[31] Bildungswärme einer chemischen Verbindung ist die Wärmemenge, die bei ihrem Entstehen aus den Elementen nach außen frei wird, vorausgesetzt, daß außer Wärme keine andre Energie bei dem Prozeß erzeugt wird.
Zur Ermittlung derselben ist es nicht notwendig, daß man die betreffende Verbindung unmittelbar aus ihren Elementen erzeugt, sondern man kann sie durch die Wechselwirkung irgendwelcher andern Verbindungen darstellen, wenn man deren Bildungswärmen zu der betreffenden Reaktionswärme addiert und von dieser Gesamtwärme die Bildungswärme etwaiger andrer Stoffe abzieht, die bei dieser Reaktion neben der gesuchten Verbindung sich bilden.
So ist z.B. die Bildungswärme von PbSO4, die nach thermochemischer Bezeichnung in Kalorien (Cal) ausgedrückt wird:
(PbSO4 Pb, S, O4) Cal = (PbO Pb, O) Cal + (SO3 S, O3) Cal + (PbSO4 PbO, SO3) Cal ermittelt aus der Reaktion PbO + SO3 = PbSO4. Aus der Reaktion PbO + H2SO4 = PbSO4 + H2O würde sich dieselbe Größe folgendermaßen berechnen:
(PbSO4 Pb, S, O4) Cal = (PbO Pb, O) Cal + (H2SO4 H2S, O4) Cal + (PbSO4 + H2O PbO, H2SO4) Cal (H2, O H2, O) Cal.
Welche Reaktion man zur Ermittlung einer Bildungswärme wählt, ist gleichgültig, da die Energiedifferenz zwischen unverbundenen und verbundenen Atomen nach dem ersten Hauptsatz der Energetik unabhängig von dem Weg ist, auf dem man die Verbindung herbeiführt, das ist[31] die Reaktion, die zu ihrer Entstehung Anlaß gibt. Sonach ist auch die Differenz der Bildungswärmen der auf der rechten und linken Seite einer Reaktionsgleichung stehenden Stoffe gleich der Reaktionswärme. Einige Bildungswärmen, für das Formelgewicht der Substanzen gerechnet, sind:
Die Bildungswärmen sind mit der Temperatur veränderlich, wenn die spezifische Wärme der Verbindung nicht gleich der Summe derer der Elemente ist, wie ein bekannter Satz der Thermodynamik besagt; speziellere Regelmäßigkeiten sind nicht bekannt.
Literatur: Thomsen, Thermochemische Untersuchungen, Leipzig 188286; Ostwald, Lehrbuch der allgemeinen Chemie, 2. Aufl., Leipzig 1903.
Abegg.