite der Linse innerhalb der optischen Achse eine kontinuierliche Folge von Brennpunkten, die so angeordnet sind, daß der Brennpunkt der roten Strahlen die größte, der der violetten Strahlen die kleinste Entfernung von der Linse hat. Stellt man also in einem dieser Brennpunkte einen auf der optischen Achse senkrechten Schirm auf, so erzeugen die anders gefärbten Strahlen Zerstreuungskreise (s.d.).

Unter der sphärischen Aberration einer Linse versteht man die in der optischen Achse gemessenen Abstände der Schnittpunkte der in verschiedenen Abständen von dieser Achse aufgefallenen Lichtstrahlen derselben Farbe mit der Achse. Gehen von einem Punkte der optischen Achse Strahlen aus, so werden sie an beiden Linsenflächen gebrochen und erzeugen nach ihrem Austritte aus der Linse eine Diakaustik (s.d. im I. Ergänzungsbände), deren Spitze in der Achse liegt; diese Spitze ist der Schnittpunkt des der Achse unendlich nahen Strahls mit der Achse. Ein in größerem Abstände von der Achse einfallender Strahl ergibt nach seinem Austritte aus der Linse einen anderen Schnittpunkt mit der Achse, und der Abstand dieses Schnittpunktes von der Spitze der Diakaustik – die bei parallel mit der Achse einfallenden Strahlen bekanntlich den Brennpunkt der Linie bildet – ist eben die sphärische Aberration. – Stellt man in der Spitze der Diakaustik einen auf der Achse senkrechten Schirm auf, so erzeugen die am Rande der Linse aufgefallenen Strahlen derselben Farbe einen Zerstreuungskreis (s.d.)

Für eine brechende Kugelfläche läßt sich der Betrag der sphärischen Aberration leicht berechnen. Ist r der Radius der Kugelfläche, a die Entfernung des leuchtenden Punkts vom Kugelmittelpunkte, n der Brechungsquotient und φ der dem Einfallspunkte des Strahls entsprechende Zentriwinkel, so ist, wenn man höhere Potenzen von φ vernachlässigt, die sphärische Aberration


Aberration des Lichts

Für a = – n r ist also Δ = 0 (s. Aberrationsfrei[11] im I. Ergänzungsbände). – Für achsenparallele Strahlen (a = ∞) nimmt die Formel die einfachere Gestalt


Aberration des Lichts

an. Für eine Linse ergibt sich die sphärische Aberration durch algebraische Addition der beiden den einzelnen Flächen entsprechenden Aberrationen.

F. Meisel.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 11-12.
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