[233] Bootsaussetzvorrichtung. Auf Segelschiffen erfolgt das Ein- und Aussetzen der Boote meist in umständlicher Weise mit Hilfe der Raaen und der sogenannten Stag- und Nocktakel.
Zurzeit verwendet man besondere eiserne Bootsdavits, die auch auf Passagier- und Frachtdampfern in Anwendung sind. Die Davits werden durch Vor- und Achterständer, bezw. durch besondere Zahnradgetriebe gedreht, um das Boot, das in der Seezurrstellung in hölzernen Klampen auf dem Bootsdeck lagert, ein- und auszuschwenken. Das Rettungsboot verbleibt außenbords und wird durch besondere Brooks seefest gezurrt, die unteren Enden derselben sind mit Sliphaken versehen (Fig. 1). Da das Ein- und Ausschwingen der Davits schwierig und zeitraubend ist, sind neuerdings Bestrebungen aufgetreten, die Davits der Rettungsboote als Klappdavits querschiffs schwingend zu konstruieren. Der Quadrantdavit von Welin [6] gehört zu den sinnreichsten Konstruktionen dieser Art, und derselbe findet in der Handelsmarine mehr und mehr Eingang.
Auf Kriegsschiffen, auf denen die Boote, der Geschützaufstellung entsprechend, oft entfernt von der Bordwand Aufstellung finden müssen und außerdem bedeutend größere Bootsgewichte[233] in Frage kommen, genügen die Drehdavits zum Teil nur für leichte Boote. Für Barkassen, Pinassen und Dampfbeiboote (s.d.) sind solidere Konstruktionen erforderlich. Am gebräuchlichsten sind Ladebäume aus Holz oder Stahl, die an den Gefechtsmasten gefahren werden (Fig. 2). Sie werden so eingerichtet, daß sie getoppt und ein- und ausgeschwungen werden können; das Boot hängt dann mittels Hahnepot an dem Heißtakel, dessen Läufer von Stahldraht von der Nock des Ladebaumes zum Masttop und dann nach Deck zur Bootsheißmaschine geht, die den Läufer auf eine Trommel wickelt [1]. Die Bootsheißmaschinen sind nach Art der Dampfwinden konstruiert; sie bestehen aus Zweizylindermaschinen mit Umsteuerung und Schneckenradgetriebe [2], [7]. Da in Seegang der Ladebaum mit dem vorgeheißten Boot leicht von Bord zu Bord schwingen kann, so hat man mannigfache Bootsaussetzvorrichtungen versucht, bei denen das Transportieren der Boote mehr zwangsläufig geschieht Die in der amerikanischen und deutschen Marine eingeführten Bootskrane sind derart aufgestellt, daß man mit Hilfe von zwei Drehkranen sämtliche größeren Boote fassen und zu Wasser bringen kann. Die großen Krane haben eine Tragfähigkeit bis zu 18 t bei 9,5 m Ausladung und entsprechender Heißhöhe derart, daß die Boote frei von allen Deckaufbauten und Brücken ausgeschwenkt werden können (Fig. 3). Die Krane sind gebogene kastenförmige Träger und sind mittels Hals- und Fußlager mit Kugelringen in dem Kranpivot gelagert. Ueber dem Halslager ist ein Schneckenrad aufgekeilt, auf welches das Kranschwenkwerk arbeitet. Das Schwenken des Kranes muß noch bei 10° Neigung des Schiffes sicher bewerkstelligt werden. Zum Heißen und Fieren der Boote dient ein Heißtakel mit Haken, Wirbelschäkel oder loser Rolle. Da die Heißgeschwindigkeit auf 20 m pro Minute gesteigert ist, fällt die lose Rolle meist fort oder sie wird derart geschoren, daß beide Enden des Läufers zugleich auf getrennte Trommeln der Bootswinde auf- und abgewickelt werden [7]. Der Taljenläufer fährt über den Krankopf und läuft dann über Leitenrollen derart in den Kranträger hinein, daß er durch das Spurlager nach binnenbords geführt wird, um alsdann wieder nach oben zur Bootswinde geleitet zu werden [1]. Die Amerikaner lassen die Bootswinde meist mit dem Kran drehen und dann fährt der Bootsläufer vom Krankopf direkt zur Bootswinde [5]. Für die leichteren Boote sind Klappdavits, auch Barkunen genannt, gebräuchlich, die entweder durch je eine Gleitstange, deren Fuß von einer Schraubenspindel mit Uebertragung vom Oberdeck aus bewegt wird, oder durch Taljen geführt werden, deren Läufer an Deck zu einem Ende verbunden sind. Die Boote müssen bei dieser Anwendung an der Bordwand flehen, und ist dann die äußere Bootsklampe zum Niederklappen eingerichtet [1]. Neben den Schwierigkeiten, die Boote bei Seegang mit Hilfe der Aussetzvorrichtung sicher zu Wasser zu bringen, tritt ferner der Uebelstand hervor, daß die Heißtaljen in dem Moment, in dem das Boot zu Wasser kommt, nicht immer gleichzeitig sicher ausgehakt werden können, so daß das Boot eventuell von der[234] See vollschlagen kann. Dieser Umstand hat eine Menge Patente von Bootsdetachierapparaten gezeitigt, von denen jedoch keiner allen Anforderungen tadellos entsprochen hat [3].
Literatur: [1] Dick und Kretschmer, Handbuch der Seemannschaft, Berlin 1899. [2] Busley, Die Schiffsmaschine, Kiel 1886. [3] Brix, Bootsbau, Berlin 1892. [4] Hauser, Cours de construction navale, Paris 1886. [5] Bertin, L.E., La Marine des États-Unis, Paris 1896. [6] Welin, Die Quadrantdavits, Jahrb. d. Schiffbautechn. Ges., Berlin 1904. [7] Klamroth, G., Leitfaden für den Unterricht in der Maschinenkunde, Berlin 1902.
T. Schwarz.
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