[325] Astigmatismus (Punktlosigkeit), ein Fehler des Auges und der optischen Instrumente, der von einer mit jeder Lichtbrechung unter schiefem Einfallswinkel verbundenen Veränderung der Strahlrichtungen herrührt.
Ein von einem leuchtenden Punkte ausgehendes Strahlenbüschel kann nur dann ein vollkommenes Bild des Punktes entwerfen, wenn alle Strahlen des Büschels durch die Wirkung eines Systems optischer Mittel wieder in einem Punkt (einem reellen oder virtuellen Bildpunkt) vereinigt werden. Im allgemeinen aber schneiden sich auch die Strahlen eines sehr dünnen Büschels homogenen Lichtes (für das die sphärische und chromatische Aberration nicht in Betracht kommen), nach der Brechung nicht mehr in einem Punkt, sondern nach zwei zueinander senkrechten Brennlinien, die nicht im selben Punkte der Büschelachse auf dieser senkrecht stehen. Das ursprünglich »homozentrische« Büschel ist »tetraedrisch« umgewandelt. Nur dasjenige Büschel, dessen Achse mit der Achse einer sphärischen Linse zusammenfällt, ist frei von Astigmatismus. Durch passende Lage der brechenden Flächen eines Linsensystems kann der Astigmatismus auch für solche Strahlenbüschel gehoben werden, die mit der Achse kleine Winkel machen [1] und [2]. Mehr oder weniger sind alle Augen, auch für zentral durch die Auglinse gehende Strahlen, astigmatisch, wegen einer Verschiedenheit der Krümmung der Auglinse in verschiedenen Richtungen. Betrachtet man z.B. ein System seiner Schraffierlinien, die sich senkrecht durchschneiden, so findet man, daß die von oben nach unten verlaufenden Linien in einer andern Entfernung vom Auge deutlich gesehen werden, als die von rechts nach links verlaufenden. Für Augen, die mit dem Fehler des Astigmatismus stark behaftet sind, sind nach dem Rate des Augenarztes Brillen mit Zylinderlinsen [3] zu empfehlen, um durch den Astigmatismus der Brille denjenigen des Auges zu kompensieren. Ausführlicheres findet sich in [4]. Gegenstände unter Wasser, Gebilde im Innern der Sonnenatmosphäre [5] liefern uns bei der Betrachtung von außen um so verschwommenere Bilder, in je schieferer Richtung die Strahlen gebrochen werden.
Literatur: [1] Reusch, F.E., Beiträge zu den Elementen der Katoptrik und Dioptrik, Tübingen 1857 (Univ.-Programm). [2] Ders., Reflexion und Brechung des Lichts an sphärischen Flächen bei endlichem Einfallswinkel, Pogg. Ann., 130, 1867. [3] Ders., Theorie der Zylinderlinsen, Leipzig 1868. [4] Czapski, Theorie der optischen Instrumente, Breslau 1893, S. 69 und S. 105 ff.; daselbst weitere Literaturangaben. [5] Schmidt, A., Die Helligkeit astigmatischer Bilder und das Bild der Sonne, Physik. Zeitschr., 4, S. 476.
Aug. Schmidt.