[472] Clausiussche Temperaturfunktion wird in der Wärmetheorie mitunter der Ausdruck
genannt, der die spezifische Wärme (s.d.) des reinen (flüssigkeitsfreien) gesättigten Dampfes für den Fall darstellt, daß der Dampf bei seiner Zustandsänderung[472] in reinem, gesättigtem Zustande bleiben soll, d.h. auch die spezifische Wärme für Zustandsänderungen nach der Grenzkurve (s. Dampf). In obiger Gleichung bezeichnen T = a + t die absolute Temperatur, c die spezifische Wärme der Flüssigkeit, r die Verdampfungswärme (s.d. und Dampf, gesättigter), λ die Gesamtwärme (s.d. und Dampf, gesättigter).
Da die spezifische Wärme allgemein das Verhältnis der positiven oder negativen Wärmezufuhr d Q pro Gewichtseinheit zur Temperaturänderung d t bedeutet, so folgt für jene Zustandsänderungen die Wärmezufuhr von t1 bis t
Bei der Expansion nach der Grenzkurve im Bereiche der technisch interessierenden Drücke nehmen diese und damit auch t ab, es ist d t negativ. Nach 2. entscheidet nun das Vorzeichen von h darüber, ob dem Dampfe bei jener Expansion Wärme zuzuführen oder zu entziehen ist. Für Wasserdampf ist
h = 0,305 r/T
mit r = 606,5 0,695t 0,00002 t2 0,0000003t3
negativ, und also Wärme zuzuführen, für Aetherdampf ist
z = 0,45 0,00111112t r/T
mit r = 94,00 0,07901t 0,0008514t2
positiv, also Wärme zu entziehen. Würde man reinem, gesättigtem Dampfe bei der Expansion weder Wärme zuführen noch entziehen (adiabatische Expansion), so müßte sich Wasserdampf kondensieren, Aetherdampf überhitzen. Der Ausdruck 1. und die Bedeutung der Funktion h wurde 1850 von Clausius festgestellt [1], [2], Werte derselben für verschiedene Dämpfe s. [3], S. 137, 139; [4], S. 61, Zahlenwerte der Integrale 2. für Wasserdampf in [4], S. 62.
Literatur: [1] Clausius, Ueber die bewegende Kraft der Wärme, Annalen der Physik und Chemie 1850, LXXIX, S. 388, 521; s. auch. 1851, LXXXII, S. 265. [2] Clausius, Abhandlungen über die mechanische Wärmetheorie, I, Braunschweig 1864, S. 36, 73, 105. [3] Clausius, Die mechanische Wärmetheorie, I, Braunschweig 1887, S. 133. [4] Zeuner, Technische Thermodynamik, II, Leipzig 1901, S. 59, 66.
Weyrauch.